Bedürftigkeit in Mönchengladbach Tafel startet Betrieb an neuem Standort im Nordpark

Mönchengladbach · Weil am bisherigen Lebensmittel-Ausgabeort auf dem Reme-Gelände mittelfristig Wohnungen entstehen sollen, ist die Tafel nun in den Nordpark gezogen. Die Räume dort musste sie zuvor komplett umbauen.

 Ehrenamtlerin Inge Hülsenbusch (l.) mit Monika Bartsch bei der Lebensmittelausgabe an einen Kunden.   Foto: Ilgner

Ehrenamtlerin Inge Hülsenbusch (l.) mit Monika Bartsch bei der Lebensmittelausgabe an einen Kunden. Foto: Ilgner

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Sie kommen mit großen Taschen und bunten Einkaufstrolleys, manche sogar schon am Morgen – um zusammen noch einige Runden Karten zu spielen, bevor sie um 14 Uhr eine Ration Lebensmittel abholen dürfen. Rund eine Woche nachdem die Tafel an ihrem neuen Standort im Nordpark eröffnet hat, hat sich vieles schon eingefunden: Ehrenamtliche hieven Kisten voller Schokoladenosterhasen, Obst und Joghurtbechern auf die Ausgabetische, per Mikro werden Bedürftige vom Vorraum in die Halle gerufen, wo sie von den Ehrenamtlern je nach Familiengröße Lebensmittel zugeteilt bekommen. „Die Kunden sind nicht weniger geworden“, sagt Monika Bartsch, ehemalige Oberbürgermeisterin und Vorsitzende der Tafel. Wochenlang hatten die Ehrenamtler den rund 700 Bedürftigen, die die Tafel jede Woche mit Essen versorgt, klar gemacht, dass die Tafel umzieht.

„Hallöchen“, sagt Hannelore Kaufmann mit leicht rauchiger Stimme. Die 71-Jährige schiebt ihre Klappkiste über die Ausgabetische und bekommt von den Ehrenamtlern nach und nach Lebensmittel hineingelegt. „Reibekuchen?“, fragt eine Ehrenamtlerin. „Oh, ja gerne!“, sagt Kaufmann. „Ofenkäse für Sie?“, fragt die Frau. „Na, da fragen Sie noch? Selbstverständlich!“, sagt die Rentnerin aus Rheydt, und ein Lächeln huscht ihr übers Gesicht. Joghurts und ein Schokopudding kommen hinzu, am Ende darf sie sich noch ein Netz Kartoffeln aus einer Kiste nehmen. „Wir können froh sein, dass es so eine Einrichtung und solche Leute gibt“, sagt sie. Ihre kleine Rente würde sonst kaum zum Leben reichen.

Seit vergangener Woche gibt die Tafel Lebensmittel in der Halle am Nordpark aus, in der auch die Red Box untergebracht ist. An ihrem alten Standort auf dem Reme-Gelände konnte sie nicht bleiben, weil dort ein Bauprojekt geplant ist. Seit über drei Jahren wusste der Verein, dass ein Umzug kommen wird. Nur wohin, das war lange unklar. Wie auf „Wohnungssuche“ habe der Verein verschiedene Immobilien besichtigt, sagt Bartsch. Die Kriterien der Tafel zu erfüllen, war nicht ganz leicht: Die Tafel wollte sich nicht in einem Wohngebiet ansiedeln – einerseits um die Nachbarn nicht zu stören, andererseits sollen auch die Kunden der Tafel nicht dauernd von Anwohnern beobachtet werden können, erklärt Bartsch. Gute Erreichbarkeit – die meisten Kunden kommen mit dem Bus – war ein weiteres Kriterium, ebenso mussten die Räumlichkeiten finanzierbar sein. Denn die Tafel trägt sich allein über Spenden.

Mit den Räumen im Nordpark werden die Bedingungen erfüllt. Mit rund 750 Quadratmetern hat die Tafel in etwa die gleiche Fläche wie zuvor auf dem Reme-Gelände. Dabei gibt es eine Verbesserung: Anlieferung, Sortierstation, Lager, Ausgabe, Büro und Küche sind nun alle an einem Ort, zuvor waren sie auf drei nahegelegene Standorte verteilt. Bevor die Tafel in den Nordpark gezogen ist, war dort ein Lager. „Hier waren vier Wände mit einem Dach drauf“, sagt Bartsch. Um die Halle nutzen zu können, musste einiges umgebaut werden: Dort, wo die Waren ankommen, war die Laderampe zu hoch für die Kühl-Lkw, mit denen die Tafel Waren von Supermärkten abholt. Mit einer Art verstellbarer Rampe ist das Problem nun gelöst. Gas- und Wasserleitungen mussten verlegt, Heizungs- und Lichtelemente eingebaut werden. Auch Fenster gab es zuvor keine. Die Tafel hat zudem eine Küche und Toilettenanlagen in die Halle bauen lassen, Rettungswege auf den Boden malen lassen und Waschbecken nach Hygienevorschriften eingebaut. Dabei haben viele Unternehmen aus Mönchengladbach und der Region zu stark ermäßigten Preisen gearbeitet. „Wir sind richtig betteln gegangen“, sagt Bartsch.

Für zehn Jahre haben sie nun die Zusage für den Standort, zwei Mal können sie für je fünf Jahre verlängern. „Ich bin froh, dass das, was man plant, funktioniert hat“, sagt Bartsch. Nun helfen die Ehrenamtler Bedürftigen wieder zwei Mal pro Woche mit Lebensmitteln. Kunden der Tafel sind neben Langzeitarbeitslosen auch Rentner und immer mehr geistig oder körperlich eingeschränkte Personen, die mit einem Betreuer zur Tafel kommen, erklärt Bartsch. „Die letzten beiden Gruppen werden nie mehr aus der Bedürftigkeit rauskommen, bei den anderen hat man noch Hoffnung.“

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