Das Prager Eltern-Kind-Programm (PEKiP) Vergleichen ist das Ende des Glücks
Mönchengladbach · Das Prager Eltern-Kind-Programm (PEKiP) setzt auf individuelle Entwicklungsbegleitung in der Gruppe. Die PEKiP-Gruppen in Mönchengladbach sind sehr gefragt. Bald beginnt eine Kursleiter-Ausbildung.
Jacob krabbelt über die Spiegelfolie am Boden. Interessiert schaut er auf sein Spiegelbild. „Zu Hause begrüßt er auch immer das Baby im Spiegel“, sagt seine Mutter und lacht. Jacob ist sieben Monate alt und schon sehr beweglich. Die kleine Greta neben ihm beobachtet ihn aufmerksam und patscht nach seinen nackten Beinchen. „Wenn wir nach der PEKiP-Gruppe nach Hause kommen, schläft Greta erst mal, aber später merke ich, dass sie mehr ausprobiert als sonst“, sagt Gretas Mutter. Das Zusammensein mit den anderen Babys wirkt anregend.
Die Kinder in der Gruppe sind alle in etwa im gleichen Alter, das gehört zum Konzept. Aber ihr Entwicklungsstand ist unterschiedlich, so individuell wie die Kinder. „Ich erkläre zu Beginn einer PEKiP-Gruppe immer, dass Entwicklungsunterschiede absolut normal sind“, sagt Kursleiterin Maria Czimek. „Wir freuen uns gemeinsam, wenn sich ein Baby zum ersten Mal vom Rücken auf den Bauch drehen kann oder wenn eins zu krabbeln beginnt. Egal zu welchem Zeitpunkt das passiert.“
Das Prager Eltern-Kind-Programm, kurz PEKiP genannt, wurde in den 1970er Jahren vom Prager Psychologen Jaroslav Koch entwickelt und später in Deutschland weiter ausgebaut. „PEKiP ist individuelle Entwicklungsbegleitung in der Gruppe“, erklärt Anne Bleumer, bei der Familienbildungsstätte (FBS) Mönchengladbach für die PEKiP-Gruppen zuständig und selbst jahrelang Kursleiterin. „Das ist eine herausfordernde Aufgabe.“ Denn es geht nicht um Leistungsdruck und das Vergleichen, sondern darum, den Eltern das genaue Hinsehen nahe zu bringen. „Wir schauen immer sehr auf die Grobmotorik, aber vielleicht ist ein Kind, das noch nicht krabbelt, gerade mit anderen Dingen beschäftigt“, sagt Bleumer und zitiert Kierkegaard: „Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“. Zum PEKiP-Konzept gehört es, dass die Kinder frei spielen und sich bewegen. Auf Kleidung wird weitgehend verzichtet. „Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan“, sagt Kursleiterin Maria Czimek. „Über die Haut nehmen die Babys sehr viel wahr.“ Deswegen setzt sie zum Beispiel Tastfliesen ein, die weich, hart, glatt oder rau sind. Den Babys gefällt es erkennbar, ohne Kleidung unterwegs zu sein. Der Raum ist angenehm warm und nichts behindert sie beim Erkunden der Umgebung. „Man merkt, dass sich die Kinder nackt wohl fühlen“, sagt auch Jacobs Mutter Julia.
Die PEKiP-Gruppen sind für Kinder bis zu einem Jahr ausgelegt. Je nach Alter kommen unterschiedliche Elemente ins Spiel: Diesmal sind es Spiegel, wenn die Kinder etwas älter sind, kommen zum Beispiel Polster dazu, die zum Klettern anregen. Oder ein Bällebad, wenn sie sitzen können. Gemeinsame Sing- und Bewegungsspiele leiten die Stunden ein und beenden sie. Die Babys genießen es, von den Müttern geschaukelt und im Liedrhythmus hin und her bewegt zu werden. Und sie freuen sich über die Gegenwart der anderen Kinder. „Babys orientieren sich aneinander und versuchen, Dinge nachzumachen“, erklärt Anne Bleumer.
Die PEKiP-Kurse der FBS sind sehr gut nachgefragt. Es laufen zwölf Kurse parallel, die alle voll belegt sind. Es könnten sogar noch mehr sein. „Wir suchen dringend Kursleiterinnen, die PEKiP-Kurse anbieten“, sagt Bleumer. Deshalb beginnt jetzt im Mai eine Fortbildung zur PEKiP-Kursleitung, die sechs Wochenenden umfasst und sich an Sozial-, Heil- und Kinderpädagogen sowie Erzieherinnen wendet. „PEKiP-Leiter werden bundesweit gesucht“, erklärt Bleumer. Allerdings ist die Fortbildung kostenpflichtig, kann aber bezuschusst werden, wenn anschließend PEKiP-Kurse bei der FBS angeboten werden.