Kolumne Mensch Gladbach Zur Schule mit Freunden statt im SUV

Mönchengladbach · Überbesorgt oder überaus eilig? Das Phänomen der Eltern-Taxis sorgt immer häufiger vor Unterrichtsbeginn für Chaos und gefährliche Situationen. Aber es gibt sie noch: Kinder, die selber laufen.

In dem Stadtteil, in dem ich lebe, im Südosten Mönchengladbachs, habe ich in direkter Nachbarschaft eine Grundschule. Ich war noch nie drin, aber es scheint eine ganz normale Schule zu sein. Die Kinder, die auf dem Schulhof spielen, kommen aus verschiedenen Ländern der Welt. Zur Einschulung wird für die i-Dötzchen auf dem Schulhof gemeinsam laut gesungen. Im Herbst zieht ein Martinszug von der Schule durch den Stadtteil. In den Pausen schallt die gleiche Geräuschkulisse herüber, wie wir sie einst als Kinder produziert haben: Eine fröhliche Mischung aus  Schreien, Rufen im Rennen und hörbarem Bewegungsdrang. Irgendwann das Schrillen der Klingel, die heute wie damals das Ende der Pause einläutet.

Eine schönere Nachbarschaft kann es kaum geben. Denn die Bilder und Geräusche katapultieren einen immer wieder in die eigene Erinnerung. Besonders am frühen Morgen. Dann schlendern die Kinder pärchenweise Richtung Unterricht. Manche werden von der Mutter oder dem Vater begleitet, es fallen auch mal Worte der Ungeduld, der Morgen ist eben nicht jedermanns Sache. Es gibt Kinder, die kommen mit dem Fahrrad – ohne Begleitung, was mich mit Blick auf die Kreuzung die Luft anhalten lässt. Doch sie meistern die Herausforderung des Verkehrs jedes Mal souverän. Manchmal steht ein Polizist oder jemand von der Verkehrswacht mit einer Schüler-Gruppe an eben dieser Kreuzung und erklärt, worauf die Kinder beim Überqueren zu achten haben.

Warum ich das alles erzähle? Nun, Staus aus Autos von Eltern, die ihre Sprösslinge bis vor das Schultor fahren, habe ich dort bisher nicht gesehen. Sicherlich werden einige Kinder mit dem Auto gebracht oder abgeholt. Aber die Zahl derer, die selbst den Schulweg gehen oder mit dem Rad fahren, scheint höher zu sein. Es ist eine Schule in der Nachbarschaft, mit Kindern aus der Nachbarschaft. So wie es früher eben üblich war.

Doch das ist inzwischen nicht mehr der Normalfall. Stadtweit gibt es Schulen wie die an der Annakirchstraße oder Lochnerallee, vor denen morgens die Autos der Eltern für ein Verkehrschaos sorgen. Mancher liefert das eigene Kind sicher ab, um danach kräftig aufs Gaspedal zu treten, weil es ja wieder so spät geworden ist. Dass das andere Kinder gefährdet, wie auch die durch Eltern-Taxis unübersichtliche Straßensituation, scheint keine Rolle zu spielen.

Natürlich ist es in vielen Familien schwer, den Alltag unter einen Hut zu bringen, wenn beide Elternteile arbeiten und das Kind eine vermeintlich bessere, aber weiter entfernte Schule besucht. Vielleicht wäre die in direkter Nachbarschaft, zu der man mit Schulkameraden laufen kann, die bessere Wahl. Oder man traut dem eigenen Kind zu, die Strecke selbst zu bewältigen, weil man sich Zeit genommen und mit ihm geübt hat. Das fördert das Selbstbewusstsein. Und ganz ehrlich: War der gemeinsame Schulweg mit der Freundin oder dem Freund nicht die beste Zeit des Tages?

Ein erinnerungsreiches Wochenende!

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