Mönchengladbach Niemand will einen Gerichtsprozess

Mönchengladbach · Im Gespräch erklärt Hockeypark-Geschäftsführer Michael Hilgers, warum es derzeit keinen Dialog über den beschädigten Kunstrasen gibt, weshalb der Deutsche Hockeybund Turniere nicht nach Gladbach vergibt – und warum er die Prüfung durch den Rechnungshof begrüßt.

 Michael "Micky" Hilgers im Redaktionsgespräch

Michael "Micky" Hilgers im Redaktionsgespräch

Foto: Ilgner

Im Gespräch erklärt Hockeypark-Geschäftsführer Michael Hilgers, warum es derzeit keinen Dialog über den beschädigten Kunstrasen gibt, weshalb der Deutsche Hockeybund Turniere nicht nach Gladbach vergibt — und warum er die Prüfung durch den Rechnungshof begrüßt.

 Hilgers jubelt als Hockeyspieler bei der Olympiade 1992.

Hilgers jubelt als Hockeyspieler bei der Olympiade 1992.

Foto: imago sportfotodienst

Herr Hilgers, der Streit um den Kunstrasen, die ausverkauften Konzerte, die Fehde mit dem Deutschen Hockeybund (DHB): Es liegen anstrengende Wochen hinter Ihnen. Gönnen Sie sich während der Ferien auch ein paar Urlaubstage?

Hilgers Nein, das können wir nicht. Wir bereiten hinter den Kulissen schon die kommenden Konzerte vor. Wir müssen uns um die Technik kümmern, das Catering, das Marketing, die Bühne. Wir holen die Preise ein für Ton und Licht. Und schließlich müssen wir uns auch um die Sonderwünsche der Künstler kümmern — oft informieren sie uns erst im letzten Augenblick...

...am Sonntag kommen schon die Beach Boys.

Hilgers Ja, für jeden einzelnen von ihnen müssen wir zum Beispiel einen eigenen Raum einrichten, spezielle Getränke und Speisen besorgen. Viele Bands bringen ihren Koch mit, der einen speziellen Herd mit speziellen Anschlüssen wünscht. Interessanterweise sind es aber oft nicht die Großen, die kompliziert sind. Bryan Adams und Sting waren sehr pflegeleicht.

Guns N'Roses, die über eine Stunde zu spät die Bühne betraten, müssen Ihre Nerven allerdings strapaziert haben.

Hilgers Ja, einen solchen Tag möchte ich nicht noch einmal erleben (lacht). Bereits um 6.30 Uhr kam das Management zu uns ins Büro und drohte damit, das Konzert platzen zu lassen, wenn wir nicht dieses oder jenes ermöglichen würden. Wir errichteten zum Beispiel auf Wunsch zwei Kameratürme. Kurze Zeit später forderte jemand, sie wieder abzubauen. So ging es den ganzen Tag. Teilweise war es schon kompletter Irrsinn.

Und dann verpasste noch Sänger Axl Rose den Flieger in Paris...

Hilgers Wir erfuhren davon, als die Vorband schon auf der Bühne stand. Er landete mit einem Privatjet erst um 20.45 Uhr in Düsseldorf. Ich holte ihn persönlich vom Flughafen ab, da der Limousinen-Service sich in der Gegend nicht auskannte und nie rechtzeitig im Hockeypark gewesen wäre. Um kurz nach 22 Uhr stand die Band dann auf der Bühne. Da sie überzogen, fing später der Stress mit dem Ordnungsamt, der Feuerwehr und der Polizei an.

Kalkuliert man ein Ordnungsgeld bei einem solchen Konzert ein?

Hilgers Nein, das kann man nicht. Es ist ja nicht nur das Ordnungsgeld. Wir müssen ja auch die Überstunden der 140 Sicherheitsleute, der Ordner auf den Parkplätzen, der Hostessen, der 90 Bühnenarbeiter, der VIP-Betreuer und aller anderen Beschäftigen bezahlen. Das sind horrende Kosten.

