Mönchengladbach Vortrag von AfD-Professorin in Hochschule abgesagt

Mönchengladbach · Die Professorin und AfD-Kandidatin Karin Kaiser darf die Veranstaltung "Tod des Rechtsstaats" nun doch nicht in der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach abhalten. Das Präsidium sieht die politische Neutralität gefährdet.

Der Protest war groß, gestern folgte die Absage: Die umstrittene Veranstaltung "Tod des Rechtsstaats" der Professorin und AfD-Politikerin Karin Kaiser am 21. September darf nun doch nicht in den Räumen der Hochschule Niederrhein stattfinden. Das Präsidium der Hochschule hat die Genehmigung für die von Kaiser beantragte Raumnutzung am Mönchengladbacher Campus am Mittwoch widerrufen. Das teilte der Sprecher der Hochschule, Christian Sonntag, mit.

In der vergangenen Woche hatte die Wirtschaftsprüferin und Steuerrechtsexpertin, die an der Hochschule lehrt und für die AfD in ihrer Heimat Schleswig-Holstein für den Bundestag kandidiert, Einladungen an Parteien und weitere Organisationen zu der Veranstaltung verschickt. Darin war ein offener Brief enthalten, in dem sie die Parteien dazu auffordert, sich zu dem Thema ("Tod des Rechtsstaat -Gefahr für Freiheit und Demokratie") eindeutig zu positionieren, so dass Wähler eine klare Entscheidungsgrundlage hätten. Parteien und die Studentenvertretung Asta hatten das Präsidium daraufhin aufgerufen, die Veranstaltung nicht in einem Raum der Hochschule stattfinden zu lassen. Die Hochschule ist zu politischer Neutralität verpflichtet.

Das Präsidium hat inzwischen Zweifel daran, dass die Veranstaltung drei Tage vor der Bundestagswahl nicht parteipolitisch motiviert ist. "Frau Kaiser hat zum einen für ihre Veranstaltung einen anderen Titel gewählt. Sie hat außerdem zusammen mit ihrer Einladung der politischen Parteien Mönchengladbachs einen offenen Brief verfasst, der sich mit den vermeintlichen Mängeln unseres Rechtsstaates befasst, politische Forderungen aufstellt und nicht eindeutig von einer parteipolitischen Tätigkeit abzugrenzen ist", teilte die Hochschule mit. Angemeldet war das Forschungsprojekt laut Hochschule mit dem Titel "Der Wirtschaftsprüfer als Instrument zur Sicherung der Qualität der Rechtsprechung".

Außerdem habe Kaiser in einer Mail an unsere Redaktion, die die Professorin selbst offenbar an die Hochschule weitergeleitet hat, "ein klares politisches Ziel der Veranstaltung benannt", so die Hochschule: "Es soll ein Forderungskatalog erstellt werden, der in die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl aufgenommen werden soll. Damit hat Frau Kaiser die parteipolitische Motivation der Veranstaltung bestätigt." Hochschulpräsident Hans-Hennig von Grünberg wird in der Pressemitteilung zitiert mit den Worten: "Unsere Genehmigung des Antrags beruhte auf der Prämisse, die Freiheit von Forschung und Lehre zu schützen. Wie sich jetzt herausstellt, lagen uns bei Antragstellung nicht alle Informationen vor. Frau Kaiser hat zuletzt selbst erklärt, dass ihre Veranstaltung das Ziel verfolgt, einen politischen Forderungskatalog zu erstellen. Damit sehen wir unsere politische Neutralität, auf die wir gerade in Wahlkampfzeiten besonders achten müssen, gefährdet. Eine Hochschule darf nicht zu parteipolitischen Zwecken missbraucht werden."

Kaiser hatte betont, die Veranstaltung sei überparteilich und stehe "in keinem Zusammenhang mit meinem Platz 8 auf der AfD-Landesliste Schleswig-Holstein für den Deutschen Bundestag". In einer Stellungnahme an unsere Redaktion erklärt sie ihr Forschungsvorhaben, mit dem sie sich seit 2004 befasst. Sie zweifelt darin die Unabhängigkeit der Justiz von der Exekutive an. "Ich habe die Veranstaltung zum einen deshalb vor der Bundestagswahl geplant, um damit ein sehr wichtiges Thema in einer Zeit in die öffentliche Debatte einzubringen, in der verstärkt diskutiert wird. Zum anderen sollte die Veranstaltung auch deshalb vor der Bundestagswahl stattfinden, weil im Rahmen der dann folgenden Koalitionsverhandlungen die Möglichkeit besteht, das Thema Probleme des Rechtsstaats und Lösungen in den Koalitionsvertrag mit aufzunehmen."

Auf Basis der Diskussion sowie des offenen Briefes solle ein Forderungskatalog erarbeitet werden, der den Parteien in den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl mitgegeben wird - wenn auch nicht vollständig an diesem Abend. "Ich würde mich aber sehr freuen, wenn es gelingen könnte, auf dem neutralen Boden der Hochschule mit der gebotenen Ruhe, trotz der Dringlichkeit des Themas, in einen sachlichen Diskurs mit möglichst vielen der eingeladenen Gruppen einzutreten." Eingeladen wurden unter anderem Parteien, Richter, Staatsanwälte, der Verein gegen Rechtsmissbrauch, Amnesty International, Transparency International, BVMW und die Evangelische Kirchengemeinde Rheydt.

(RP)
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