Mönchengladbach Neuer Künstlerraum im Museum

Mönchengladbach · Zum 30-jährigen Bestehen übergibt die Sparkassenstiftung für Kunst und Wissenschaft dem Museum Abteiberg eine große Rauminstallation. Das Werk "Künstler sein" hat die 1993 verstorbene Hamburgerin Anna Oppermann in einem 17-jährigen Arbeitsprozess geschaffen.

In dem quadratischen Ausstellungsraum, wo vormals Werke des Belgiers Marcel Broodthaers zu sehen waren, hängen nun Hunderte schwarz-weißer Fotografien. In einer monumentalen Rauminstallation präsentiert sich im Museum Abteiberg ein Werk der Prozesskunst. 17 Jahre, von 1968 bis 1985, hat die 1993 gestorbene Hamburger Künstlerin Anna Oppermann an diesem Opus gearbeitet. Sein Titel "Künstler sein" wird in mit weißer Farbe auf den Boden gemalten Wörtern um den Zusatz "Zeichnen nach der Natur, zum Beispiel Lindenblütenblätter" ergänzt.

Das rätselhafte Ensemble aus 899 Objekten, in der großen Mehrzahl schwarz-weiße Fotografien unterschiedlichster Formate, hat die Sparkassenstiftung für Kunst und Wissenschaft der Stadtsparkasse für das Museum angeschafft. Die Leihgabe, so Horst Wateler, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse, erhält das Museum aus Anlass seines 30-jährigen Bestehens. "Seit Gründung der Sparkassenstiftung 1978 haben wir den beiden Museen in Mönchengladbach insgesamt 58 Objekte zur Verfügung stellen können", zieht Wateler Bilanz. Nun kommt mit der Nummer 59 ein besonders imposantes Kunstwerk dazu.

Museumsdirektorin Susanne Titz ist damit für das Museum ein Wunsch erfüllt worden. "Dieses Werk gehört in unsere Sammlung", erklärte sie gestern bei der Vorbesichtigung. Die Bedeutung der mit 53 Jahren verstorbenen Künstlerin, die in Museen völlig unterrepräsentiert sei, werde "erst in jüngster Zeit erkannt". Anna Oppermann erschloss, Titz zufolge, dem Kunstbegriff "ganz neue Ufer". Ausgehend von der Idee der Reproduktion hat die Künstlerin, die in ihrer letzten Lebensphase Professorin an der Hochschule der Künste in Berlin war, aus dem Kernmotiv eines schmalfingrigen Lindenblütenblatts ein Foto-Ensemble geschaffen, in dem jedes Teilstück wieder ähnliche Fotografien enthält. "Schon damals hat Anna Oppermann von medialer Reizüberflutung gesprochen, in einer Zeit, als künstlerische Fotografie noch ausschließlich analog und bevorzugt schwarz-weiß war", erklärte Titz.

Auf dem Boden, an drei aneinandergrenzenden Wänden und einem dreistufigen Podest, teils erleuchtet, sind Fotos, kleine Objekte, Zeichnungen und Textblätter in einem komplexen Arrangement inszeniert — ein wucherndes Bühnenbild ohne Darsteller.

Details der teils auf Leinwand geplotteten großen Fotografien sind zwar erkennbar, aber bei kleineren Formaten oft undeutlich, weil der Besucher nicht nah genug an das an einen Altar gemahnende zentrale Podest herantreten darf. Daher ist Besuchern zu raten, füglichst ein Opernglas mitzubringen.

Anna Oppermanns Thema ist die Situation des Künstlers in der Gesellschaft. Davon kündet auch ihr Video-Auftritt 1977 auf der documenta, wo sie ihre noch unfertige Arbeit erstmals vorstellte. Dieses Video wird am Sonntag bei der Eröffnung im Museum gezeigt.

(RP/rl)
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