Mönchengladbach Mord-Prozess: Ehemann nimmt Großmutter in Schutz

Mönchengladbach · Im Mord-Prozess vor dem Schwurgericht Mönchengladbach sagte am Dienstag der Ehemann der Angeklagten (55) aus. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass die 55-jährige Viersenerin sich und ihren Enkel töten wollte, als sie am 9. Februar mit dem neun Jahre alten Jungen und einem Hund mit einem Kleinwagen auf einen Schulparkplatz fuhr, die Türen verschloss, Nitroverdünner ausschüttete und anzündete.

Tatsächlich überlebte damals die Großmutter. Der Enkel verstarb vor allem durch Sauerstoffmangel an schweren Hirnschäden, hieß es am Dienstag im Gutachten des Obduzenten. Nach Ansicht eines Psychiaters leidet die Frau auf der Anklagebank an einer Amnesie. Sie selbst beteuert, sich an das eigentliche Brandgeschehen nicht erinnern zu können.

"Meine Frau hat sich für den Kleinen aufgeopfert", meinte gestern der 58 Jahre alte Ehemann der Großmutter. Der Enkel sei bereits mit drei Monaten in ihren Haushalt gekommen. Von da an betreuten sie beide als Pflegeeltern das Kind. Aber tatsächlich habe sich seine Frau um den lernbehinderten Jungen gekümmert. "Ich habe das Geld rangeschafft, sie war für alles im Haus zuständig", gab der Kraftfahrer ohne weiteres zu. Sie habe sich schon mal beklagt - über die Belastung, zuletzt ein paar Tage vor dem Brand im Fahrzeug. Aber er habe dem keine Bedeutung zugemessen, so der 58-Jährige im Gerichtssaal. Nach kurzem Schweigen erklärte der Ehemann, der als einziger aus der Familie nicht von seinem Aussageverweigerungs-Recht Gebrauch gemacht hatte: "Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Sie hat doch das Kind geliebt".

Nach dieser Zeugenaussage fanden auch eine Psychologin und eine Lehrerin für Sonderpädagogik nur lobende Worte für die fürsorgliche Großmutter. "Der Junge war verhaltensauffällig und in seiner Entwicklung deutlich verzögert", berichtete gestern eine Psychologin, der die Familie das Pflegekind vorgestellt hatte. Die Pflegemutter habe sich sehr engagiert um das Kind gekümmert. Es habe Fortschritte gegeben. Die Lehrerin kannte den Jungen zwei Jahre lang aus ihrer Klasse. "Die Großmutter war immer da für den Enkel, der permanent Aufmerksamkeit und Aufsicht brauchte", erinnerte sich die Lehrerin gestern im Gerichtssaal. Der Junge habe "viel Ussel" gemacht und sich nur schwer an Regeln gehalten. Trotzdem sei er ein liebenswertes, aber auch ein lebhaftes Kind gewesen. Aufmerksam verfolgte die Angeklagte gestern die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen. Dabei wischte sich die 55-Jährige immer wieder verstohlen die Tränen von den Augen.

Der Schwurgerichts-Prozess wird im Oktober fortgesetzt.

(RP)
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