Leichenfund in Mönchengladbach Trauermarsch für toten Hooligan bleibt friedlich

Mönchengladbach · In der Mönchengladbacher Innenstadt wird ein Mann tot aufgefunden. Rechtsradikale und Hooligans machen im Netz mobil, verbreiten Verdächtigungen. Dann stellt sich heraus: Marcel K. ist nicht durch Fremdverschulden gestorben. Ein Trauermarsch bleibt friedlich.

Mönchengladbach: Rechte Hooligans bei Trauermarsch nach Suizid
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Rechte Gruppen halten Trauermarsch durch Mönchengladbach

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Foto: Sascha Rixkens

Als der Mönchengladbacher Ratsherr Dominik Roeseler am Donnerstagabend um 19.30 Uhr den Trauermarsch für Marcel K. für beendet erklärte, löste sich die Trauergemeinde so ruhig und friedlich auf, wie sie die gesamte Versammlung zuvor abgehalten hatte. 250 Hooligans und Neonazis waren dem Aufruf gefolgt, Marcel K. zu gedenken, dessen Leiche am Mittwoch an der Abteistraße gefunden worden war. Der 32-Jährige aus Bremen war ein polizeibekannter Rechtsextremer und unter anderem ein Mitbegründer des radikalen Bündnisses „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa).  Rechtspopulisten aus ganz Deutschland trafen sich in der Nähe des „Tatorts“ auf dem Platz vor dem Huma und zogen anschließend durch die Innenstadt. Der Trauermarsch verlief ohne Vorkommnisse.

„Die Nachricht seines Todes hat mir das Herz zerrissen. Ich weiß gar nicht, ob ich das schon ganz realisiert habe“, sagte Roeseler, ebenfalls ein Hogesa-Gründungsmitglied, zu Beginn der kleinen Gedenkfeier. Ihn löste am Mikrofon Hannes Ostendorf ab, Sänger der rechtsextremen Hooliganband „Kategorie C“. Mit dem Lied „Gute Reise“ erinnerte Ostendorf an „Captain Flubber“, so der Spitzname von Marcel K., der selbst einmal Schlagzeuger der rechtsextremen Band „VollKontaCt“ gewesen war.

Mönchengladbach: 32-Jähriger tot am Museum Abteiberg gefunden
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32-Jähriger tot am Museum Abteiberg in Mönchengladbach gefunden

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Foto: Sascha Rixkens

Nach dem Song und einer Schweigeminute begannen die Rechtspopulisten ihren etwa 30-minütigen Trauermarsch durch die Innenstadt, der am „Tatort“ vor dem Museum Abteiberg enden sollte. „Kein Alkohol, keine Banner, keine politischen Sprechchöre. Wir sind heute hier, um zu trauern“, hatte Roeseler den Teilnehmern mit auf den Weg gegeben – und die Hooligans hielten sich daran. Nur ganz selten fühlten sich Einzelne aus der Gruppe durch Passanten oder Pressevertreter provoziert, zu Auseinandersetzungen kam es aber nicht. Dass es zeitgleich keine Gegendemonstration in der Innenstadt gab, entschärfte die Situation zusätzlich.

Das Bündnis „Mönchengladbach stellt sich quer“ bestehend aus verschiedenen Organisationen, Parteien, Vereinen, Kirchen, Gewerkschaften und Privatpersonen, das regelmäßig Demonstrationen gegen rechte und rechtsextreme Veranstaltungen in Mönchengladbach plant, hatte dieses Mal ganz bewusst nicht zu einer Gegenveranstaltung aufgerufen – „wegen des möglicherweise hohen zu erwarteten Gewaltpotenzials“. Es bestehe außerdem die Gefahr einer Instrumentalisierung des Todes und eine Eskalation wie in Chemnitz.

Beim Trauerzug für Marcel K. blieb beides aus. Nach dem Marsch nutzten viele Teilnehmer die Gelegenheit, an der Treppe gegenüber des Museums Blumen und Kerzen niederzulegen. Abschließend wurde noch ein Lied gespielt, das eigens zu Marcel K.s Tod geschrieben worden war. „Es ist alles absolut friedlich und ruhig verlaufen. Was abgesprochen war, ist vom Veranstalter auch umgesetzt worden. Wir sind zufrieden“, sagte Polizeisprecherin Isabella Hannen.

Der Tod des 32-Jährigen hatte insbesondere in den sozialen Medien zu vielen Spekulationen geführt. Von vielen wurde der Todesfall bereits als vorsätzliches Tötungsdelikt bewertet. „Islamisten haben einen Hogesa-Gründer abgestochen“, hieß es dort beispielsweise. Oder: „Der Killer könnte auch aus den Reihen der staatlich finanzierten Antifa stammen.“ Tatsache ist: Marcel K. hat sich selbst getötet. Das hat jedenfalls die Obduktion ergeben. „Wir sehen wieder professionelle Arbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichtsmedizin. Das ist die beste Antwort auf Spekulationen, Legendenbildungen und Fake News, die in sozialen Medien immer wieder zu beklagen sind“, sagte Polizeipräsident Mathis Wiesselmann.

Der Bremer Marcel K., der viele Kontakte in Mönchengladbach und hier auch seine Freundin hatte, war am Mittwochabend in der Nähe der Abteistraße von einem Passanten in einer Blutlache gefunden worden. Das Ganze ereignete sich direkt gegenüber des Museums Abteiberg, wo wenig später eine Veranstaltung stattfand. Deren Besucher bekamen die Ermittlungsarbeiten ebenso mit wie die des an den Tatort angrenzenden Restaurants und die Bewohner des erst vor Kurzem neu errichteten Mehrfamilienhauses. Dessen Eigentümer ist der Mönchengladbacher Architekt Burkhard Schrammen. „Wir müssen positiv nach vorne gucken“, sagt Schrammen. „Es ist gut, dass die Polizei in diesem Bereich nun stärker kontrollieren will.“ Das fordern Schrammen und seine Mitstreiter in der Initiative Abteiberg seit langem. Immer wieder gebe es in der Umgebung Probleme mit Vandalismus und Sicherheit.

Wegen des Trauermarsches waren am Donnerstag einige Termine ausgefallen. „Wegen der aktuellen Sicherheitslage“, sagte beispielsweise der Kinderschutzbund Mönchengladbach sein Fest zum Weltkindertag ab. Und auch im nahegelegenen Gymnasium wurde eine Veranstaltung verschoben.

 Entgegen aller Befürchtungen blieb die Veranstaltung friedlich – bis auf einige verbale Provokationen.

Entgegen aller Befürchtungen blieb die Veranstaltung friedlich – bis auf einige verbale Provokationen.

Foto: Ansgar Fabri
 Nach dem halbstündigen Marsch legten die Teilnehmer Kerzen und Blumen am Leichenfundort ab.

Nach dem halbstündigen Marsch legten die Teilnehmer Kerzen und Blumen am Leichenfundort ab.

Foto: Sascha Rixkens

Zu den näheren Umständen des Todesfalls wollen Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag Näheres in einer Pressekonferenz bekanntgeben. Wie aus dem Bekanntenkreis von Marcel K. berichtet wurde, soll der 32-Jährige psychisch krank gewesen sein und Drogen genommen haben.

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