Mönchengladbach Narren fürchten Rauchverbot
Mönchengladbach · Wenn die Landesregierung mit dem verschärften Nichtraucherschutz in Gaststätten Ernst macht, drohen besonders kleinen Karnevalsgesellschaften drastische Konsequenzen. Der Karnevalsverband will ihnen notfalls helfen.
Ab und zu wurde auch mal ein Auge zugedrückt beim Oktoberfest 2010, heißt es auf der Internetseite des größten Volksfests der Welt. Gemeint ist das Rauchverbot in den Zelten, das im letzten Jahr erstmals galt, in diesem aber noch rigoroser verfolgt werden soll. Die Bajuwaren nehmen's überraschend gelassen hin.
Ob sich das Brauchtum an Rhein und Ruhr, wo Rot-Grün eine Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes in Gaststätten nach bayrischem Vorbild plant, ähnlich schnell arrangiert, ist mehr als fraglich. Karnevalssitzungen ohne blauen Dunst? "Die kleinen Gesellschaften werden unter Rauchverboten mehr leiden als die großen", sagt Karnevals-Boss Bernd Gothe.
Denn: Letztere halten ihre Sitzungen ohnehin in großen Festsälen ab und sind fein raus, Erstere müssten schlimmstenfalls vom angestammten Lokal in teurere Ersatzquartiere ausweichen.
Zweckbündnis zerbrach schnell
Ein Lied davon singen kann beispielsweise die KG Rheybach. Seitdem das erste Nichtraucherschutzgesetz 2008 in Kraft trat, hielt die Truppe ihre Damensitzung in der Mensa der Gesamtschule Espenstraße ab. Weil die Schulleitung von ihrem strikten Rauchverbot auf dem gesamten Gelände auch fürs Brauchtum nicht abrückt ("Der Geruch setzt sich tagelang fest, das wollen wir den Schülern nicht zumuten", sagt Schulleiter Peter Blomert), kamen immer weniger Besucher, zuletzt statt 350 nur noch 250.
"Das hat uns fast den Hals gebrochen", sagt KG-Kassenwartin Angelika Bua. Die Einnahmen sanken, die Raucher liefen fortwährend rein und raus, die Auftritte der Künstler wurden dadurch gestört.
Am Ende zerbrach das Zweckbündnis mit der Schule ganz. "Es gab eklatante Verstöße gegen das Rauchverbot", sagt Schulleiter Blomert. Dagegen verwehrt sich Angelika Bua zwar, dennoch musste sich die KG Rheybach eine andere Bleibe suchen. In der neuen Session wird in einem Festsaal an der Wickrather Straße gefeiert. Der Vorteil: Vielleicht werden einige der abtrünnigen Raucher zurückgewonnen. Der Nachteil: "Wir zahlen statt 500 plötzlich 2500 Euro Saalmiete", sagt Bua. "Lange ist das nicht zu stemmen."
Ist Rauchen ein unverzichtbarer Bestandteil des Brauchtums? "Für mich ja. 70 Prozent unserer Leute rauchen", sagt Angelika Bua. "Für mich nicht, aber ich bin auch kein Raucher", sagt MKV-Boss Gothe.
"Wenn es aus gesundheitlichen Erwägungen neue Regeln gibt, kann und muss man sich arrangieren, aber ich wehre mich dagegen, wenn so etwas nur aus Regulierungswut geschieht — oder um Bußgelder einzukassieren." Er werde das Thema im Frühjahr auf den Bühnen aller Gesellschaften ansprechen. "Und wenn es hier und da echte Probleme durch ein neues Gesetz gibt, werden wir gemeinsam dran arbeiten und versuchen zu helfen."