Start-up-Nacht Diese Trends setzt Gladbachs Textil-Branche

Mönchengladbach · Bei der Textil-Start-up-Nacht in der Textilakademie präsentierten sich Gründer mit ihren Geschäftsideen und zeigten Innovationen, die nicht nur etwas mit Kleidung zu tun haben. Ein wichtiger Trend: die Abkehr von der Globalisierung.

Diese Gründer lieferten sich einen Wettbewerb um die beste Geschäftsidee mit dem Sieger Bernd Wacker von „eco-softfibre“ (Mitte). 

Diese Gründer lieferten sich einen Wettbewerb um die beste Geschäftsidee mit dem Sieger Bernd Wacker von „eco-softfibre“ (Mitte). 

Foto: digihub / Paint the Town

Mit einer Idee zur Herstellung eines ökologisch abbaubaren Weichschaumstoffes überzeugte Bernd Wacker beim Wettbewerb für Gründer im Rahmen der ersten „TexTech Start-up Night“ in der Textilakademie an der Rheydter Straße. Der Unternehmer aus Görlitz nutzt Naturfasern, die bisher als Abfall entsorgt wurden, um daraus einen Schaumstoff herzustellen, der dem künstlichen Polyuretahn-Schaumstoff ebenbürtig, aber nicht umweltschädlich ist und auch nicht für Mikroplastik sorgt. „Ein Chemiker wäre nicht auf die Idee gekommen“, meint der Elektroingenieur, der 2021 das Start-up „eco-softfibre“ gegründet hat und selbstbewusst erklärt: „Wir werden ein Dax-Konzern.“

Im Wettbewerb setzte sich das Unternehmen gegen vier andere Kandidaten durch, die ihre neuen Ideen im Bereich der Textilbranche bei dieser Premieren-Veranstaltung vorstellten. Da ging es von der Wiederverwertung abgelegter Kleidung, die zu neuen Dingen wird, bis hin zu einer Veränderung der Lieferketten und der Herstellungsmethoden, die es ermöglichen sollen, dass Textilien in Europa kostengünstig produziert werden können.

Die „TexTech Start-up Night“ ist eine gemeinsame Idee des digihub Düsseldorf/Rheinland und der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach (WFMG). Ihr Ziel ist es, die neuesten digitalen Technologien und Innovationen in der Textilbranche vor Ort zu erleben und aus erster Hand zu erfahren, was die gerade in Mönchengladbach so traditionsreiche Branche bewegt.

Bei der Ausstellung in der Textilakademie konnten sich Branchenvertreter präsentieren.

Bei der Ausstellung in der Textilakademie konnten sich Branchenvertreter präsentieren.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Textil-Technik, kurz Tex-Tech sei auf dem Vormarsch. Mönchengladbach sei das Tex-Tech-Zentrum schlechthin in Nordrhein-Westfalen, deshalb führe kein Weg an dieser Stadt vorbei, wenn es um eine derartige Präsentation gehen, sagte David Bongartz, Prokurist der WFMG. Mit der Fachhochschule für Textil- und Bekleidungstechnik und dem bundesweit größten Berufskolleg für die Textilwirtschaft nehme die Stadt eine führende Rolle ein. Deutschland befinde sich bei der Textil-Technik auf der Überholspur und insbesondere Mönchengladbach sei dabei herausragend, ergänzte Klemens Gaida, Geschäftsführer von digihub. Sein Kollege Peter Hornik lobte die Vorreiterrolle der WFMG, die mit digihub seit der Gründung 2016 eine enge Partnerschaft pflege.

Oberbürgermeister Felix Heinrichs beließ es in der Textilakademie nicht bei einem Grußwort. Er ging auf die 336 identifizierten Start-ups in der Textiltechnik ein, die schwerpunktmäßig in Deutschland, den Niederlanden und England vorhanden sind. Für viele Start-ups biete sich so der Einstieg in den Textil- und Bekleidungsmarkt. Auffällig und aus Sicht der Stadt erfreulich sei die starke Konzentration von Start-ups mit Anknüpfungspunkten in Mönchengladbach. Die Idee eines Start-up-Hubs in Mönchengladbach, also einer zentralen Unterstützungsstelle für Neugründungen im Bereich der textilen Endprodukte, Materialien und Produktionsprozesse, sollte nach seiner Ansicht überdacht werden.

Neben der Ausstellung und der Präsentation der fünf Wettbewerbsteilnehmer – zwei weitere mussten krankheitsbedingt absagen – stand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Chancen und Herausforderungen in der Textilindustrie“ auf dem kurzweiligen Programm. Maike Rabe, Professorin an der Hochschule Niederrhein, sprach die Probleme der steigenden Energiepreise, des Fachkräftemangels und der stockenden Lieferketten an. Zumindest die Lieferkettenproblematik mit Importen aus Fernost ist für Oliver Lübbenjans, Geschäftsführer der Bekleidungsmarke SØR, kein Thema, da 90 Prozent der Lieferanten seiner Bekleidungsstücke aus Europa stammen. Mit der Corona-Pandemie habe es zwar einen deutlichen Frequenzrückgang in den Innenstädten gegeben. Obwohl der Trend zum digitalen Handel gehe, sei sein Unternehmen besser durch die Zeit gekommen als sogenannte „Rolltreppenhäuser“.

Es gehe in Richtung Normalität, bestätigte Jörg Haan, Geschäftsführer von Brother Industriemaschinen. Nähmaschinen und Textilcomputer für die Branche sind sein Metier. Seine Erkenntnis: „Die komplette Globalisierung war nicht die Lösung.“ Textilien müssten dort hergestellt werden, wo der Kunde lebt. Dies würde auch zu weniger Überproduktionen führen, die über die Weltmeere verschifft werden.

Inwieweit und in welcher Form sein ökologischer Schaumstoff in der Textilindustrie Anwendung finden wird, weiß Wacker noch nicht. Er gewann nicht nur den Wettbewerb, sondern nutzte die erste „TexTech Start-up Night“ auch, um erste Gespräche mit möglichen Investoren zu führen. Das Interesse war vorhanden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort