Neue Broschüre in Mönchengladbach Stadt erklärt Verhalten bei Atomunfall

MÖNCHENGLADBACH · Was tun, wenn es im Kernkraftwerk Tihange zu einer Katastrophe kommen sollte? Antworten gibt eine neue Broschüre der Stadtverwaltung. Sie liefert Verhaltenstipps und Informationen – von Sirenenalarm bis Jod-Einnahme.

  Das Atomkraftwerk im belgischen Tihange

Das Atomkraftwerk im belgischen Tihange

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Broschüre ist 24 Seiten stark und laut Stadtverwaltung ab sofort in gedruckter Form beim Bürgerservice im Vitus Center, Rathaus Rheydt, im Verwaltungsgebäude Oberstadt an der Aachener Straße und in allen Bezirksverwaltungsstellen erhältlich. Online ist sie unter www.moenchengladbach.de/de/aktuell-aktiv/notfallmg/ abrufbar.

Um welches Atomkraftwerk geht es? Das Kernkraftwerk Tihange steht nahe der belgischen Stadt Huy zwischen Lüttich und Namur. Dort wird in drei Reaktorblöcken Strom erzeugt. Tihange I stammt aus dem Jahr 1975 und sollte ursprünglich 2015 abgeschaltet werden, doch die belgische Regierung hat 2012 eine längere Laufzeit bis 2025 genehmigt.

Was ist das Problem? Die Reaktorbehälter I und II weisen Tausende feine Risse auf, sagt die Stadtverwaltung. Und: „Der Reaktor liegt etwas mehr als 100 Kilometer von Mönchengladbach entfernt, dennoch wäre im Fall eines folgenschweren Reaktorunglücks bei der typischen Südwestwindlage mit Auswirkungen in unserer Region zu rechnen.“ Der Stadtrat hat daher im Juni 2015 die sofortige und dauerhafte Abschaltung von Tihange gefordert.

Wann kann es für Mönchengladbacher gefährlich werden? Störfälle und Unfälle in Atomkraftwerken werden nach einer von der Internationalen Atomenergiebehörde entwickelten siebenstufigen Skala klassifiziert. Bei einem katastrophalen Unfall der höchsten Stufe könnten auch in der Region Mönchengladbach „Gegenmaßnahmen erforderlich werden“, allerdings „örtlich begrenzt je nach Windrichtung“, heißt es in der Broschüre.

Wie erfahren die Mönchengladbacher von einem Katastrophenfall? Ein einminütiger, auf- und abschwellender Warnton der im Stadtgebiet verteilten Sirenen bedeutet: Warnung! Ein einminütiger Dauerton gibt Entwarnung. Durchsagen der Radiosender in der Region sollen ebenfalls informieren. Die Warn-App Nina (Notfall- Informations- und Nachrichten-App) liefert Hinweise zu Gefahren und Verhaltensregeln unmittelbar von der Feuerwehr auf das Mobiltelefon. Unter Umständen sind Lautsprecherwagen unterwegs.

Wo gibt es Auskunft im Ernstfall? Es soll eine Krisenhotline unter der Rufnummer 02161 2554321 geschaltet sein. Über ein Auswahlmenü können Bürger allgemeine Informationen einer Bandansage abrufen und spezielle Anfragen an ein Bürgertelefon stellen. „Darüber hinaus werden Informationen kontinuierlich auf der Seite www.notfallMG.de aktualisiert“, verspricht die Stadt.

Was ist zu unterlassen? Damit die Rettungskräfte nicht behindert werden, appelliert die Stadt: „Die Notrufnummern der Feuerwehr (112) oder der Polizei (110) sind im Notfall wichtig für die Arbeit der Einsatzkräfte. Rufen Sie zum Erhalt von Informationen bitte nicht diese Nummern oder die Katastrophenschutzbehörden an. Sie erschweren durch das Belegen dieser Rufnummern die Arbeit der Einsatzkräfte und blockieren damit diese Telefonverbindungen für wichtige Notrufe.“

Wie sollte man sich im Krisenfall verhalten? Die Broschüre nennt eine Reihe von Regeln, unter anderem: „Schließen Sie Fenster und Türen dicht, schalten Sie Lüftungs- und Klimaanlagen aus! Suchen Sie möglichst Kellerräume oder innenliegende Räume auf, achten Sie dabei auf ausreichenden Radioempfang! Helfen Sie bitte auch anderen Menschen, insbesondere Ihren Nachbarn und Mitbürgern mit Sprachverständnisschwierigkeiten in Ihrem Haus! Bleiben Sie im Haus! Gehen Sie nur ins Freie, wenn es unbedingt notwendig ist, halten Sie dabei den Aufenthalt so kurz wie möglich. Das gilt insbesondere bei Regen!“ Eltern bittet die Stadt, folgende Regel zu beachten: „Holen Sie Ihre Kinder nur dann aus Schulen und Kindergärten ab, wenn Sie hierzu ausdrücklich über Medien wie Rundfunk-, Lautsprecherdurchsagen oder über die Nina-App aufgefordert werden.“

 Jodtabletten sollen helfen, die Folgen einer Strahlenbelastung für den Körper zu mindern. 

Jodtabletten sollen helfen, die Folgen einer Strahlenbelastung für den Körper zu mindern. 

Foto: Christoph Reichwein (crei)/Reichwein, Christoph (crei)

Wie kann man sich auf den Ernstfall vorbereiten? Die Stadt rät, einen Nahrungsmittelvorrat für 14 Tage anzulegen. Vor radioaktivem Staub sollen Atemschutzmasken der Klasse FFP3 schützen. Diese sind laut Stadt im Handel zu kaufen. Jodtabletten sollen helfen, die Folgen einer Strahlenbelastung für den Körper zu mindern. Für Menschen ab 46 Jahren ist allerdings keine Jod-Einnahme empfohlen. Tabletten sind in Apotheken rezeptfrei erhältlich. Die Stadt empfiehlt Kaliumiodidtabletten der Firma G.L. Pharma GmbH. Sie rät allerdings nachdrücklich, die Tabletten erst einzunehmen, wenn die Katastrophenschutzbehörde dazu auffordert. Die Stadt hat selbst einen Jodtabletten-Vorrat angelegt. Der wird an insgesamt 37 Stellen an die Bevölkerung ausgegeben, sofern ein Krisenstab es für nötig erachtet.

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