Mönchengladbach Müllsystem benachteiligt große Familien

Mönchengladbach · Steigt die Müllgebühr für Familien mit fünf Personen 2019 um 75 Prozent? Diese Rechnungen machen Leser auf. Und sie protestieren dagegen mit Bürgeranträgen für den Beschwerdeausschuss. Mehr als 200 liegen OB Reiners bereits vor.

 Die Mags präsentierte die neuen Rolltonnen den Bürgern.

Die Mags präsentierte die neuen Rolltonnen den Bürgern.

Foto: ilg

Bei Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners stapeln sich Bürgeranträge gegen das vom Rat beschlossene neue, ab 2019 geltende Müllsystem: Mehr als 200 liegen vor. Da viele Mönchengladbacher die Musteranträge der Grünen von deren Homepage laden, wird die Zahl wohl noch steigen. Denn der Unmut wächst, je mehr Bürger von der Mags mit Briefen konfrontiert werden, in denen die erforderlichen Tonnengrößen abgefragt werden.

Auch wenn die Stadttochter, zu der der Entsorger GEM gehört, die Kostenrechnungen erst im Herbst verschickt, weil dann exakte Daten vorliegen, ziehen viele Bürger mittlerweile ihre Bilanz. Und kommen zum Teil zu für sie erschreckenden Ergebnissen. "Ich habe derzeit eine 35-Liter-Tonne. Ab Januar müssen wir nicht nur eine 120-Liter-Tonne, sondern zusätzlich eine mit 60 Litern nehmen. Also im Ergebnis mehr als das 2,5-fache des Volumens, mit dem wir jetzt ausgekommen", schreibt Wolfram Schubert. Er hat den Musterantrag so abgewandelt und ihn auf größere Haushalte - etwa zwei Erwachsene, drei Kinder - angepasst.

Ein anderer Leser hat jetzt eine 35-Liter-Tonne und zahlt dafür bei wöchentlicher Leerung 227 Euro im Jahr. Da er auch eine Biotonne besitzt, wird bei ihm nach dem neuen System 15 Liter Müll für jede der fünf Personen in der Familie zugrundegelegt. Und da der Abfall ab 2019 nicht mehr wöchentlich, sondern alle 14 Tage abgeholt wird, muss er demnach Gefäße für 150 Liter vorhalten: also eine 120-Liter- und eine 60-Liter-Tonne. "Ich muss dann 396 Euro Müllgebühren im Jahr zahlen. Das ist eine Preiserhöhung um rund 75 Prozent und damit absolut familienunfreundlich", schreibt er unserer Redaktion. Am Mittwoch, 9. Mai, tagt der Beschwerdeausschuss ab 17 Uhr im Rathaus Abtei und wird sich mit den Bürgeranträgen beschäftigen.

Nach derzeitigem Stand ist es aber fraglich, ob CDU und SPD, mit deren Stimmen das neue Müllsystem beschlossen wurde, eine Neubewertung vornehmen werden. Es sei denn, die Grünen haben mit ihrer Beschwerde bei der Bezirksregierung Erfolg, weil sie der Meinung sind, dass die Gladbacher Abfallsatzung nicht dem Landesabfallgesetz entspricht. Denn dies, so die Grünen, stelle den Grundsatz der Müllvermeidung an oberster Stelle, die Gladbacher Satzung verleite dagegen die Bürger, das Tonnenvolumen auszunutzen. Ein Hintertürchen bleibt: Bürger, die mehr Tonnenvolumen als benötigt haben, können mit Nachbarn eine Müll-Ehe eingehen und sich Kosten teilen.

Haben die Mags und das beauftragte Institut INFA bei der Konzipierung des Systems falsch gerechnet, weil die Gladbacher im Vergleich zu den Bürgern anderer Kommunen weniger Müll produzieren? Das weist die GEM von sich. Der Gutachter legte das Gesamttonnenvolumen Müll zugrunde, das in der Stadt jährlich aufkommt - also auch wilden Müll, Sperrmüll, Abfall aus öffentlichen Papierkörben. Bei der Menge, so Gutachter Heinz-Josef Dornbusch, unterscheidet sich Mönchengladbach nicht von anderen Vergleichsstädten. Allerdings ist das Aufkommen an wildem Müll in Gladbach extrem hoch. Anhand der Tonnage berechnete er in Litern, wie viel Müll jeder Gladbacher produziert. In dieser Hinsicht ist die Situation in der Stadt nicht gravierend anders als die in anderen Kommunen. Die Menge - 15 Liter Müll, wenn es eine Biotonne gibt, 20 Liter für alle anderen - wird ab 2019 pro Person und Woche bei der Berechnung des Tonnenvolumens zugrundegelegt. Die Bürger können, anders als jetzt, keine Tonnengröße wählen, sondern erhalten das Volumen, das aufgrund der Personenzahl nach dem neuen System notwendig ist. Es werden deshalb nicht die Haushalte angeschrieben, sondern die Grundstückseigentümer, die die Personenzahl im Haus und in Wohnungen nennen müssen. Alle Gefäße sind künftig gechippt und können zugeordnet werden.

Es gibt auch Nutznießer des neuen Systems. Das sind zum Beispiel Ein- und Zwei-Personenhaushalte. Sie sparen bei 14-tägiger Leerung.

(biber)
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