Mönchengladbach "James Bond"-Stuntman dreht ersten Kurzfilm

Mönchengladbach · Filmstudent Vi-Dan Tran hat in Berlin einen Kurzfilm gedreht. Zuvor war er vor allem vor der Kamera als Stuntman aktiv, etwa bei "Skyfall" und "Cloud Atlas". Mit seinem eigenen Werk hat er sich nun erstmals an ein Drama herangewagt.

Mönchengladbacher Stuntmen im 007-Streifen Skyfall
5 Bilder

Mönchengladbacher Stuntmen im 007-Streifen Skyfall

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Eine blonde Frau grinst. Totale. Überblende zu einer brünetten Dame, dann eine rot gefärbte junge Frau mit Piercing — alle haben die gleiche Frage an Terry. Die Kamera schwenkt herum zu einem jungen, gut aussehenden Mann. "Rufst du mich an?", fragen Stimmen aus dem Off. Überblende. Terry grinst. "You never know" steht auf dem schwarzen Hintergrund geschrieben — man weiß nie so recht.

Wechsel hinter die Kamera bescherte ihm graue Haare

"Nach dem Film habe ich erste graue Haare bei mir entdeckt", sagt Regisseur Vi-Dan Tran und ergänzt: "Ich habe fast drei Nervenzusammenbrüche gehabt, weil wir oft in Sackgassen geraten sind und ich nicht wusste, wie es mit dem Film weitergehen sollte." Es ist das erste Mal, dass sich der junge Mönchengladbacher mit seinem Kurzfilm "You never know" mit dem Genre Drama befasst. Bisher hat er nur Actionfilme gedreht — meistens sogar vor der Kamera. Als Stuntman war er schon in großen Produktionen involviert — zuletzt stand er bei dem James-Bond-Streifen Skyfall und bei Cloud Atlas vor der Kamera. Mehrere Wochen war er in London, probte für die Bond-Schlussszene. Skyfall, das alte Herrenhaus, in dem Bond aufwuchs, wird am Ende des Films von seinen Feinden gestürmt. Einer von ihnen ist Vi-Dan Tran.

Stuntman-Chef wagte sich an Drama

Der Stuntman trainiert seit Jahren für solche Szenen. Kampfsport, Tricking und Akrobatik sind seine leichtesten Übungen. Spezialisiert hat er sich eigentlich auf Hongkong-Fights, wie man sie von Jackie Chan kennt. Mit einer Gruppe von neun Gladbachern hat er die Stuntman-Truppe "TeamBay" gegründet, das inzwischen in großen Werbespots für internationale Marken auftritt.

Doch eigentlich sieht Vi-Dan seinen Platz eher hinter der Kamera. Erstmals hat er sich nun an einen eigenen professionellen Kurzfilm gewagt. 32 Minuten sind bei der Liebesgeschichte rausgekommen. Terry ist ein "Player" — reißt Frauen auf und ruft sie danach nie wieder an. Doch mit der einen ist es anders. Lara ist für ihn aufregend anders — nämlich nicht leicht zu haben. Erst in der 20. Minute des Kurzfilms bekommt er den ersehnten Kuss.

Sieben Drehtage in Berlin — ohne Genehmigung

Sieben Tage hat der Filmstudent Vi-Dan Tran zusammen mit seinem Team in Berlin gedreht — im Guerilla-Stil. Das heißt: ohne Drehgenehmigung, mit kleinen Handkameras, häufig in dunklen Straßen. "Das war schon super spannend, häufig wussten wir nicht, wo wir die nächste Szene drehen würden — sind durch Berlin gefahren und haben alles sehr spontan gemacht", sagt Kameramann und Kommilitone Shawn Bu. Er ist ebenfalls Filmfreak, wie Vi-Dan. Beide schauen jeden Tag mindestens einen Film. "Da lernt man sehr viel bei, wie Handlungen entwickelt werden, wie man Charaktere einführt und technische Kunstgriffe", so der 27-jährige Student.

Der Kurzfilm "You never know" ist gleichzeitig Vi-Dans Abschlussarbeit. Von der Idee über das Drehbuch bis hin zu Dreh und Schnitt hat er alles selbst konzipiert. "Ich habe mich nie richtig getraut, ein Drama zu schreiben. Geschichten und Charaktere sind bei dem Genre sehr schwierig zu entwickeln", sagt der 29-Jährige, der sich vorher nur mit Actionfilmen beschäftigt hatte. "Der Konflikt im Actionfilm ist physisch und nicht so tiefgründig — da geht es nur um Gut gegen Böse." Drama sei vielschichtiger, und man müsse die Psychologie der Charaktere genau anlegen — "auch wenn sie gar nicht Gegenstand der Handlung sind".

In Cannes und bei der Berlinale eingereicht

So hatte etwa Terry, die Hauptfigur in "You never know", eine schwierige Kindheit, seine Mutter verließ ihn als Kleinkind. "Der Film sollte echt sein und echte Dialoge und Gefühle haben", sagt Vi-Dan. Und so hat er sich Charakterzüge und Geschichten von Freunden abgeschaut, bei sich selbst in der Biografie gegraben: "So ein Drama ist wahnsinnig anstrengend — als Nächstes brauche ich erst wieder einen Actionstreifen."

Und so ist Vi-Dan Tran derzeit in Singapur unterwegs, wieder hinter der Kamera — für einen Action-Horror-Kinofilm. Mehr wird jedoch noch nicht verraten. Anschließend will sich der Gladbacher langsam an Kinofilme herantasten — als Regisseur. "Großes Kino bietet mehr Möglichkeiten, Geschichten zu erzählen — es geht mir um die Story", erklärt der Stuntman. Und dann ist da doch noch der Kurzfilm "You never know", der ihn nicht so ganz loslässt. "Ich habe ihn bei allen möglichen Wettbewerben eingereicht — unter anderem auch in Cannes und bei der Berlinale."

(RP)
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