Krankenhaus Neuwerk Wo der Doktor waschen lässt

Mönchengladbach · Ein Skalpell muss kein Einweg-Werkzeug. Aufbereitungsabteilungen wie die des Krankenhauses Neuwerk ermöglichen sterile Wiederverwendung. Die Klinik hat für 3,5 Millionen Euro modernisiert.

 Wiederverwendbar, weil steril: Ulrike Lückemeyer und Theo Sandkaulen zeigen medizinische Utensilien, die im Krankenhaus Neuwerk gereinigt und für den erneuten Einsatz aufbereitet werden.

Wiederverwendbar, weil steril: Ulrike Lückemeyer und Theo Sandkaulen zeigen medizinische Utensilien, die im Krankenhaus Neuwerk gereinigt und für den erneuten Einsatz aufbereitet werden.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Strikte Hygiene in den Operationssälen und auf der Intensivstation wird von Patienten eines Krankenhauses als normal empfunden. Aber auch in den taghellen Kellerräumen des Neubaus am Krankenhaus in Neuwerk ist die Hygiene die Kernkompetenz schlechthin. Dort befindet sich die Aufbereitungseinheit von Medizinprodukten, kurz AEMP genannt. Sie ist jetzt vom Bettenhaus auf die andere Seite der Klinik gezogen und hat sich in modernen Räume neu eingerichtet. Rund 3,5 Millionen Euro hat sich die St.- Augustinus-Gruppe diese Einheit kosten lassen. Allein 1,5 Millionen Euro flossen in die technische Ausstattung. „Ab sofort können hochmodern und noch effizienter Operationsbestecke und andere Dinge, die im OP benötigt werden, aufbereitet werden“, sagt Markus Richter, Geschäftsführer der St. Augustinus Gruppe.

Nicht nur für das Krankenhaus Neuwerk werden auf den 500 Quadratmetern im täglichen Zweischichtbetrieb von 19 Mitarbeitern die Medizinprodukte für die Wiederverwendung aufbereitet. „Von der AEMP profitieren zahlreichen regionale Kliniken und Arztpraxen innerhalb und außerhalb der St. Augustinus Gruppe“, sagt Richter. Rund zwei Millionen Gegenstände laufen jährlich durch die Hände und Maschinen des Reinigungsbetriebs. „Im Endausbau können wir sogar vier Millionen Dinge pro Jahr reinigen“, sagt Theo Sandkaulen, Geschäftsführer der St. Augustinus Service GmbH, die für die Aufbereitungseinheit federführend ist. „Wir können noch zwei weiteren Krankenhäuser und Praxen unsere Dienste anbieten.“

Unrein geliefert, wird beispielsweise das OP-Besteck für eine Hüftoperation im ersten Arbeitsschritt  gereinigt. Es durchläuft dann die Sterilisation und wird wieder an die abgebende Station ausgeliefert. Jedes Teil, jeder Handgriff, jeder Maschineneinsatz wird akribisch genau erfasst, so dass jeder Schritt vom unreinen bis zum wieder einsatzfähigen Gegenstand nachverfolgt werden kann. An das Klischee vom großen Topf, in dem Skalpell, Pinzette und Schere nach Gebrauch ausgekocht werden, so wie es 1890 bei der Gründung des Krankenhauses Neuwerk noch gebräuchlich war, erinnert in dieser Abteilung nichts mehr. „Vier bis sechs Stunden dauert es, bis beispielsweise ein Skalpell den Reinigungsprozess durchlaufen hat“, schildert Ulrike Lückemeyer. Die Leiterin der AEMP ist gelernte Kranken- und OP-Schwester.

Handarbeit ist dabei nur im ersten Schritt gefragt, wenn die Gegenstände mit Wasser gereinigt werden, ehe sie in die erste „Waschmaschine“ gelangen. Nach dem Waschgang sind Skalpell, Zange oder Klammern vielleicht rein, aber noch nicht steril. Im dritten Schritt kommen nach einer Kontrolle und Trocknung die Gegenstände, die immer in der exakten Kombination gereinigt werden, wie sie als Besteck abgegeben werden, in die Sterilisationskammer. Auch dort achtet der Computer peinlich genau darauf, dass die Temperatur von 130 Grad Celsius, die Zeitdauer von fünf Minuten und der Druck von 3000 Bar eingehalten werden. Verschwinden kann bei der permanenten Kontrolle im Prinzip kein Gegenstand. „So, wie von ihm geliefert, erhält der Operateur sein Werkzeug von uns zurück“, versichert Lückemeyer. „und er kann sicher sein, dass sein Handwerkzeug einsatzfähig und steril ist.“ „Die sterile Aufbereitung von Medizinprodukten ist Vertrauenssache“, sagt Sandkaulen.

Die Millioneninvestition bringt auch Vorteile. „Wir werden rund 30 Prozent weniger Energie verbrauchen als bisher.“ Auch sind die Zeiten vorbei, in denen eine Dampfmaschine als Nachfolgerin des Kochtopfs den Dampf und den Drück für die Sterilisation der Geräte erzeugte. „Alles geschieht mit Strom.“

Corona ist kein Grund, die Arbeit anders zu machen. Nur einmal gab es einen durch die Pandemie veranlassten Versuch, als es hieß, die Abteilung möge die Aufbereitung wiederverwendbare Masken testen. Der Versuch wurde eingestellt, weil immer ausreichend Masken verfügbar und anderen die angepriesenen Masken doch nicht für die Wiederverwendung geeignet waren.

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