Mönchengladbach Musikalische Schachpartie

Mönchengladbach · Manuel Göttsching lässt das Fest zum 30. Geburtstag des Abteibergmuseums mit einem Konzert ausklingen – der weltweit erst dritten Live-Performance seines epochalen Konzeptalbums "E2-E4" aus dem Genre Minimal-Music. Die Platte erschien bereits 1984.

Manuel Göttsching lässt das Fest zum 30. Geburtstag des Abteibergmuseums mit einem Konzert ausklingen — der weltweit erst dritten Live-Performance seines epochalen Konzeptalbums "E2-E4" aus dem Genre Minimal-Music. Die Platte erschien bereits 1984.

Ein Fan von Manuel Göttsching ist von weit her angereist und hat eine wahre Kostbarkeit im Gepäck: Das Cover der legendären Platte "E2-E4", die 1984 in einer auf 1000 Stück limitierten Auflage beim damals jungen Label Inteam herauskam. Fürs Autogramm. Ob die versammelten Hartgesottenen der Electronic- oder Ambient-Szene die Kulisse zu schätzen wissen, in der ihr Guru, der 59-jährige Berliner Komponist und Gitarrist, die weltweit erst dritte Live-Performance jener epochalen Musik inszeniert, sei dahingestellt. Neben dem sechs Meter hohen Ring des Konzeptkünstlers Mauro Staccioli, der den Hang des Abteibergmuseums herabzurollen scheint, macht sich die von Lautsprechertürmen eingerahmte Bühne jedenfalls reichlich seltsam aus. Das Event ist ja auch mehr für die gedacht, die den 30. Geburtstag des Museumsbaus von Max Hollein feiern wollen. Und da passt Göttschings musikalische Schachpartie (E2-E4 ist ein typischer Eröffnungszug des königlichen Spiels) so perfekt wie spektakulär ins Konzept.

Das hat Museumsdirektorin Susanne Titz mit ihrem Team auf die frühen 80er Jahre hin ausgerichtet. Der Abend ist lau, die Stimmung auf der Hangwiese erwartungsvoll, als Göttsching sich auf den Drehhocker setzt. Der steht zwischen Lautsprechertürmen zentral auf der kleinen Bühne und ermöglicht ihm kurze Wege zu den technischen Bausteinen, den Tasteninstrumenten und der Gitarre, die im Hintergrund vor einem Gewirr aus Kabeln griffbereit ihres Einsatzes harrt. Ein paar Scheinwerfer machen farbig Stimmung, um die Bühne herum flattern die Überreste von Seb Koberstädts Papier-Segel.

Göttsching wendet sich zur Seite und nimmt die typische Haltung ein, die er erst verlässt, als er nach einer halben Stunde zur Gitarre greift: Den Kopf weit nach vorn gebeugt, Scheitel und Schulter auf einer Höhe, hat er seine wichtigsten Instrumente - die Ohren - im Äther, während seine Hände mit kurzen, präzisen Bewegungen Knöpfe, Schieber, später aber auch die Tastatur eines Keyboards bedienen.

Die Musik ist eine Ikone der elektronischen Minimal-Music. Das heißt faktisch: Es passiert quasi nichts. Eine Stunde lang wippen zwei Akkorde hin und her, die Bass-Drum vibriert im immergleichen Beat gegen das Zwerchfell, ein bisschen Rhythmus mischt sich ein. Die Litanei des Immergleichen trägt einzig durch die hinzugefügten Gewürze aus elektronischen und elektronisch verfremdeten akustischen Klängen in jene Sphären, die die je nach Veranlagung psychodelisch bewusstlos oder intellektuell euphorisiert sein können. "Wie ich meine Stücke zusammenmische, das entsteht ganz improvisiert aus dem Ambiente heraus. Und das ist hier ein besonderes", sagt Göttsching nach dem Konzert.

Kultur Seite A 7

(RP)
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