Protest gegen Atomkraftwerk Mönchengladbach bekommt jetzt eine "Tihange-Aus-Säule"

Mönchengladbach · Im Mönchengladbacher Stadtteil Wickrath soll eine Protest-Säule gegen das Atomkraftwerk Tihange aufgestellt werden. An der Säule können die Bürger das AKW abschalten - allerdings nur symbolisch.

Mönchengladbach: Wickrath bekommt "Tihange-Aus-Säule"
Foto: dpa, obe fdt fpt tmk

Als Sebastian Hertl vor einigen Jahren das erste Mal von Tihange 2 hörte, schrillten bei ihm nicht sofort die Alarmglocken. "Ich bin kein militanter Atomkraftgegner, der sofort Weltuntergangs-Szenarien entwickelt", sagt der 60-Jährige.

Wenn er aber heute über die störanfälligen Atomkraftwerke (AKW) an der belgisch-deutschen Grenze spricht - Doel bei Antwerpen gehört auch dazu -, dann werden in seinen Worten die Sorgen deutlich, die Hertl mit vielen teilt. "Diese Kraftwerke müssen abgeschaltet werden, weil sie ein hohes Sicherheitsrisiko für 25 Millionen Menschen in unserer Region darstellen", sagt der Gladbacher Zahntechnikermeister.

Sebastian Hertl (l.) und Martin Heinen wollen in Wickrath eine "Tihange-Aus-Säule" in Betrieb nehmen. Sie soll den Standort wechseln.

Sebastian Hertl (l.) und Martin Heinen wollen in Wickrath eine "Tihange-Aus-Säule" in Betrieb nehmen. Sie soll den Standort wechseln.

Foto: Weber

Hertl will informieren, mahnen und Druck auf die belgische Regierung ausüben. Er hat deshalb eine Initiative gestartet, um die Bürger seiner Heimatstadt auf die Gefahren aufmerksam zu machen: Hertl spendet der Stadt die interaktive Objekt-Säule "Tihange-Aus", an der jeder Bürger ab Mittwoch den "Tihange-Aus-Hebel" betätigen kann. Mönchengladbach bekommt die zehnte Säule, die anderen stehen an anderen Standorten in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Bei Martin Heinen, Vorsitzender des Umweltausschusses, rannte Hertl offene Türen ein, als er ihm von seiner Sponsorenidee erzählte. "Es gibt hier in der Stadt eine breite überparteiliche Initiative gegen die Atomkraftwerke Tihange und Doel. An der Säule können die Bürger das AKW Tihange abschalten - leider nur symbolisch", sagt Heinen.

Aber auch diese Geste ist ein wichtiger Akt. Hertl erfuhr von der Existenz der "Tihange-Aus-Säule", als er sich mit dem Aachener Zahnarzt Rolf Jägersberg unterhielt. Für ihn fertigt Hertl Zahnersatz. "Doktor Jägersberg ist auch künstlerisch tätig und hat mir erzählt, dass er mit seinem Künstler-Kollegen Lars Harmens diese Säulen kreiert hat."

Nach dem Gespräch entschied Hertl: Mönchengladbach braucht auch so einen symbolischen Tihange-Abschalter - zumal die Stadt im Verbund der gegen Tihange 2 klagenden Kommunen die größte ist. Der 60-Jährige fragte bei OB Hans Wilhelm Reiners an, der die Verbindung zu Heinen herstellte. Und gemeinsam entschied man, Wickrath als ersten Mönchengladbacher Standort für die Säule auszusuchen. "Dieser Stadtteil liegt Tihange am nächsten. In Wickrath-Land wird die 100-Kilometer-Grenze sogar unterschritten", sagt Heinen.

Der Zähler auf der Mönchengladbacher "Tihange-Aus-Säule" steht auf Null, wenn Hertl, Heinen und Reiners am Mittwoch um 16 Uhr an der Ecke Quadtstraße/Beckrather Straße zum ersten Mal den Hebel betätigen. Danach können die Mönchengladbacher das AKW symbolisch ausschalten. Gezählt wird jeder Hebelzug. Die Initiatoren sichern auch zu, dass der belgischen Regierung und der belgischen Atombehörde die Ergebnisse übermittelt werden. In Aachen am Rathausplatz liegt der Zählerstand bereits bei mehr als 1,2 Millionen.

(biber)
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