Mönchengladbachs Geschichte Wie jüdische Mitbürger Gladbach prägten

Mönchengladbach · Eine neue Broschüre zeigt die lange Geschichte jüdischen Lebens in der Stadt – und damit eine Vergangenheit voller Erfolge und Tragödien. Auch ein Kurzfilm wurde produziert.

 Gabriela Cancian und Karl-Heinz Schuhmacher präsentieren die Broschüre und den Kurzfilm über jüdisches Leben in der Stadt.

Gabriela Cancian und Karl-Heinz Schuhmacher präsentieren die Broschüre und den Kurzfilm über jüdisches Leben in der Stadt.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Seit 1993 gibt es bundesweit den Tag des offenen Denkmals, koordiniert von der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“. Von Beginn an ist die Stadt Mönchengladbach dabei - immer am zweiten Sonntag im September und mit wechselnden Themen.

Pandemiebedingt wird der diesjährige Tag wie schon im Vorjahr erneut ohne Vorträge und Führungen auskommen müssen. Deshalb bietet die Stadt für dieses Jahr wieder einen besonderen Schwerpunkt an und lädt die Bürger ein, eigene Spaziergänge durch die Architektur- und Stadtgeschichte zu unternehmen. In diesem Jahr steht das Thema im Mittelpunkt: „Jüdisches Leben in Mönchengladbach – Spuren in Stadt und Architektur“. Der Fachbereich Bauordnung und Denkmalschutz der Verwaltung bietet seit 2016 entsprechendes Infomaterial in Form von Broschüren zu den jeweiligen Jahresthemen an.

In Deutschland ist jüdisches Leben seit 1700 Jahren belegt. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Stadt in diesem Jahr in ihrer sechsten Broschüre über jüdisches Leben informiert. Zwar reichen für Mönchengladbach die urkundlichen Hinweise nicht ganz so weit zurück, „dennoch“, so der Hinweis der Unteren Denkmalbehörde, „haben jüdische Menschen aus Mönchengladbach, Rheydt und Wickrath über Jahrhunderte ihre Spuren in Stadt, Architektur und Gesellschaft hinterlassen“.

Auf den 100 Seiten der Broschüre hat der Fachbereich Bauordnung und Denkmalschutz die Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Mönchengladbach zusammengetragen. Die Broschüre zeigt beispielsweise auf, wie jüdische Mitbürger in der mittelalterlichen Gesellschaft integriert waren, aber wie sie auch verfolgt wurden. Ebenfalls wird deutlich, dass Christen und Juden nach den Verfolgungen des Mittelalters zum Ende des 19. Jahrhunderts in der Stadt in einer erstaunlich offenen Weise mit Wertschätzung und Respekt zusammengelebt haben. „Man lud sich gegenseitig zu Festen ein, obwohl es auch in dieser Zeit Vorurteile gab“, sagt Karl-Heinz Schumacher, Leiter der Unteren Denkmalbehörde.

Gleichwohl werden in dem Heft auch die Gräueltaten der Shoa thematisiert. Fast 800 Menschen wurden aus Mönchengladbach deportiert, nur 43 überlebten die Konzentrationslager. Die Broschüre macht am Beispiel von Manfred Leven und Kurt Hecht aber gleichzeitig deutlich, dass trotz aller menschlichen Tragödien und Traumata ein Lächeln auf die Gesichter jüdischer Mitbürger zurückkehren konnte.

Im heutigen Stadtgebiet und den Ortsteilen von Mönchengladbach sind mehrere jüdische Friedhöfe und Synagogenstandorte als Zeugnisse der jüdischen Kultur und Geschichte bekannt.

„Menschen jüdischen Glaubens haben über Jahrhunderte ihre Spuren in Mönchengladbach hinterlassen. Diesen Spuren exemplarisch in Schlaglichtern nachzuspüren, sollte Sinn und Ziel der geplanten Veranstaltung sein“, so Oberbürgermeister Felix Heinrichs.

In Mönchengladbach existieren von insgesamt elf nachweisbaren jüdischen Friedhöfen heute noch sechs Anlagen. Nur auf den beiden um die Mitte des 19. Jahrhunderts angelegten Friedhöfen Hügelstraße in Mönchengladbach und Eifelstraße in Rheydt finden bis heute Bestattungen statt.

Auf dem städtischen Friedhof ist auch die Grabstätte von Hermann Aschaffenburg (1871-1920) zu finden, der an der Sachsenstraße eine mechanische Weberei zu einer vollwertigen Tuchfabrik ausbaute. Angedacht ist, dass die Stadt die Patenschaft für die Grabstätte übernimmt und damit die Erinnerung an den Gladbacher Unternehmer in die Zukunft zu führen.

 Die Stadt plant für das Grabmal des erfolgreichen jüdischen Unternehmers Hermann Aschaffenburg eine Patenschaft zu übernehmen. Es soll noch lange Zeit erhalten bleiben.

Die Stadt plant für das Grabmal des erfolgreichen jüdischen Unternehmers Hermann Aschaffenburg eine Patenschaft zu übernehmen. Es soll noch lange Zeit erhalten bleiben.

Foto: FJ Ungerechts

Neben der Broschüre hat die Stadtverwaltung auch einen Kurzfilm unter dem Titel „Orte der ewigen Heimat“ produziert. Der Film ist auf der Website der Stadt und auf den städtischen YouTube-Kanal verfügbar. Im Film wird der Fokus auf die historischen Grabstätten gelegt, aber auch auf die Menschen, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben.

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