Rentiert sich ein solches Konzert dann überhaupt noch?

Hilgers Ja, aber nur weil es ausverkauft war. Wir hatten zum Beispiel auch Gäste aus Israel, die uns angeschrieben und gefragt haben, wo sie in der Stadt schlafen können. Was mich aber besonders freute: Noch um 4.30 Uhr war Axl Rose im Hockeypark, unterhielt sich mit den Fans und schrieb Autogramme.

Über 13 000 Karten sind bereits für das Green Day-Konzert verkauft. Die Stadt droht damit, es abzusagen, wenn Borussia am selben Abend im Nordpark Champions League spielen sollte. Wie ist der Stand der Dinge?

Hilgers Wir haben in den vergangenen Wochen konstruktive und gute Gespräche mit der Verwaltung geführt. Es gibt Lösungsvorschläge, die wir jetzt mit weiteren Behörden besprechen werden. Trotzdem hoffen wir natürlich, dass der Worst Case nicht eintritt und die Auslosung günstig ausfällt.

Also gibt es bereits Ideen, wie man das Parkproblem lösen könnte?

Hilgers Die gibt es. Mein Eindruck ist, dass wir auf einem vernünftigen Weg sind, aber die Detailabstimmung noch ansteht. Ich habe mich sehr über die positive Atmosphäre der Gespräche gefreut.

Beim Kartenverkauf verzeichnen Sie Rekordzahlen in diesem Jahr. Gleichzeitig müssen Sie sich gegen Kritik wehren: Ihr Verpächter, die Entwicklungsgesellschaft der Stadt (EWMG), attackiert Sie, weil der Kunstrasen aufgrund der Konzerte im Hockeypark beschädigt ist. Der neue Belag, den die Gesellschaft von Ihnen fordert, soll einen sechsstelligen Eurobetrag kosten. Gibt es auch hier Gespräche?

Hilgers Wir würden sie gerne führen. Erst vor zwei Wochen haben wir wieder einen Brief an die EWMG geschickt, in dem wir drei Gesprächstermine anboten. Bis heute haben wir keine Antwort erhalten. Anfang des Monats wurde ein Gesprächstermin kurzfristig ohne Begründung abgesagt.

Kennen Sie die Gründe?

Hilgers Nein.

Das klingt, als würde es bald einen weiteren Prozess geben...

Hilgers Das kann ich mir nicht vorstellen. Das wünscht sich niemand. Wir stehen jedenfalls Gewehr bei Fuß: Wenn mich jemand anruft, bin ich noch am selben Tag zu Gesprächen bereit. Es schadet allen, wenn wir uns nicht einigen.

Wie könnte denn eine solche Einigung aussehen?

Hilgers Inzwischen liegt ja ein neues Gutachten über den Kunstrasen von einem holländischen Experten vor, der unter anderem für das Internationale Olympische Komitee arbeitet. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Platz lediglich speziell gereinigt werden müsste. Nach der Reinigung erhielte er eine neue Zertifizierung...

...die EWMG wird das Gutachten infrage stellen.

Hilgers Grundsätzlich muss ein Kunstrasen-Platz aufgrund normaler Abnutzung sowieso nach sieben bis zehn Jahren erneuert werden. Den Platz im Hockeypark gibt es inzwischen seit sieben Jahren. Für einen neuen Platz müsste der Verpächter, also die EWMG, zahlen —das steht außer Frage. Wenn wir die Möglichkeit hätten, würden wir der EWMG folgendes Angebot unterbreiten: Wir reparieren den Platz und behalten ihn noch die nächsten Jahre. Im Gegenzug beteiligen wir uns freiwillig an den Kosten für den neuen Platz. Den alten Belag würden wir dann bei den Konzerten als Abdeckung nutzen. Sollten wir uns nicht einigen, sind wir gezwungen, mit erheblichem Kostenaufwand den Platz abzudecken. Was mich aufregt: Letztlich zahlen das die Bürger, weil die EWMG als städtische Gesellschaft dann den neuen Platz vollständig alleine finanzieren muss.

