Stadtplanung So geht’s bei den Top-Baugebieten weiter

Es gibt nur wenige Großstädte in NRW, in denen so viel zentrennahes Bauen möglich ist. Das lockt Investoren und private Bauherren an. In den nächsten Jahren könnten rund 2500 Wohneinheiten in der Gladbacher City entstehen. Doch wie viel verträgt der Markt?

 So könnte die Seestadt MG + einmal aussehen. An der Lürriper Straße soll noch dieses Jahr mit dem Bau von 200 Wohnungen begonnen werden.

So könnte die Seestadt MG + einmal aussehen. An der Lürriper Straße soll noch dieses Jahr mit dem Bau von 200 Wohnungen begonnen werden.

Foto: Catella

Als NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach vor einigen Wochen in Mönchengladbach war, kam es vor dem Museum Abteiberg zu einer interessanten Szene. Der Gast wollte sich einen Teil der 63 Projekte anschauen, die zum IHEK, dem Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept, gehören. Denn da erwartet die Stadt viele Millionen Euro von EU, Bund und Land. Gladbachs Baudezernent Gregor Bonin wollte zu einem Vortrag ansetzen, als ihm Sabine Makelski in die Parade fuhr. Sie ist Referatsleiterin im NRW-Ministerium und arbeitet Scharrenbach direkt zu. „Zeigen Sie der Ministerin, wie viele Wohneinheiten die Stadt in den nächsten Jahren in Zentrennähe bauen kann“, forderte sie Bonin auf. Der reagierte sofort. Denn Wohnungsbau in dieser Größenordnung und in Zentrennähe ist außergewöhnlich in NRW: Mitten in der Stadt entstehen in den nächsten Jahren rund 2500 Wohnungen für Menschen jeden Alters und vieler Einkommensklassen. Dazu sind weitere Nutzungen eingeplant: Kitas, Büros, Einrichtungen für Senioren. Das sind Gladbachs Großprojekte:

Seestadt MG+ Die technokratische Bezeichnung City Ost ist Geschichte. Wegen der künstlich anzulegenden Wasserfläche im Gelände hat das Projekt einen neuen Namen bekommen. Und von den beiden Unternehmen, die es vorantreiben wollten, ist eines übrig geblieben: Catella Project Management. Die Catella Group hat ihren Sitz in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Ihre Finanztöpfe werden unter anderem von Pensionskassen gespeist. Der Investor will in die Seestadt 500 Millionen Euro stecken und Wohnungen vor allem für den Mittelstand bauen, weil er sich da langfristige Mietdauer und Einnahmen verspricht. Die Gesamtfläche liegt bei rund 140.000 Quadratmeter, das Wohnquartier soll weitgehend autofrei sein. Mindestens 1500 Wohneinheiten sind geplant, es können aber auch rund 2000 werden. Catella-Projektmanager Klaus Franken will schnell auf die Baustelle kommen und macht Druck. So gab es bereits Werkstattverfahren mit namhaften Architekturbüros, unter anderem aus Mönchengladbach. Franken weiß, dass jeder Monat zählt: Denn die Baukosten explodieren, die Mieten werden begrenzt. Es ist wahrscheinlich, dass die Stadt dem Investor entgegenkommt und eine Bebauung an der Lürriper Straße frühzeitig möglich macht.

 Der Entwurf von Urban Agency für die Maria-Hilf-Terrassen war der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs.

Der Entwurf von Urban Agency für die Maria-Hilf-Terrassen war der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs.

