Kolumne Denkanstoß Ein dunkler Tannenbaum

Mönchengladbach · Bei unserem Autor bleibt der Weihnachtsbaum in diesem Jahr ohne Lichterkette. Nicht wegen des Energieverbrauchs, sondern aus Solidarität mit den Menschen, die in der Dunkelheit Schutz vor dem Krieg suchen.

 Der Weihnachtsbaum wird bei Albert Damblon in diesem Jahr ohne Licht auskommen. (Symbolbild)

Der Weihnachtsbaum wird bei Albert Damblon in diesem Jahr ohne Licht auskommen. (Symbolbild)

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Vielleicht denke ich zu früh darüber nach. Denn es ist zwar erst Mitte November, aber Weihnachten klopft bereits an die Tür. Die ersten Lichter leuchten wie gewohnt in den Straßen. Die Supermärkte bieten Lichterketten in vielen Variationen an. Wie in jedem Jahr leuchten sie verführerisch. Deshalb bin ich froh, dass die Citymanagements von Rheydt und Gladbach überlegt haben, wie in Zeiten von Energieknappheit mit der Weihnachtsbeleuchtung in Innenstädten umzugehen ist. Dagegen bin ich traurig, weil die Kunstaktion mit den kreativ gestalteten Leuchtkugeln auf der Hindenburgstraße abgesagt ist.

Mit den Impulsen im Hinterkopf überdachte ich mein eigenes Weihnachtsverhalten. Schweren Herzens habe ich mich entschieden, auf die Lichterkette an meinem Weihnachtsbaum zu verzichten. Er wird dunkel bleiben. Neben den Kerzen gehört das elektrische Licht an meinem Baum schon fast zur Tradition meiner Familie. Die Lichterketten strahlten immer ein vertrautes Licht aus. Die Gewohnheit wird in diesem Jahr unterbrochen. Dabei bin ich kein „Klimaaktivist“, obwohl ich es nach den unübersehbaren Fakten sein müsste. Mir geht es auch nicht um ein Energiesparen, das dringend nötig ist. Die LED-Lichterketten verbrauchen sowieso kaum Strom, behaupten viele. Ich kann es nicht beurteilen, weil mir die Daten fehlen.

Für mich wird der dunkle Baum zu einem Zeichen, an das ich in dieser Weihnachtszeit täglich erinnert werden möchte. Seit dem 24. Februar verfolgen mich im Fernsehen Bilder von brennenden Häusern und zerstörten Wohnungen. Weinende Menschen suchen ihre letzten Habseligkeiten unter den Trümmern. In engen Notunterkünften werden sie den Advent verbringen. Raketenangriffe zielen auf Kraftwerke, sodass in vielen Städten der Strom ausfällt und alles dunkel bleibt. Lichterketten sind dann überflüssig.

Die Solidarität mit den Menschen, die in der Dunkelheit Schutz vor dem Krieg suchen, verlangt die Verdunkelung bei uns. In Verbundenheit mit ihnen werde ich auf das gewohnte Licht am Weihnachtsbaum verzichten. Es fällt mir schwer, aber vielleicht sehne ich mich dann in der Christnacht umso mehr nach dem himmlischen Licht, das alle Menschen erleuchtet.

Albert Damblon ist Pfarrer im Ruhestand.

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