Serie Was macht eigentlich? Die Jazzer vom Alten Markt

Mönchengladbach · In den 1960er Jahren haben sechs Jungs Markt die Menschen am Niederrhein mit ihrer Jazzmusik begeistert. Die „Old Market Stompers“ um Frontmann und Mitbegründer Manfred Müllers waren eine feste Größe in der Kneipenszene. Seither hat sich einiges verändert.

Mönchengladbach: Die Geschichte der Jazzer vom Alten Markt
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Die Geschichte der Jazzer vom Alten Markt

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Foto: Old Market Stompers / Harald Hansen

Es war die „Goldene Zeit“ der Mönchengladbacher Altstadt: die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Golden wegen ihrer Kneipenszene, an der sich sogar Düsseldorf messen wollte, und golden auch für die einstmals vielen Freunde des traditionellen Jazz’. Gladbach war rheinische Hochburg des Dixieland. Etwa ein Dutzend Bands gab es hier, und Tausende Fans. Doch die Goldene Zeit des Jazz’ ist vorbei.

Kein ganz großer Name, aber einer mit sehr vielen treuen Freunden, war die Band „Old Market Stompers“: sechs Jungs vom Gladbacher Alten Markt. Die „Stampfer“ um Band-Mitgründer Manfred Müllers waren weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, traten im Lauf eines halben Jahrhunderts in vielen deutschen Jazzclubs auf, waren auch auf Festivals in den Niederlanden, in Belgien, Frankreich und Portugal gefragt. Die Old Market Stompers wurden in einer Rundfunksendung des WDR vorgestellt, spielten bei zwei Fernseh-Livesendungen und unzähligen Jazz-Events.

Musikprofis aber wurden sie nicht, wollten auch keine sein. Manfred Müllers kam nicht auf die Idee, seinen Beruf als Lehrer aufzugeben, um sich in das Abenteuer Jazzmusik zu stürzen. „Wir waren von Beginn an realistisch genug zu wissen, dass wir von unserer Musik nicht leben könnten. Die Profis sind lauter studierte Musiker, wir sind teils Autodidakten und ausschließlich Amateure. Da können wir nicht mithalten. Darum haben wir immer nur so viel gemacht, wie unsere Arbeit zuließ. Wir blieben Amateure und der Jazz unser Hobby“, sagt Manfred Müllers. Doch mit ihrem Hobby konnten sie sich durchaus sehen lassen. Ihre LP „12 Years Old“ mit einem Cover des Gladbacher Grafikers Harald Hansen in der „Parade“-Besetzung Jochen Kreutzer Klarinette/Saxofon, Werner „Tweed“ Heckhausen Banjo/Gesang, Walter „Charly“ Cox Bass, Hermann Bröcken Kornett, Manfred Müllers Posaune und Peter Van der Weyden Schlagzeug ist ein herausragendes Beispiel.

Die Idee, Jazzmusik zu machen, ist dem damals knapp 15-jährigen Manfred Müllers und seinen Freunden vom Gymnasium Odenkirchen 1958 in der Schule gekommen, als sie eines Tages aus der Aula Musik vernahmen. Mit jugendlicher Begeisterung setzten die Jungen dies in die Tat um und besorgten sich die Instrumente: Klaus Dieter George, Ludger de Brouwer, Peter van der Weyden, Fred Rütten, Hermann Bröcken und Manfred Müllers, der sich die Posaune nahm und ein halbes Jahrhundert dabei blieb. Müllers spielte auch in den letzten 20 Jahren die Rolle als Bandleader – immer solide und korrekt, wie Szenekenner und Jazz-Experte Horst Pawlik betont.

Dass die Old Market Stompers in und um Mönchengladbach „schließlich zu einem Flaggschiff des Traditional Jazz wurden, ist nicht zuletzt Manfreds Verdienst“, sagt Pawlik. Die Band existiert mittlerweile aber praktisch nur noch auf dem Papier. „Die Jazzszene ist im Lauf der Jahrzehnte kontinuierlich überschaubarer geworden“, stellte Müllers 2016 fest, als das 50-jährige Bestehen „gefeiert“ wurde.

1958 waren es „so 30 bis 40 Jazzer“ gewesen, die sich am 26. September in der Künstlerkneipe „Kabuff“ beim Alten Markt trafen, um die Interessen-Gemeinschaft Amateurmusik Mönchengladbach (IGAM) zu gründen – aus der im Oktober 1966 die Old Market Stompers hervorgingen. Erste öffentliche Auftritte gab es im Jazzlokal „Bügeleisen“, dem Clublokal der Monkstown Jazz Society an der unteren Waldhausener Straße, und der legendären „Budike“ an der Turmstiege, die zum „Dicken Turm“ hinunterführt.

Nach über Jahrzehnte wechselnder Besetzung bestand die Band während der letzten Jahre aus Henk van Grinsven (Schlagzeug), Walter Cox (Bass), Jürgen Aschoff (Gitarre, Banjo, Gesang), Rolf Kannen (Trompete, Flügelhorn), Winfried Faust (Klarinette, Saxofon) und Manfred Müllers (Posaune). Auftritte gibt es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Dies hat vor allem zwei Ursachen: Es gibt immer weniger Jazzfreunde – Musiker sowie Publikum. „Wir sind alle älter geworden“, sagt Manfred Müllers. „Und der Nachwuchs im traditionellen Jazz fehlt überall.“ Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren gleich zwei beliebte Spielstätten weggefallen sind: das Gasthaus am Schmölderpark und der Gasthof Deuss in Korschenbroich-Pesch.

Der modernere Jazz hingegen – vornehmlich dargeboten von Profimusikern – ist auch in Mönchengladbach im Aufwind.

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