Senioren in Mönchengladbach Wie die Angst vor dem Smartphone verfliegt

Mönchengladbach · Die Digitalisierung des Alltags kann entscheidend dazu beitragen, im Alter weiterhin selbstbestimmt und gesund zu leben. Das ist die Botschaft von Rüdiger Fröls, der dazu einen Workshop in der Volkshochschule speziell für ältere Menschen anbot.

 Auch für Senioren wird das Smartphone immer wichtiger.

Auch für Senioren wird das Smartphone immer wichtiger.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Ein Rollstuhl, der Treppen steigen kann, ein Spazierstock, der einen Sturz registriert und Rettungskräften sofort den genauen Unfallort meldet, die Tablettenbox, die sich blinkend und piepend meldet, wenn pünktlich ein Medikament eingenommen werden muss – das alles sei längst keine Utopie mehr. „Die Industrie ist im Aufbruch. Es ändert sich jeden Tag etwas“, betonte Fröls. „Das nervt nur, das kapiere ich nicht“ sei gegenüber dieser positiven Entwicklung die falsche Reaktion. „Es ist wichtig, zunächst einmal diese Schwelle des Misstrauens zu überwinden, aufgeschlossen zu sein und etwas Geduld mitzubringen. Man muss sich schon aktiv damit befassen, sonst klappt es nicht.“ In seinen Kursen für den digitalen Alltag habe er zum Beispiel mit Senioren zu tun, die frustriert zu ihm kämen, „weil mein Neffe keine Lust mehr hat, mir etwas zu erklären“. Am Ende seien die Teilnehmer begeistert, dass sie per Computer oder Handy nun jederzeit Nachrichten und Fotos austauschen könnten. „Der, der es einmal ausprobiert hat, will nicht mehr zurück.“

Der IT-Experte empfahl auch einen Day-Time-Manager, einen elektronischen Kalender. „Der erinnert mich an Vorsorgetermine, zeigt mir gegebenenfalls den Weg dorthin, und eine jährliche Geburtstagsliste brauche ich auch nicht mehr anzufertigen.“ Hilfreich seien ferner Kleinigkeiten wie LED-Lichtleisten an gefährlichen Treppenkanten oder eine automatische Beleuchtung im Schrank. Der Dozent, der sein ganzes Berufsleben in der IT-Branche tätig gewesen ist, sagt den Haushaltsrobotern eine große Zukunft voraus. Saug- oder Mähroboter würden immer intelligenter, Butler-Roboter können Getränke servieren oder Gefahren erkennen – wie eine nicht ausgeschaltete Herdplatte. Diese Systeme würden immer preiswerter. „Der Haushaltsroboter wird in den nächsten drei Jahren zum Trend.“ Führend seien die Japaner, die auch Gesellschafter entwickelten, unter anderem täuschend echt wirkende Schmusetiere.

 Rüdiger Fröls hält bei der VHS häufiger praxisnahe Vorträge für ältere Menschen.

Rüdiger Fröls hält bei der VHS häufiger praxisnahe Vorträge für ältere Menschen.

Foto: Reichartz,Hans-Peter (hpr)

„Im Alter ins Heim – oder zu Hause wohnen bleiben“, diese provokante Überschrift habe er für den Workshop bewusst gewählt, um neugierig zu machen, sagte Fröls. Jeder müsse für sich und seine finanziellen Möglichkeiten die geeignete Lösung wählen. Das könne auch eine Wohngemeinschaft, eine Seniorenresidenz oder eine Pflegeeinrichtung im Ausland sein. Nach einer Umfrage wollten aber drei von vier 65- bis 85-Jährigen am liebsten daheimbleiben. Alle Barrieren sollten deshalb frühzeitig beseitigt werden, so durch einen behindertengerechten Umbau des Bades. Dazu gebe es Zuschüsse und Darlehen. Fröls: „Sie sollten unbedingt vor jeder Maßnahme die Förderungsmöglichkeiten abchecken.“ Wer ein Haus besitze, könne eine Einliegerwohnung einplanen, zunächst für zusätzliche Mieteinnahmen und später für eine Pflegekraft.

Die IT helfe Senioren nicht zuletzt, gesünder zu leben. Smartwatches am Handgelenk kontrollierten Vitalfunktionen und gäben Bewegungstipps. Die Notruf-App „Nora“, die die Rufnummer 112 ergänzt, habe zwar Startprobleme gehabt, sei aber inzwischen über die Homepage auf dem Mobiltelefon einzurichten. Der Experte empfahl darüber hinaus das Telemonitoring und die Teleclinic. „Sie ersetzten in vielen Fällen nicht den Arztbesuch, geben aber den wichtigen Hinweis, dass man zum Arzt gehen sollte.“

Der Dozent stieß an diesem Abend nicht nur auf Zustimmung. Der Mensch werde gläserner, Verbrecher missbrauchten die IT, kritisierten Zuhörer. Manche Hilfssysteme seien Energiefresser, Mähroboter töteten Igel und Insekten, der elektronische Zahlungsverkehr führe dazu, dass Menschen per Tastenklick über ihre Verhältnisse lebten. Jeder könne sich doch aussuchen, welche Angebote er nutzen wolle, antwortete Fröls und empfahl für Jugendliche statt einer Scheck- eine Prepaidkarte (englisch für vorausbezahlt). „Ist das geladene Guthaben aufgebraucht, ist das Geld weg“ – wie bei einem Portemonnaie. Computer erleichterten das Leben, da ist sich der Dozent sicher. Er rät: „Probieren Sie es aus. Trauen Sie sich.“

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