Foto: Urban Agency

Maria-Hilf-Terrassen Die Kliniken Maria Hilf haben das frühere Krankenhaus Maria Hilf an der Gladbacher Sandradstraße Ende Mai geräumt. Ende 2018 übernimmt die Stadt das Gelände, das 4,4 Hektar groß ist. Es gab eine Entwurfswerkstatt und einen Siegerentwurf von dänischen Planern. Sie sehen 500 Wohnungen in eher kleinteiliger Architektur vor. Das Areal umfasst neben dem Maria-Hilf-Gelände auch die auslaufende katholische Hauptschule Stadtmitte an der Aachener Straße und das Verwaltungsgebäude Oberstadt. Rechnet man die dreieckige Fläche zwischen Viersener Straße und Sandradstraße hinzu, kommt das Planungsteam sogar auf mehr als 700 Wohnungen. Der Siegerentwurf sieht frei finanzierten, öffentlich geförderten wie auch preisgedämpften Wohnungsbau vor. Der denkmalgeschützte Bereich des ehemaligen Krankenhauses mit der Kapelle bleibt erhalten. An der Ecke Viersener Straße / Sandradstraße soll ein achtgeschossiges Gebäude entstehen. Von dort aus geht es terrassenartig abwärts bis an die Aachener Straße, so dass aus möglichst vielen Gebäuden der Blick Richtung Waldhausener Straße und Geroweiher frei wird. Die Stadt will das Bauleitplanverfahren zügig auf den Weg bringen und Abbruchgenehmigungen erteilen. Auch wenn das Gelände wegen seines Gefälles topografisch schwierig und ein großer Bunker auf dem Areal eine architektonische Herausforderung ist, ist das Interesse von Investoren groß. „Die Nachfrage nach Grundstücken ist fantastisch“, verkündete Planungsdezernent Gregor Bonin jüngst. Er geht davon aus, dass ab 2020 gebaut wird.

 Das Reme-Gelände in Lürrip ist eines der größten Bauprojekte der nächsten Jahre.

Das Reme-Gelände in Lürrip ist eines der größten Bauprojekte der nächsten Jahre.

Foto: Andreas Gruhn

REME-Gelände Der Tafel-Verein, der in einer Halle am Fleenerweg Lebensmittel an Bedürftige verteilt, plant seinen Umzug für Ende 2018. Das ist ein Signal. Denn damit geht das dritte große Bauprojekt im Umfeld der Gladbacher City in die nächste Planungsphase. Rund 135.000 Quadratmeter groß ist das Gelände, das seit 2010 im Besitz der Stadt ist. Die Nähe zum S-Bahnhaltepunkt Lürrip gilt als Trumpfkarte: Wer auf dem REME-Areal einmal wohnt, hat es nicht weit zur S-Bahn, die ihn oder sie in Richtung Düsseldorf bringt. Das Kürzel REME steht für Royal Electrical and Mechanical Engineers: 750 Menschen reparierten hier einst britische Militärfahrzeuge. Diese Vergangenheit weist auch auf ein Problem des Geländes hin: Es gibt Altlasten, erhebliche sogar. In den kommenden zweieinhalb Jahren sollen sie beseitigt werden, damit das Gelände baureif gemacht werden kann. Planungsdezernent Gregor Bonin will Altlasten-Sanierung und Bauleitplanung in einer Hand belassen, um Ausfälle zu vermeiden. Auf dem Gelände könnten Reihenhäuser, Doppelhaushälften und freistehende Einfamilienhäuser entstehen. Auch Mietwohnungsbau ist möglich, vermutlich werden die städtischen Wohnungsgesellschaften GWSG und Kreisbau, die eng kooperieren, hier tätig, Es gibt Überlegungen bei CDU und SPD, die städtischen Grundstücke direkt bei Kreisbau/GWSG einzulagern. So fällt der Grundstückserwerb als Kostenfaktor weitgehend weg. Außerdem renaturiert der Versorger NEW den Gladbach. Der Plan soll im dritten Quartal 2018 vorliegen. Der Renaturierungsbereich an der Bahnlinie wird von einem Fußweg umschlossen, erst dann beginnt der Bereich für die Wohnbebauung. Wann mit Neubauten angefangen wird, hängt davon ab, wie schnell die Altlasten entsorgt sind und wie sich der Wohnungsmarkt in der Stadt entwickeln wird.

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