Mönchengladbach Das ist Deutschlands modernste Schule

Der Unterricht in der Textil-Akademie funktioniert vollständig digital, es gibt weder Schulbücher, noch einen Kopierer. Das digitale Konzept könne Vorbild für alle Schulen in der Stadt sein, stellte Schuldezernent Gert Fischer heraus.

 Die Fassade der Textil-Akademie: Der Stoff ist montiert, wird aber noch fertig gespannt.

Die Fassade der Textil-Akademie: Der Stoff ist montiert, wird aber noch fertig gespannt.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Es mag die spektakuläre Textilfassade sein, die bis Mitte Oktober noch gespannt wird. Die ohnehin moderne, helle und großzügige Architektur. Das Bildungskonzept als Berufsschule in Nachbarschaft und Partnerschaft mit der Hochschule Niederrhein. Aber das modernste an der Textil-Akademie, die vor wenigen Wochen den Unterricht begonnen hat, ist etwas, was gar nicht da ist: Kopierer. Die Schule hat keinen einzigen Kopierer. Es gibt keine Bücher. Keine Schulbibliothek. Keine Tafeln, keine Kreide. „Wir unterrichten komplett digital“, sagt Schulleiter Thomas Döring seinen Gästen bei einem ersten Rundgang durch die neue Schule am Rande der Hauptversammlung des Verbandes der rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie. Der Verband hat die Akademie an der Rheydter Straße zusammen mit seinem Pendant für Nordwestdeutschland für rund 20 Millionen Euro gebaut.

Seit Anfang September läuft der Unterricht, und jetzt erhielten erstmals Gäste einen Einblick in die Einrichtung. Die Arbeitsmaterialien für den Unterricht kommen komplett aus einer Lern-Cloud, also einer Datenwolke. Was früher in Lehrbüchern stand und kopiert wurde, wird jetzt von den Schülern digital abgerufen. Dafür bekommt jeder Schüler für die Zeiten seines Aufenthalts in Mönchengladbach (alle vier Wochen sind das zwei Wochen Unterricht in der Akademie) ein Laptop zur Verfügung gestellt. Wo in anderen Klassenräumen Tafeln hängen, können die Lehrer jetzt an Smartboards mit Internetzugriff arbeiten. „Das ist eine sehr große Entlastung“, sagt Schulleiter Döring und fügt augenzwinkernd hinzu, dass man eben nur nicht mehr mit Kreide nach Schülern werfen könne. Die Lehrer, versichert Döring, hätten alle unheimlich viel Spaß mit dem digitalen Unterricht.

162 Schüler sind für das erste Schuljahr angemeldet. Bis zu 350 Schüler gleichzeitig wären möglich. Das geben zumindest die Räume her. Aus acht Bundesländern schicken Unternehmen ihre Auszubildenden nach Mönchengladbach. Es gibt aber nicht nur Fachunterricht, sondern auch Förderstunden etwa in Englisch und Deutsch. Praxisunterricht findet in der Hochschule Niederrhein statt. Mit der Hochschule wird überdies ein Joint Venture für berufliche Weiterbildung von Fachkräften im Textil-Bereich gegründet.

 Schulleiter Thomas Döring erklärt Besuchern, wie das Smartboard hinter ihm funktioniert.

Schulleiter Thomas Döring erklärt Besuchern, wie das Smartboard hinter ihm funktioniert.

Foto: Andreas Gruhn

Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein, war beeindruckt beim Rundgang durch die Textil-Akademie. „Eine vollständig digitale Lehre ist sehr bemerkenswert. Die Art des E-Learnings ist genial. ich bin total begeistert“, sagte von Grünberg. Diese moderne und auch attraktive Art der Ausbildung sei wichtig, um die ganze Branche zukunftsfähig zu machen. Die Verschränkung zwischen Akademie, Hochschule und der textilen Industrie sei „mit diesem Gebäude in Stein gemeißelt“. Auch Schuldezernent Gert Fischer lobte die Einrichtung der Akademie als private Ersatzschule, nachdem man gemeinsam erkannt habe, dass die Ausbildung dies so erforderlich macht. Und er empfahl den Regelschulen in der Stadt und der Schulaufsicht: „Man wird mit der Textil-Akademie über den digitalen Unterricht sprechen müssen. Davon können hier alle viel lernen.“

 Blick aus dem obersten Stock nach unten. Durch das Glasdach gelangt reichlich Tageslicht.

Blick aus dem obersten Stock nach unten. Durch das Glasdach gelangt reichlich Tageslicht.

Foto: Andreas Gruhn

Zuvor hatte Aunde-Chef Rolf Königs, Vorsitzender des rheinischen Textilverbands, die mehrere hundert Gäste begrüßt, unter ihnen etwa Angela Schoofs, Chefin der Arbeitsagentur, Kreishandwerksmeister Frank Mund und Petra Pigerl-Radtke, Geschäftsführerin der Aus- und Weiterbildung IHK Mittlerer Niederrhein. Gemeinsam mit Professor Wolfgang Kleinebrink, Geschäftsführer des rheinischen Textilverbands, und Projektleiter Detlef Braun stellte Königs das gesamte Projekt und das Personal der Schule vor. „Die Berufsschulen sind nicht mehr auf dem Stand, den wir brauchen“, sagte Königs. „Wir sind hier in Vorleistung gegangen.“ Viele Gäste sprachen anschließend von der „wohl modernsten Schule Deutschlands“.

 Dieses Logo erwartet den Besucher hinter der Eingangstür.

Dieses Logo erwartet den Besucher hinter der Eingangstür.

Foto: Andreas Gruhn
 Die Treppe führt aus dem Foyer nach oben in die Etagen mit den Klassenräumen.

Die Treppe führt aus dem Foyer nach oben in die Etagen mit den Klassenräumen.

Foto: Andreas Gruhn
 So sieht die Rückseite eines Klasssenraumes aus: Die Wände sind aus Beton, an einer Seite sorgen schallschluckende Elemente für Farbe.

So sieht die Rückseite eines Klasssenraumes aus: Die Wände sind aus Beton, an einer Seite sorgen schallschluckende Elemente für Farbe.

Foto: Andreas Gruhn

Dazu gehört dann auch ein Kunstwerk direkt vor der Tür: Heinz Macks Farbturm, der derzeit noch vor dem Goethe-Museum in Düsseldorf steht, wird vor der Textilakademie aufgebaut. Der Künstler hat das Werk der Akademie geschenkt.

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