Mönchengladbach Niederrheinisches Schlitzohr

Mönchengladbach · Achtzehn Jahre leitete Johannes Cladders das Städtische Museum Mönchengladbach. Der Kunsthistoriker Thomas Kuhn hat in der Reihe "Zeugen städtischer Vergangenheit" der Gladbacher Bank ein Buch über ihn verfasst.

 Hans-Peter Ulepic (r.), Vorstandsmitglied der Gladbacher Bank, und Autor Thomas W. Kuhn mit den Cladders-Bänden im Museum Abteiberg.

Hans-Peter Ulepic (r.), Vorstandsmitglied der Gladbacher Bank, und Autor Thomas W. Kuhn mit den Cladders-Bänden im Museum Abteiberg.

Foto: ILg

Witz, eine tiefe Menschenkenntnis und eine Gelehrsamkeit, die sich nie zur Schau stellte – all das vereinte Johannes Cladders in seiner Person. Der 2009 verstorbene ehemalige Leiter des städtischen Museums Mönchengladbach ist nicht nur eine bedeutende Person der Stadtgeschichte, sondern war Zeit seines Lebens ein Unikum. Das wurde auch gestern deutlich bei der Vorstellung des Buches, das der Kunsthistoriker Thomas W. Kuhn (42) für die Reihe "Zeugen städtischer Vergangenheit" im Auftrag der Gladbacher Bank über Johannes Cladders verfasst hat. Rund 50 geladene Gäste, darunter Cladders' Witwe Wilhelma, sein Sohn Johannes und sein Enkel Lukas, erinnerten sich im Museum Abteiberg an das "niederrheinische Schlitzohr schlechthin" (Dr. Busso Diekamp).

Nie der klassische Akademiker

Einmal, so Oberbürgermeister Norbert Bude in seiner Ansprache, habe Cladders einen Besucher bei der Betrachtung eines Gemäldes im Museum gefragt: "Was sehen Sie hier?" Nach einigem Zögern habe der Besucher geantwortet: "Einen Baum vor einer Wolkenlandschaft?" Cladders' knappe Erwiderung: "Nein, das ist Öl auf Leinwand." Cladders sei stets ein "Mann des trockenen Humors" gewesen, betonte der Oberbürgermeister. Als Vater des Neubaus des Museums habe er der Stadt seinen Stempel aufgedrückt, "und das weit über die Grenzen Mönchengladbachs hinaus". Das Museum sei einer der Leuchttürme der Vitusstadt.

In einer anschließenden Gesprächsrunde, moderiert von RP-Kulturredakteur Dr. Dirk Richerdt, würdigten Museumsleiterin Susanne Titz, Thomas Kuhn und der ehemalige Stadtdirektor und Kulturdezernent Dr. Busso Diekamp die Persönlichkeit und Leistungen Cladders'. "Er war ein außergewöhnlicher Mensch. Er gab sich immer unmittelbar", berichtete Titz. "Nie war er der klassische Akademiker, für den das Studium die erste Charaktereigenschaft ist. Er lebte seine Leidenschaft, seine innige Verbindung zur Gegenwartskunst." Seine tiefe Überzeugung sei gewesen: "Gesellschaft braucht Kunst."

Diekamp erinnerte an die Joseph-Beuys-Ausstellung, die Cladders 1967 im Alten Museum an der Bismarckstraße organisiert hatte. "Beuys bestand darauf, die Nacht vor der Eröffnung – der Inspiration wegen – in den Räumen schlafen zu dürfen", erzählte Diekamp. "Wir alle waren am nächsten Morgen schockiert, was er während der Nacht dort angestellt hat – so sehr, dass ich mir wirklich Sorgen um meinen und Cladders' Job machte." Doch Cladders habe bloß erwidert: "Ein Monsignore hält die Eröffnungsansprache. Wenn in Mönchengladbach etwas von der katholischen Kirche abgesegnet wird, gibt es keinen Widerstand . . ."

Der in Rheydt geborene, in Berlin lebende Autor Thomas Kuhn betonte, dass Cladders für seine Nachfolger großes Potenzial geschaffen habe. Er hob den Museumsbau hervor. "Die Architektur ist einzigartig auf der Welt", sagte Kuhn. "Die Stadt, aber auch ganz Europa kann dankbar sein für ein solches Museum".

(fae)
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