Der Verbraucherschützer in Mönchengladbach Vom Kunden zum König

Mönchengladbach · Viele Verbraucher machen dieselbe Erfahrung: Wie werden als König umworben, bis die Unterschrift unter dem Kaufvertrag getrocknet ist. Dann beginnen die Probleme, weiß unser Autor und Kolumnist Sebastian Dreyer.

 In vielen Unternehmen ist der Kundenservice im Callcenter nur schwer erreichbar.

In vielen Unternehmen ist der Kundenservice im Callcenter nur schwer erreichbar.

Foto: Christoph Reichwein (crei)/Reichwein, Christoph (crei)

Zwei Zahlen schwirren mir als Verbraucherschützer in diesen Tagen durch den Kopf: 25.000 und 12.500. An rund 25.000 Kunden verschickte unser lokaler Gasversorger NEW falsche Abrechnungen und glänzte danach durch holprige Kommunikation und schlechte Erreichbarkeit. Und 12.500 Kunden alleine der Sparkasse Krefeld müssen zudem in den nächsten Monaten mit der Kündigung ihrer Prämiensparverträge rechnen – ob sie wollen oder nicht. In beiden Fällen häufen sich die Beschwerden der Verbraucher.

Viele Verbraucher teilen die Erfahrung, dass sie nur so lange „König“ sind und umworben werden, solange die Unterschrift unter dem Vertrag noch nicht trocken ist. Haben sie erst einmal den Handyvertrag abgeschlossen, ist ein anderer „Kundenservice“ für sie zuständig. Leider landen sie dort dann regelmäßig in der Warteschlange oder dürfen sich mit einem Chat-Roboter unterhalten. Oder haben Sie schon einmal versucht, ein verschwundenes Paket bei DHL zu reklamieren? Ich habe es gewagt und schließlich aufgegeben. Für solche Fälle hat die Verbraucherzentrale die Seite „www.post-aerger.de“ ins Leben gerufen.

Viele Kunden dringen mit ihren Problemen und Reklamationen kaum zum Kundenservice durch und suchen daher unsere Beratung auf. Dabei sind Vertrauen und Kundenorientierung Werte, die maßgeblich zur Kundenbindung beitragen. Eine Kundenbeziehung ist eine Beziehung, die gepflegt werden will. Wie man das Vertrauen nachhaltig beeinträchtigt, hat in den vergangenen Jahren VW gezeigt. Der Dieselabgasskandal lässt grüßen. Noch so eine Zahl: Knapp 470.000 unzufriedene Kunden haben sich der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale angeschlossen.

Doch Sie müssen nicht immer klagen.  Sie haben es ja in der Hand, mit wem Sie Verträge schließen, wo Sie Ihren Strom beziehen oder einen Sparvertrag abschließen. Machen Sie die Wahl Ihrer Vertragspartner nicht nur vom Preis abhängig und wenn Sie unzufrieden sind, dann wechseln Sie! Dies ist häufig einfacher als man denkt. Und vielleicht führt dies ja dazu, dass bei manchem Unternehmer ein Umdenken einsetzt. Wer wechselt gewinnt. Günstige Angebote gibt es häufig nur für die Wechselwilligen. Das gilt sowohl für den Preis als auch die Konditionen.

Mit jedem Einkauf schließen Sie zudem nicht nur einen Vertrag ab, Sie treffen auch eine Wertentscheidung. Bewusstes Einkaufen sollte daher mehr berücksichtigen als den Preis. So spielen Kundenservice, Qualität, Klimaschutz und Nachhaltigkeit für viele Kunden heute eine immer wichtigere Rolle.

Deshalb sind es auch gute Nachrichten, wenn das Bundesjustizministerium jetzt plant, die Laufzeit von Handy-Verträgen und anderen Dauerschuldverhältnissen auf ein Jahr zu begrenzen. Für Sie als Verbraucher erhöht sich die Wahlfreiheit und Unternehmen müssen mehr in die Qualität ihrer Produkte und die Beziehungspflege investieren, damit der Kunde bleibt.

Sebastian Dreyer ist Rechtsanwalt und Leiter der Verbraucherberatung Mönchengladbach.

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