Mönchengladbach Müssen Schulen Klassenfahrten streichen?

Mönchengladbach · Schulleiter dürfen Reisen und Ausflüge aufgrund von Gerichtsurteilen nur noch genehmigen, wenn die Nebenkosten der Lehrer komplett erstattet werden. Das stellt viele Mönchengladbacher Schulen vor finanzielle Probleme.

 Können Schüler bald nicht mehr auf Klassenfahrt gehen? Schulleiter in Mönchengladbach befürchten dies.

Können Schüler bald nicht mehr auf Klassenfahrt gehen? Schulleiter in Mönchengladbach befürchten dies.

Foto: Andreas woitschützke (archiv)

Die Sechstklässler der Gesamtschule Hardt fahren nach Brügge, für die Siebtklässler geht es nach Borkum, und die Oberstufenschüler zieht es in der Elf zum Skifahren nach Südtirol. Alljährliche Rituale, die an vielen weiterführenden Schulen in Mönchengladbach ihre Entsprechung finden. Doch nicht nur in der Vitusstadt sind diese Reisen in ihrer jetzigen Form gefährdet. Hintergrund sind Urteile des Bundesarbeits- beziehungsweise Oberverwaltungsgerichts, die Ende vergangenen Jahres gesprochen wurden: Demnach dürfen Lehrer nicht mehr für ihre Kosten bei Klassenfahrten aufkommen. Das Land muss zahlen. Das Problem: Die im Haushalt veranschlagte Summe reicht längst nicht für alle Ausflüge, Klassenfahrten und Austauschprogramme.

"Theoretisch könnte es passieren, dass im kommenden Schuljahr Fahrten nicht stattfinden können", sagt Bernd Schäferhenrich, Schulleiter der Gesamtschule Hardt. Bislang bekam die Schule aus dem rund sechs Millionen Euro schweren Fördertopf des Landes einen Zuschuss zu den Fahrten — in der Regel rund 2000 Euro jährlich. Immerhin: Alle Klassenfahrten für das laufende Jahr sind laut Schäferhenrich bewilligt worden. "Andernfalls müssten wir bereits jetzt auf Ausflüge verzichten." Denn selbst wenn seine Lehrerkollegen bereit wären, aus eigener Tasche für die Fahrten aufzukommen: Nach jetzigem Stand dürfte der Gesamtschulleiter das nicht bewilligen.

Knackpunkt sind die Fahrtkosten, die den Pädagogen bei den Reisen entstehen. In NRW wurden Klassenfahrten bislang nur genehmigt, wenn die Lehrer sich verpflichteten, auf volle Kostenerstattung zu verzichten; sie in der Regel also aus eigener Tasche draufzahlten. Nach der Klage eines Lehrers aus dem Sauerland und massiver Kritik seitens der Lehrerverbände wurde diese bundesweit gängige Praxis durch die Gerichtsurteile gekippt.

Nur: Die Schulen haben nicht das Geld, um den Lehrern die vollen Reisekosten zu erstatten. Auch an der Gesamtschule Espenstraße würden die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, um im nächsten Schuljahr wie gewohnt die Stufen 6, 10 und 13 auf Reisen zu schicken. "Bei durchschnittlichen Kosten von 200 bis 300 Euro pro Lehrkraft könnte wahrscheinlich nur ein Jahrgang wegfahren", sagt Schulleiter Peter Blomert. Er sieht die Landesregierung in der Pflicht: "Wenn der Finanzetat für Klassenfahrten erhöht wird, ist das Problem gelöst." Blomert schätzt, dass dazu eine Aufstockung von sechs auf "mindestens" 20 Millionen Euro notwendig sei. Blomert: "Ich bin optimistisch, dass das klappt." Auch Ulrich Elsen, schulpolitischer Sprecher der SPD, fordert, das Problem auf Landesebene zu regeln. "Schließlich sind Klassenfahrten für das soziale Lernen unverzichtbar."

Und tatsächlich: NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) lässt zurzeit die sogenannten "Wanderrichtlinien" überarbeiten, die den Zuschuss regeln. Berichte, nach denen eine sofortige Erhöhung um zwei Millionen Euro geplant sei, wies ein Ministeriumssprecher auf RP-Anfrage zurück. Für konkrete Zahlen sei es noch zu früh. Man arbeite zurzeit allerdings "mit Hochdruck" an einer Lösung.

(RP/rl)
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