Gastbeitrag Eine neue Chance für Fronleichnam

Mönchengladbach · Über die Intention des katholischen Hochfestes, und wie es dem Glaubensverständnis des 21. Jahrhunderts angepasst werden könnte. Ein Vorschlag.

 Altbischof Heinrich Mussinghoff trägt bei einer Fronleichmansprozession im Jahr 2004 in Neuwerk die Monstranz mit der Hostie.

Altbischof Heinrich Mussinghoff trägt bei einer Fronleichmansprozession im Jahr 2004 in Neuwerk die Monstranz mit der Hostie.

Foto: Wiechmann, Dieter (dwi)

Fronleichnam – Hochfest der Katholischen Kirche, gefeiert am zweiten Donnerstag nach Pfingsten. Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Das Fest beruht auf der Vision einer Augustiner-Nonne in Lüttich. Der Kirche fehle ein Fest zu Ehren der Eucharistie, der Verehrung von Brot und Wein, bemängelte sie. Papst Urban IV. griff die Anregung auf und führte 1264 das Fest ein. Der Ende vergangenen Jahres verstorbene Papst Benedikt würdigte die Augustinerin, weil sie zur Einführung „eines der wichtigsten liturgischen Hochfeste des Jahres“ beigetragen hätte.

Auch in den Mönchengladbacher Pfarreien wird das Fronleichnamsfest auf Straßen und Plätzen gefeiert. Die Kirche als „wanderndes Volk Gottes“. Der ehemalige Regionaldekan und Münsterpropst Albert Damblon spricht von einer „Demonstration des Glaubens in der Öffentlichkeit“. Die Pfarre Sankt Vitus feierte im vergangenen Jahr Fronleichnam auf dem Eickener Markt. Nach dem Gottesdienst führte die Prozession zum Altenheim Thüringer Straße, von dort zur Kirche Maria Rosenkranz. Zum Abschluss wurde im Altenheim ein Imbiss angeboten. Die Bewohner verspürten das positive Gefühl, dass sie dazugehörten.

Dennoch wird zunehmend die Frage gestellt, welche Berechtigung dieses Fest noch hat, bei dem eine konsekrierte Hostie, „der Leib des Herrn“, in einer Monstranz durch die Straßen getragen wird. In nur sechs Bundesländern ist es gesetzlicher Feiertag, ein „schräger Feiertag“, wie kritisch vermerkt wird.

Für Dominik Blum, Dozent für Theologie an der Katholischen Akademie in Stapelfeld bei Hamburg, passen Prozessionen mit Schützenverein und Blaskapelle im Barock-Kostüm nicht in unsere Zeit. Das Fronleichnamsfest brauche ein Update. Ein Ideenfest aus dem 13. Jahrhundert mit mittelalterlicher Schaufrömmigkeit könne heute so nicht gefeiert werden. Wir bräuchten „liturgische Utensilien, die das Glaubensverständnis des 21. Jahrhunderts, nicht des 19. Jahrhunderts repräsentieren“. Man könne beispielsweise am Vorabend ein Mysterienspiel aufführen. Die Blumenteppiche an den Stationen ließen sich von Streetart-Künstlern gestalten. Nach der Prozession würde sich ein gemeinsames Mahl mit Armen und Obdachlosen anbieten. Das Fest könne mit einem Feuerwerk ausklingen. Das sei ein Update zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen.

Ob diese Anregungen auf positive Resonanz stoßen, ist nicht nachprüfbar. Immerhin berücksichtigen sie, dass christliche Feste historisch gewachsen sind und nicht dem „Zeitgeist“ zum Opfer fallen sollten. Generell gilt: Neues fördern, Altes nicht ignorieren. Das gelingt nicht auf Anhieb. In den Pfarrverbänden unserer Stadt nach neuen Ansätzen gesucht. Kirche und Christentum verlieren im öffentlichen Raum zunehmend an gesellschaftlichem Einfluss. Dagegen wehrt sich der Appell: „Nicht austreten, sondern antreten und auftreten für Kirche und Glaube.“ Angesichts der Zuwanderung von Menschen nichtchristlichen Glaubens muss der Fronleichnamstag keine Demonstration dafür sein, „wie schön katholisch ist“, wie Dr. Becker-Huberti formulierte. Fronleichnam könnte aber für Glaubende, Anders-Glaubende und Nicht-Glaubende „Zeichencharakter“ haben: „So leben wir.“ „So glauben wir.“ „So tragen wir zum gesellschaftlichen Miteinander bei.“ „So kann Gott zum Greifen nahe sein, wenn man sich auf ihn einlässt.“ Wenn das zudem in Formen zum Ausdruck kommt, die den örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten entsprechen, würde ein solches „Update“ wahrscheinlich verstanden werden.

Unser Gastautor hat mehrere Bücher veröffentlicht und war Priester.

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