Bürgerbegehren in Mönchengladbach Das sind die Szenarien für Haus Erholung

Mönchengladbach · Die bisher sechs Bürgerbegehren, die es in Mönchengladbach gegeben hat, zeigen Perspektiven, wie es im Fall von Haus Erholung weiter gehen könnte: Wie bei großen Mülltonnen, beim alten Stadttheater oder bei „Giesenkirchen 2015“.

 Das denkmalgeschützte Haus Erholung am Abteiberg.

Das denkmalgeschützte Haus Erholung am Abteiberg.

Foto: Knappe,Joerg (jkn)/Knappe, Jörg (knap)

Seit rund 25 Jahren gibt es in Nordrhein-Westfalen und damit auch in Mönchengladbach direkte Demokratie. Erst seit Mitte der 1990er Jahre können Einwohner ein Bürgerbegehren starten, um einen Ratsbeschluss zu kippen. Längst nicht immer mündet dies auch in einen Bürgerentscheid. Die Initiative gegen den Verkauf von Haus Erholung, die jetzt mehr als 12.000 Unterschriften und damit wohl genug für einen Bürgerentscheid gesammelt hat, ist die erst siebte, die ein Mönchengladbacher Bürgerbegehren überhaupt gestartet hat.

Erst ein einziges Mal hat die erfolgreiche Unterschriftensammlung dazu geführt, dass es einen Bürgerentscheid gab, der dann auch noch erfolgreich war: Wahrscheinlich werden sich viele Gladbacher auch dieser Tage gerne daran erinnern, dass so im Jahr 1996 die Einführung großer Rolltonnen gestoppt wurde. Zweimal scheiterte ein Bürgerentscheid, weil nicht genügend Bürger an der Abstimmung teilnahmen: 2001 war dies für den Erhalt des Schauspielhauses der Fall, 2002 für den Bau eines Familienbades. 2008 wurde der Beschluss „Giesenkirchen 2015“ durch den Rat wieder einkassiert, weil mehr als 15.000 Bürger für den Erhalt der Sportanlage Puffkohlen unterschrieben hatten. Zwei weitere Bürgerbegehren wurden mangels Unterschriften nicht eingereicht. Die Erfahrungen dieser Bürgerbegehren und ihrer Folgen zeigt auf, was auch im Fall von Haus Erholung nun passieren könnte. Zwei Szenarien:

Die Große Koalition kassiert den Ratsbeschluss am 27. März. Diese Überlegung gibt es jedenfalls bei CDU und SPD, die in diesen Wochen in ihren Fraktionen beraten und im Fall der Union auch einen externen Berater hinzuziehen. Das könnte dann der Fall sein, wenn die eingegangenen Bewerbungen der drei Konsortien, die ein Hotel bauen und Haus Erholung integrieren wollen, als nicht so herausragend angesehen werden, dass sich der politische Streit darum lohnt. Nur ist es heikel, Informationen aus einem laufenden Vergabeverfahren preiszugeben. Gut möglich, dass deshalb eine Jury frühzeitig zusammentritt und die Bewerbungen beurteilt. In diesem Gremium sind auch alle Ratsfraktionen vertreten. Erste Signale zeugen von vielversprechenden Bewerbungen. Sollte es zu dieser Entscheidung kommen, dann wäre Haus Erholung ein zweites „Giesenkirchen 2015“.

Der Rat lässt es auf einen Bürgerentscheid ankommen. Danach sieht es derzeit zumindest aus. Gleichzeitig zur Europawahl am 26. Mai dürften Bürger darüber abstimmen. Dann wird es spannend, wie die Parteien damit strategisch umgehen. Verkaufsgegner, also Linke, Grüne und die FDP, werden alles dafür tun, die Unterstützer des Bürgerbegehrens an die Wahlurnen zu bringen. Es bleibt die Frage, wie die Große Koalition darauf reagiert. Sie könnte die Befürworter des Verkaufs ebenfalls versuchen, zur Abstimmung zu mobilisieren, um eine Mehrheit für das Projekt zu schaffen. Damit läuft sie aber auch Gefahr, den Verkaufsgegnern in die Hände zu spielen. Denn die brauchen nicht nur eine Mehrheit bei der Abstimmung, sondern es müssen überhaupt genügend Bürger an der Wahl teilnehmen, um das Quorum zu erreichen. Daran waren die Bürgerentscheide 2001 und 2002 ja gescheitert. Deshalb wäre eine andere Strategie die, die Bundeskanzlerin Angela Merkel in vielen Wahlkämpfen erfolgreich praktiziert hat: die asymmetrische Demobilisierung. Dadurch, dass man die Füße im Wahlkampf weitgehend still hält, wird kaum Reibung, kaum Auseinandersetzung erzeugt, was wiederum auch den politischen Gegner ermüdet und in seinem Drang, wählen zu gehen, ausbremst. Es hat andernorts schon Bürgerentscheide gegeben, bei denen Bürger von Parteien dazu aufgefordert wurden, nicht an der Wahl teilzunehmen. Das jedoch wäre zutiefst undemokratisch und würden sich die Parteien in Mönchengladbach wohl kaum erlauben. Denn das würde das Projekt „Haus Erholung“ ebenso beschädigen. Und noch etwas spricht dagegen: 2001 und 2002 brauchte es noch mehr als 41.000 Teilnehmer, damit die Abstimmung gültig ist. Jetzt sind es wohl nur noch gut 20.000.

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