Es gibt ein anderes Gutachten, das den Platz für irreparabel beschädigt erklärt.

Hilgers Das Gutachten erhält hierfür keine ausreichende Begründung...

Was sagt der DHB zu Ihrem Vorschlag?

Hilgers Die Verantwortlichen sind zurzeit bei der Olympiade in London. Aber zunächst muss ohnehin im Innenverhältnis eine Lösung mit der EWMG gefunden werden.

Der Hockeybund lässt zwei große Turniere in anderen Städten austragen. Auch er begründet die Entscheidung mit dem beschädigten Kunstrasen...

Hilgers Der Kunstrasen ist lediglich vorgeschoben. Die Entscheidung, die Turniere anderweitig zu vergeben, war schon lange gefallen. Bereits im März gab man Düsseldorf den Zuschlag für das eine Turnier. Das war eine reine Frage des Geldes. Was das Turnier in Mannheim betrifft: Schon vor Monaten sagte man mir, dass man es, weil es nicht groß genug ist, an einen Klub vergeben will. Die nächste internationale Meisterschaft, für die der DHB sich bewerben kann, ist übrigens erst wieder 2018. Bis dahin hätte der Rasen sowieso ausgewechselt werden müssen.

Der Rechnungshof prüft jetzt die Subventionsvergabe für den Hockeypark, da dort zu wenig Hockey gespielt würde. Können Sie das nachvollziehen?

Hilgers Ja, absolut. Ich kann nicht ein Hockey-Stadion für viel Geld bauen, wenn dann nur wenige Jahre später große Turniere in der Nachbarstadt stattfinden. In den ersten sieben Jahren werden wir eine Hockey-Nutzung inklusive Lehrgänge von unter fünf Prozent haben. Das muss besser werden.

Einige Leute denken, dafür seien auch Sie verantwortlich...

Hilgers Um es klarzustellen: Der Hockeysport fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich. Wir organisieren die sonstigen Veranstaltungen. Für Turniere können wir uns überhaupt nicht bewerben, sondern nur der Verband. Das schwierige Problem lautete früher im Übrigen nicht: Wie bekommen wir Hockey ins Stadion, sondern wie bewirtschaften wir es darüber hinaus? Dieses Problem haben wir fantastisch gelöst. Wir gehören inzwischen zu den Top drei Open-Air-Adressen in Deutschland. Und jetzt schaffen wir es nicht, viel einfachere Dinge zu lösen. Das ärgert mich!

Verstehen Sie denn den Deutschen Hockeybund?

Hilgers Es geht ums Finanzielle. Er erhält Geld, wenn er die Turniere an anderen Orten veranstaltet. Aber er ist in der Pflicht, zuvor mit der Stadt und uns zu sprechen, wenn er zum Beispiel ein Angebot aus Düsseldorf hat. Warum sind die Deutschen Meisterschaften jetzt für drei Jahre nach Berlin vergeben worden? Wir haben nur ein echtes Hockey-Stadion im Land, sie sollten hier stattfinden. Vieles ist sehr suspekt.

Bei all dem Zündstoff: Werden die Mönchengladbacher auch weiterhin Konzerte in ihrer Heimatstadt erleben?

Hilgers Das müssen sie wohl ertragen (lacht).

Wann kommen die Rolling Stones?

Hilgers Sie gehen offenbar nächstes Jahr auf Tour. Ob sie allerdings zu uns kommen, weiß ich noch nicht (lacht). Wir stehen aber schon kurz vor dem Vertragsschluss mit zwei anderen unfassbar guten Bands.

Mit welchen?

Hilgers Als ob ich das schon jetzt verraten würde!

Gabi Peters, Inge Schnettler und Fabian Eickstädt führten das Gespräch.

(RP)
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