Kolumne Denkanstoß Was ist Heimat?

Mönchengladbach · Sie ist viel mehr als nostalgische Verklärung der Vergangenheit, findet unser Autor. Und auch nicht einfach ein Ort, an dem man aufgewachsen ist.

Kann nur ein Ort Heimat sein? Das fragt sich Pfarrer Stephan Dedring zum Jubiläum von NRW.

Kann nur ein Ort Heimat sein? Das fragt sich Pfarrer Stephan Dedring zum Jubiläum von NRW.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Nordrhein-Westfalen feiert 75. Geburtstag. Der nüchterne britische Verwaltungsakt zur Gründung eines neuen Bindestrich-Bundeslandes nach dem Krieg habe sich zu einer „sachlichen Romanze“ entwickelt, war in der RP zu lesen. Der erfolgreichste Slogan war früher „Wir in NRW“. Das „in“ war wichtig, also nicht Blut und Boden, sondern die Menschen, die immer wieder wechselnd an Rhein und Ruhr zusammenleben. „Wir haben sehr wohl Identität gefunden“ sagt der Erfinder des Slogans Bodo Hombach; und: „Das Urgefühl von Heimat, das ist doch nach wie vor da.“

Könnten wir so auch von der Bindestrich-Stadt Mönchengladbach (-Neuwerk, -Rheindahlen, -Rheydt, -Giesenkirchen, -Odenkirchen, -Wickrathberg, -Wanlo…) reden? Was ist unsere Identität? Was macht Heimat für uns aus? Heimat ist nicht einfach der Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Man kann auch an neuen Orten heimisch werden. Heimat ist Gabe und Aufgabe, denn man kann sich auch „verheimaten“. Heimat ist nicht nostalgische Verklärung der Vergangenheit oder der ländlichen Idylle wie in den „Heimatfilmen“ der 1950-er Jahre. Heimat ist auch eine Frage an die Stadt der Gegenwart. „Wir in Mönchengladbach“? Ich fühle Heimat in der Hauptkirche und bei so vielen netten und interessanten Menschen in der Stadt. Ist Heimat da, wo Menschen einander so annehmen, wie sie sind? „Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muss“ hat Johann Gottfried Herder am Ende des 18.Jahrhunderts gesagt. Ist für manche der Borussia-Park Heimat, auch wenn manchmal zu viele Gegentore fallen? Ich fühle Heimat in vertrauter Musik, die mir wichtig ist. Ist auch die Sprache der Mutter Heimat? Kann es mehrere „Heimaten“ geben?

„Heimat ist das, was die Stadt besonders macht“ hat OB Felix Heinrichs gerade eben bei der Verleihung des Heimatpreises 2021 gesagt. Und er meinte nicht Gebäude wie die Museen Abteiberg und Schloss Rheydt, sondern das „bunte Engagement“ derer, die anpacken und sich ehrenamtlich engagieren.

Heimat gelingt nicht gegeneinander, sondern nur miteinander. Nicht immer leidenschaftlich, sondern manchmal eben als „sachliche Romanze“. Heimat erleben zu lassen in der Vielfalt der Menschen in unserer Stadt bleibt Herausforderung und Aufgabe für alle Beteiligten.

Mitten im Durcheinander der Nachkriegszeit hat der erste Bundespräsident der Bundesrepublik, Theodor Heuss, seiner Frau geschrieben: „So bist du mir Heimat geworden“ - ganz unabhängig von Herkunft und Lebensort.

„Wir sind nur Gast auf Erden“, singen die Christen. Alles Heimatliche ist vorläufig. „Wir wandern ohne Ruh der ew’gen Heimat zu.“ Was bedeutet für Sie Heimat? Wie erleben Sie Heimatgefühle in unserer Stadt?

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