Tausende feiern in Mönchengladbach Ein Stadtschützenfest mit ganz viel Herz

Mönchengladbach · Ein König mit Gefolge außer sich vor Jubel, Lebkuchen-Herzen von der Geistlichkeit, Konfetti-Herzen bei der Parade: Das Stadtschützenfest 2022 bot viele Emotionen. Tausende Schützen, Musiker und Besucher feierten Tage der Freude.

Fotos vom Stadtschützenfest 2022 in Mönchengladbach - Parade, König, Krönung
36 Bilder

So war das Stadtschützenfest 2022 in Mönchengladbach

36 Bilder
Foto: Andreas Gruhn

Wenn Gladbachs Schützen es krachen lassen, dann regnet es rote Herzen: Aus Konfetti-Kanonen abgefeuert, rieselten die Symbole der Liebe aus Papier auf die Besucher der Parade. Schon bei der Krönungsmesse im Münster hatte der Bruderrat Lebkuchenherzen in den Landesfarben der Ukraine und dem Leitwort der Messe „Du bist ein Wunder“ an die fünf Zelebranten verteilt – und die gaben diese weiter. Wenn man sich drei Jahre nicht beim Stadtschützenfest gesehen hat, kann man sich schließlich ruhig einmal sagen, dass man sich eigentlich ganz gern hat. Schützen, Freunde des Brauchtums, Gäste, Musiker – 20.000 feierten am ganzen Wochenende in der Gladbacher Innenstadt ein Stadtschützenfest mit vielen Emotionen.

Für den schönsten Freudenausbruch sorgte der neue Bezirkskönig am Samstag beim Vogelschuss: Es dauerte nur ein paar Sekundenbruchteile, bis sich die Welt für Marc Winkens auf einmal änderte. Es war der 86. Schuss, als der Vogel fiel, da schrie der 35-Jährige seine Freude heraus. Winkens war nicht zu halten, lief mit weit aufgerissenen Augen zu seiner Familie, zu seinen Schützenfreunden. „Jaaaaaaa, Mannnnnn!“ entwich es ihm und seinen Freunden, als sich eine jubelnde Menschentraube um ihn schloss. Marc Winkens ist neuer Bezirkskönig der Schützen in Mönchengladbach, Rheydt und Korschenbroich. „Fantastisch, das lässt uns hoffen auf eine wunderbare Amtszeit“, sagte Bezirksbundesmeister Horst Thoren, als Oberbürgermeister Felix Heinrichs beim Empfang am Sonntag die neue Majestät mit seinem Orden auszeichnete.

Winkens, König der St. Konrad Bruderschaft Ohler-Ohlerfeld, setzte sich gegen sieben Mitbewerber durch. Zwei von ihnen sind nun seine Minister: Udo Nösen (61), König der St. Michael Bruderschaft Holt, und Christoph Fels (42), König der St. Barbara Bruderschaft Neuwerk. Winkens war überwältigt: „König im Dorf zu sein ist schon extrem groß, aber Bezirkskönig ist der Wahnsinn.“

Niemand wird sagen können, dass es den Falschen getroffen hätte. „Mein Brudermeister ist hier, meine Freunde aus dem Jägerzug, meine Familie, mein Onkel, meine Mutter“, sagte der Industriemechaniker. Und das Wichtigste: Seine Frau Manuela Winkens (42) und sein Sohn Marvin (feierte am Festsonntag seinen 14. Geburtstag) waren dabei und gratulierten ihm als eine der Ersten. „Das ist einfach Gänsehaut“, sagte Winkens. „Ich bin nur froh und dankbar.“ Achim Reiermann, Präsident der St. Konrad Bruderschaft Ohler-Ohlerfeld, war mächtig stolz auf den Bezirkskönig aus seinen Reihen: „Er war vorher nervös wie der Teufel, jetzt ist es einfach nur große Freude. Die ganze Bruderschaft hat mitgefiebert.“

Stadtschützenfest 2022 in Mönchengladbach: Fotos vom Vogelschuss mit Jubel
19 Bilder

Großer Jubel beim Stadtschützenfest - die Bidler vom Vogelschuss

19 Bilder
Foto: Andreas Gruhn

Am Sonntag nahm Winkens dann mit Ministern die Parade ab. Mit 2501 Schützen, wie General Lothar Erbers verkündete und damit Oberbürgermeister Felix Heinrichs um Genehmigung der Parade bat. Jürgen Zimmermanns, Kommandant beim Großen Zapfenstreich, hatte da offenbar noch einmal genauer nachgezählt und verkündete dem neuen Bezirkskönig: „22.536 Schützen sind angetreten zu Ihren Ehren.“ Einer mehr oder weniger, wie Winkens gelassen sagte – er nahm die Parade der sieben Regimenter ab, assistiert von Sonnenkönig Ludwig XIV. (Michael Schroeren), der zu seinen Füßen auf einem goldenen Sessel in Ermangelung eines Throns Platz nahm. „Die Krönung und der Zapfenstreich waren bewegende Momente“, sagte die neue Majestät und zog mit Schützen, Kapellen und Brauchtumsfreunden weiter zum Sonnenhausplatz, wo am Sonntag Abend noch mit der Band Boore gefeiert wurde. Bei der Krönungsmesse sagte Schützen-Chef Thoren: „Das Stadtschützenfest soll keine Wunder möglich machen. Zwei wunderbare Worte sind grundlegend für unser freies, frohes und friedliches Fest: Freude und Freundschaft.“

