Mönchengladbach Nach Berlin – des Kaffees wegen

Mönchengladbach · Aus dem Stoff werden Filme gemacht: Der Mönchengladbacher Robert Rudnick gab seinen hoch dotierten Job bei einer Unternehmensberatung auf, um als Kaffeehändler in Berlin die Welt ein wenig besser zu machen. Mit Teilen des Umsatzes werden Entwicklungsprojekte in Äthiopien finanziert.

Von München-Schwabing nach Berlin-Neukölln umziehen, auf ein Drittel des Gehalts verzichten und sich mit 33 000 Euro verschulden, nur um mit zwei Freunden äthiopischen Kaffee über das Internet zu verkaufen? Das mag verrückt, zumindest aber äußerst mutig klingen. Für den 30-jährigen Mönchengladbacher Robert Rudnick waren es schlicht Schritte hin zum Glück. Er tauschte seinen gut bezahlten Job als Unternehmensberater gegen eine Existenzgründung mit ungewisser Zukunft. "Geld ist im Leben nicht alles, und ich habe mir oft die Sinn-Frage gestellt", sagt Rudnick. "Die Alternative zu meinem Beruf bei Roland Berger schien grandios: Der eigene Chef sein, das mit zwei guten Freunden, ein wunderbares Produkt und vor allem eine Idee, mit der man die Welt ein winzig kleines Stück besser machen kann. Ich habe den Schritt nie bereut".

Spende pro Kilogramm

Die Idee der drei Unternehmer: Direkt in Äthiopien bei den Bauern Kaffee zu testen, ihn einzukaufen, und einen beträchtlichen Teil des Gewinns ohne Umwege für Entwicklungsprojekte vor Ort zu spenden. "Jedes Jahr suchen wir selbst in Äthiopien die besten Kaffees der aktuellen Ernte aus. Pro Kilogramm verkauftem Kaffee spenden wir einen Euro an unsere eigenen Entwicklungsprojekte. Das ist mindestens dreimal mehr als bei Fair Trade. Darüber hinaus können unsere Kunden beim Kauf selbst entscheiden, welches Projekt sie unterstützen wollen", erklärt Rudnick das Konzept. "Wir möchten langfristig ein neues Handelsmodell etablieren, welches Produzenten und Konsumenten einander näher bringt - nur dass die Produzenten eben nicht auf dem Bauernhof an der Großheide, sondern im äthiopischen Hochland leben.

Das Internet macht diese Nähe möglich." Die bisherigen Erfolge des Unternehmens gibt Rudnick und seinen Geschäftspartnern recht: Im Februar dieses Jahres kürte das Gourmetmagazin "Der Feinschmecker" ihren Yirgacheffe-Kaffee zum Geschmacks-Testsieger, seit geraumer Zeit ist ihr Kaffee auch über den Online-Shop der Wochenzeitung "Die Zeit" zu beziehen, und erst jüngst übernahm der Handelskonzern Tengelmann (Kaiser's, KiK, Obi) knapp 30 Prozent von Coffee Circle.

Zu dem Geschäft mit Tengelmann sagt Rudnick: "Kaffee hat zwar in der Gastronomie eine der höchsten Gewinnmargen, aber die Handelsmarge ist äußerst gering. Wir müssen sehr, sehr viel Kaffee verkaufen, um unsere Kosten zu decken. Also entschieden wir uns Anfang 2011, einen Investor zu finden. Die hinter Tengelmann stehende Familie Haub hat eine sehr enge Beziehung zu guten, äthiopischen Kaffees und fand großen Gefallen an unserer neuen Art des Handelns. Wir glauben fest daran, mit Tengelmann einen starken Partner gefunden zu haben, der uns in vielen Bereichen - zum Beispiel der Logistik - sehr gut helfen kann."

Das nächste große Ziel des Coffee Circle, so Rudnick, sei es, kostendeckend zu arbeiten. "Das rechnen wir uns für Mitte 2012 aus. Und natürlich möchten wir auch zur deutschen Adresse für herausragende Kaffees werden. Und wir möchten eine größere Wirkung in Afrika haben, indem wir dort noch größere Projekte umsetzen." Mittelfristig eigne sich das Handelsmodell von Coffee Circle auch zum Beispiel für Tee, Gewürze und Schokolade. Aber hierüber entscheiden die drei Freunde erst nächstes Jahr.

(fae)
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