Kolumne Denkanstoß Vier Wochen fasten vor Weihnachten?

Mönchengladbach · Die Aktion „7 Wochen ohne“ vor Ostern findet viele Anhänger. Auch in der Adventszeit könnte man über das Fasten nachdenken.

 Der Adventskranz mit brennenden Kerzen. Was wäre, wenn man in den Wochen vor dem Fest auf viele Dinge verzichten würde, merkt unser Autor an.

Der Adventskranz mit brennenden Kerzen. Was wäre, wenn man in den Wochen vor dem Fest auf viele Dinge verzichten würde, merkt unser Autor an.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Mit meinen Konfirmanden habe ich in der vergangenen Woche das Thema Kirchenjahr durchgenommen. Für viele aus der Gruppe war es neu, dass der 1. Advent der Beginn des Kirchenjahres ist und nicht, wie man denken könnte, der 1. Januar. Neu war für alle, dass die Adventszeit früher eine Fastenzeit gewesen ist – parallel zur Passionszeit vor Ostern - daher auch die Farbe lila als Farbe der Vorbereitung und der Buße.

Viele kennen inzwischen die Aktion „7 Wochen ohne“: In der Zeit vor Ostern wird auf etwas bewusst verzichtet: Auf Süßes, Alkohol, Handy oder auf Fernsehen. Diese Aktion ist bereits bei vielen zu einer guten Gewohnheit geworden.

Aber wie wäre es, wenn es heißen würde: „Vier Wochen ohne – vor Weihnachten“? Das wäre sicher eine große Umstellung für viele. Denn Dominosteine, Lebkuchen oder Spekulatius gehören zur Adventszeit für die meisten einfach mit dazu. Darauf zu verzichten, wäre sicherlich schwer. Auf der anderen Seite stoßen sich viele daran, dass bereits seit dem Sommer Weihnachtsleckereien in den Regalen stehen. Sind dann die Feiertage vorbei, liegen auch schon die Kracher für Silvester parat. Ein Fest jagt inzwischen das andere. Man kann sich jederzeit bedienen und vor allem viel Geld ausgeben.

Wäre da die Idee eines Fastens in der Adventszeit gar nicht so schlecht? Würde sie uns helfen, unsere Gedanken neu zu sortieren und vor allem einmal zu überlegen, was das Eigentliche der Adventszeit bedeutet? Nämlich die Ankunft Jesu. Die Adventszeit ist die Zeit der Vorbereitung auf das Kommen Christi. Mit jedem Türchen im Adventskalender kommen wir dem Ziel näher: Der Geburt Jesu im Stall von Bethlehem. Dies ist das größte Abenteuer der Menschheitsgeschichte, denn Gott kommt auf unsere Welt: Klein, schutzbedürftig und in Windeln gewickelt. Bedroht, weil König Herodes Jesus als seinen Konkurrenten betrachtete und ihn daher ausschalten wollte. Die Eltern waren nicht reich, sondern normale Bürger wie Du und ich. Jesus wurde nicht in einem Palast geboren. Es musste ein Stall sein. Der König der Könige lag in einer Krippe neben Ochs und Esel und nicht in einem warmen Bett. Und doch ist dieses Kind der Retter der Welt. Man könnte ergänzen: Gerade dieses Kind ist der Retter der Welt. Denn wäre es abgeschirmt in einem Schloss zur Welt gekommen, dann hätten ihn die Hirten auf dem Felde und die Sterndeuter aus dem Morgenland nicht sehen können. So war das Jesuskind sozusagen ein Baby zum Anfassen. Und genauso wollte es Gott: Er wollte zu uns kommen, um zu wissen, wie wir Menschen fühlen, denken und handeln. Er wollte mit uns lachen und weinen, mit uns feiern und trauern. Er wollte ganz auf unserer Seite sein. Einer von uns. Und doch war er Gottes Sohn, unser Retter und Erlöser von Sünde und Schuld. Das ist der wahre Advent, die Zeit der Vorbereitung auf dieses wunderbare Geschehen: Gott kommt zu uns. Da können wir nur staunen und uns freuen, dass Gott uns so sehr liebt.

Martin Gohlke (54) ist Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Wickrathberg. Er hält am Sonntag, 8. Dezember, 10 Uhr, seinen Abschiedsgottesdienst im Gemeindezentrum Wickrath, Denhardstraße 21.

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