Das Stadtschützenfest wird aber nicht nur wegen des Königs Spuren hinterlassen: An zwei Stellen sollen Schützenampeln installiert werden – Fußgängerampeln mit Schützenmännchen. Der Aufwand ist gering, die Idee kam von Schützen-Chef Horst Thoren. OB Felix Heinrichs und Ordnungsdezernent Matthias Engel signalisierten Bereitschaft, das auf den Weg zu bringen. Die Lichtzeichen sollen am Alten Markt und am Geroweiher eingebaut werden und im Idealfall bis zum Fest am Dicken Turm 2023 Fußgängern Rot oder Grün anzeigen. „Wir wären ja nicht die Stadtverwaltung, wenn so etwas in Mönchengladbach nicht in wenigen Stunden geprüft worden wäre“, sagte Oberbürgermeister Felix Heinrichs.

Mönchengladbach soll eine Schützenampel bekommen – am Alten Markt und vor der Brauerei Jöris. Diese Bitte gab Schützen-Chef Horst Thoren schon am Donnerstag beim Silberputz Ordnungsdezernent Matthias Engel mit auf den Weg, ob die notwendigen Formulare denn bis Sonntag vielleicht schon fertig sein könnten. Das waren sie, und zwar noch mehr: „Der Antrag ist geschrieben, er muss nur noch von Horst Thoren unterschrieben werden“, verkündete Engel beim Empfang im Rathaus Abtei. „Eine Bürgeranregung kann aber nur noch jemandem gestellt werden, der in Mönchengladbach wohnt. Also muss Korschenbroich entweder eingemeindet werden, oder aber Horst Thoren braucht einen Wohnsitz in Mönchengladbach. Die Ummeldung haben wir auch schon vorbereitet.“ Die Lösung hatte Horst Thoren gleich bereit: „Ich wohne gerne in Korschenbroich, aber ich habe doch einen ,Wohnsitz‘ in Mönchengladbach – in der Schützenfeste Dicker Turm.“

Das Schützenbrauchtum ist international – so war auch am Sonntag das Europakönigspaar von 2021, Leo und Irma Niessen mit ihrem Adjutant Fred van Hal von der Gilde Sint Martinus Linne (Niederlande), zu Gast. Sie waren aber nicht die einzigen Freunde aus dem Nachbarland: 50 Jahre sind Mönchengladbach und Roermond Partnerstädte, und so war auch eine Delegation aus der 40 Kilometer entfernten niederländischen Stadt zu Gast. Der stellvertretende Bürgermeister Vincent Zwijnenberg, Jos Vervuurt (Raadsgriffier, eine Art oberster Beamter der Gemeinde) und seine Frau Anne-Marie Vervuurt bekamen Mönchengladbacher Stadtwappen von OB Felix Heinrichs. „Wunderbar hier“, sagte Vervuurt. „Wir genießen den Tag sehr. In Roermond haben wir auch viele Schützenvereine. Aber hier gefällt mir besonders, dass es so viele junge Schützen gibt.“

Die ersten Schüsse beim Vogelschuss auf dem Sonnenhausplatz am Samstag gaben die Promis der Stadt ab. Sie legten auf die Ehrenscheibe an. Es hätte wohl keinen besseren Sieger geben können: Polizeihauptkommissar Michael Mertens, der „Altstadt-Sheriff“, gewann das Ehrenscheibenschießen. Er ist ein großer Freund der Schützen und hat seinen Eintritt in den Ruhestand extra fürs Stadtschützenfest verschoben. Am Festsonntag hatte er nun seinen letzten Tag im Dienst. Als Schützen-Chef Horst Thoren ihm die Siegerscheibe überreichen wollte, erwischte er aber zunächst den falschen Michael, und zwar Michael Schroeren. Schroeren bekam zunächst die Siegerscheibe, bis der Fehler auffiel. Der Zufall erwies sich aber als glücklich: Weil Michael Mertens gerade im Einsatz war, nahm Schroeren die Siegerscheibe in Vertretung an sich und reichte sie später an Mertens weiter. Der hatte dann am Sonntag noch einen großen Auftritt: Nach der Parade legte er seine Polizeiuniform ab und kam in Schützenuniform aus seiner Heimatstadt Viersen – und feierte als Pensionär mit.

Beim Stadtschützenfest 2022 regnet es rote Herzen aus Konfetti-Kanonen.

Beim Stadtschützenfest 2022 regnet es rote Herzen aus Konfetti-Kanonen.

Foto: Andreas Gruhn

Ein besonderes Erinnerungsfoto machte am Sonntag Ex-Oberbürgermeister Norbert Bude, der als Kurfürst Jan Wellem auftrat. Er fuhr vom Schminken in Neuss mit Barbara Gersmann über die A 46, und war „ein kleines My zu schnell“ – da blitzte es. Auf dem Blitzerfoto wird Bude nun in voller Verkleidung als Kurfürst zu sehen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort