Mönchengladbach Öko-Strom als Werbemasche

Mönchengladbach · Angeblich will die NVV ab April 70 Prozent Öko-Energie liefern. Der Strom kommt aber zum Großteil aus Atom- und Kohlekraftwerken. Öko ist er nur auf dem Papier. Verbraucherzentralen nennen das Betrug.

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Foto: ddp

Das neue Angebot NEW-Strom, das die NVV ab April liefern will, klingt extrem umweltfreundlich: 70 Prozent davon seien Öko-Strom, wirbt der Versorger. Ein echtes Öko-Strom-Produkt wird die NVV ihren Kunden damit aber nicht liefern. Und das gibt der Versorger nach Kritik an diesem System auch zu. Denn ein Großteil ist normaler "Grauer" Strom aus Atom- oder Kohlekraftwerken. Allerdings wird er mit Zertifikaten, die extra erworben werden, zu Öko-Strom "aufgepeppt" (die RP berichtete). Nur der gesetzlich vorgeschriebene Anteil von 19 Prozent entspricht echtem Öko-Strom.

NEW-Strom gilt erst mal für alle

Zum 1. April bekommen alle Mönchengladbacher, die keine Schulden beim Versorger haben, automatisch den neuen NEW-Strom. Wer das nicht möchte, muss schriftlich Widerspruch einlegen. Der Preis für eine Kilowattstunde wurde bereits zum 1. Januar auf 19,04 Cent pro Kilowattstunde erhöht und bleibt stabil. Die Kosten für die Öko-Zertifikate seien nicht draufgeschlagen worden, behauptet die NVV.

Das neue Angebot umfasst einen Treue-Bonus von 40 Euro, eine Preisgarantie von 24 Monaten und eben den hohen Anteil an Öko-Strom. Darin enthalten sind nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 19 Prozent Strom aus regenerativen Energien. So soll der Ausbau von Wind-, Sonne- und Wasserkraftanlagen gefördert und Klimaschutz betrieben werden. Der Rest ist "Grauer" Strom, zu normalen Preisen an der Börse gekauft.

Zu Öko-Strom wird er durch Zertifikate, die zu unterschiedlichen Preisen eingekauft werden müssen. Umweltschützer und Verbraucherzentralen kritisieren diese Art von Öko-Strom als Etikettenschwindel und Betrug am Verbraucher. Im Falle der NVV werden 38 Prozent des in Wirklichkeit Grauen Stroms mit TÜV-Zertifikaten aus Wasserkraftwerken in Norwegen und Österreich auf Öko "umetikettiert", weitere 13 Prozent mit RECS-(Renewable Energy Certificate System) Zertifikaten aus Windenergie.

Die Energie-Erzeuger, etwa das Wasserkraftwerk aus Norwegen, verkaufen Strom-Überproduktion als günstigen Normalstrom und machen mit den Zertifikaten zusätzlich Geld. Das Prädikat "Öko" wandert also nach Deutschland und wird dem Grauen Strom aufgeklebt.

Die NVV will sich mit dem neuen Angebot gegenüber der Konkurrenz behaupten. 2007 sind 3600 Kunden gewechselt, seit 2001 16 600 der insgesamt 330 000 Kunden — rund fünf Prozent. Damit liegt die NVV nach eigenen Angaben knapp unter Bundesdurchschnitt.

Anbieter-Vergleich Laut tarifvergleich.de, einem Online-Tarifrechner, liegt die NVV für eine vierköpfige Familie (Verbrauch 4000 Kilowattstunden) bei 847,28 Euro Stromkosten im Jahr (ab April müssen 40 Euro Bonus abgezogen werden).

SWK Energie ist zurzeit der günstigste Anbieter mit 72,64 Euro weniger als die NVV. Der Anbieter berechnet bei gleichen Angaben 774,64 Euro (Preisgarantie nur noch bis 31. März).

Stadtwerke Düsseldorf: 780,96 Euro (66,32 Euro weniger ), sechs Monate Preisgarantie.

Öko-Strom von Greenpeace Energy Privat kostet zurzeit 19,8 Cent pro Kilowattstunde (NVV: 19,04 Cent), die Grundgebühr beträgt 8,90 Euro (NVV: 7,14 Euro). Bei 4000 Kilowattstunden pro Jahr wären das 898 Euro. KOMMENTAR

(RP)
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