Vortrag beim Wissenschaftlichen Verein Zum Lachen braucht der Mensch das Kitzeln

Mönchengladbach · Der Wissenschaftliche Verein hatte zum Vortrag ins Haus Erholung eingeladen und dafür einen der führenden Humorforscher Deutschlands gewinnen können: Rainer Stollmann erklärt, wie das Lachen „erfunden“ wurde.

 Humorforscher Rainer Stollmann sprach in seinem Vortrag beim Wissenschaftlichen Verein über das Lachen.

Humorforscher Rainer Stollmann sprach in seinem Vortrag beim Wissenschaftlichen Verein über das Lachen.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Gerade in der Karnevalszeit haben viele Narren auf so mancher Sitzung herzhaft gelacht – sich ausgeschüttet vor Lachen, sich vor Lachen gekringelt, sich die Schenkel geklopft. Wenn der Mensch lacht, werden 50 Gesichtsmuskeln und insgesamt 80 Muskeln im ganzen Körper angespannt. Der größte Muskel, der beteiligt ist, ist das Zwerchfell, er gerät unkontrolliert ins Flattern. Und nach mehreren heftigen Lachanfällen, kann es auch schon einmal Muskelkater geben. Rainer Stollmann, führender Humorforscher in Deutschland, widmete sich dem Lachen in seinem Vortrag „Lachen und Humor, aber mal ernsthaft“ beim Wissenschaftlichen Verein im Haus Erholung wissenschaftlich.

Anhand einiger Fragen leitet Stollmann durch seinen Vortrag und geht evolutionsgeschichtlich an die Sache heran: Wie alt ist das Lachen? Er nähert sich einer Antwort, indem er zu den Entwicklungsstadien des Kindes eine Parallele zieht: Das Lachen entwickelt sich zusammen mit dem Krabbeln um den sechsten Monat. Evolutionsgeschichtlich bedeute dies, dass das Lachen vor dem „aufrechten Gang“ und vor der Sprache entstanden sein müsse, also vor mehr als fünf Millionen Jahren.

Stollmann differenziert ausdrücklich das Lachen vom Lächeln. Das Lächeln sei ein Reflex, eine Muskelkontraktion der Gesichtsmuskeln, den schon Neugeborene zeigen. Lachen ist eine Körperreaktion, die hauptsächlich vom Zwerchfell ausgelöst werde und damit den ganzen Körper in Bewegung bringe, wie beim Krabbeln. Dass sich Formulierungen wie „vor Lachen krümmen“ oder „sich vor Lachen schütteln“ entwickelten, stehe damit in Zusammenhang.

„Wie ist das Lachen ,erfunden‘ worden?“, ist die nächste Frage. Stollmanns Kernhypothese dazu: kein Lachen ohne Kitzeln. Gekitzelt werden kann körperlich, sozial oder auch sprachlich. Loriot kitzele die „soziale Haut“, Sprachakrobat Heinz Erhard die „Sprachhaut“. Lachen sei – auch im übertragenen Sinne – eine Entlastungsreaktion. Theodor Adorno hat es so ausgedrückt: „Lachen ertönt dann, wenn eine Angst vergeht.“ Das sei auch beim körperlichen Kitzeln so. Weil Stollmann das Kitzeln als „Scheinangriff mit sanfter Aggression“ bezeichnet, der abgewehrt werden möchte, löse er ein Lachen aus. Dieses Verhalten sei in engen Beziehungen, besonders zwischen Eltern und ihren Kindern typisch: 80 Prozent der Eltern würden ihre Kinder kitzeln, um sie zum Lachen zu bringen. Jane Goodall, Verhaltensforscherin, habe sogar bei Affen beobachtet, dass Affenmütter ihre Babys kitzeln. Kitzeln jeder Art sei also der Auslöser fürs Lachen. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema – gelacht wurde kaum.

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