Bauunternehmer Ernst Kreuder Wenn der Chef einen Nachfolger sucht

Mönchengladbach · Viele Unternehmer tun sich schwer damit, den Betrieb weiterzugeben. Dabei braucht dieser Prozess viel Zeit, um die Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Bauunternehmer Ernst Kreuder hat seinen Nachfolger über viele Jahre aufgebaut.

 Bauunternehmer Ernst Kreuder (li.) hat seine Nachfolge bereits geregelt und Oliver Schilden als Gesellschafter ins Boot geholt.   Foto: Jana Bauch

Bauunternehmer Ernst Kreuder (li.) hat seine Nachfolge bereits geregelt und Oliver Schilden als Gesellschafter ins Boot geholt. Foto: Jana Bauch

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Seine Name ist in Mönchengladbach eine Marke geworden, die vorwiegend auf Baumaschinen zu finden ist. Ernst Kreuder hat viel bewegt in der Stadt und als Bauunternehmer seine unübersehbaren Spuren hinterlassen. Die Zentrale des Hosenherstellers Alberto an der Fliethstraße, das Passivhaus am Fliescherberg, die Erweiterungsbauten am Bethesda, der NEW und der GEM, Neubauten für Industriekunden wie SMS und Rhenus Lub – all das hat Kreuder als Bauunternehmer „hochgezogen“.

Doch seit einigen Jahren arbeitet er auch an einer ganz anderen Baustelle, die sehr viele Unternehmer aus allen Branchen umtreibt: Wer übernimmt die Firma eigentlich, wenn der Chef ausscheidet? In dieser Frage ist Kreuder (62) jetzt praktisch schlüsselfertig: Anfang September hat sein bisheriger Prokurist Oliver Schilden (46) als Gesellschafter Anteile am Unternehmen übernommen, wurde damit auch zum Geschäftsführer bestellt und soll auf absehbare Zeit das Sagen haben in dem Betrieb mit rund 80 Mitarbeitern. 

Kreuder, der das 1955 gegründete Unternehmen 1991 von seinem Vater übernommen hatte, hat damit die Nachfolgeproblematik auf elegante Weise und mit weitem Vorausblick gelöst. Die meisten Unternehmer setzen darauf, dass eines Tages die eigenen Kinder den Betrieb fortführen. Kreuder hat allerdings keine Kinder, insofern war er gezwungen, sich nach Alternativen umzusehen, um die rund 80 Arbeitsplätze, davon 60 gewerbliche Jobs und 20 in der Verwaltung, zu sichern. „Ich habe mich früh mit der Frage beschäftigt“, sagt Kreuder, „und früh war für mich klar, dass ein Verkauf an eine große Baugesellschaft nicht infrage kommt. Deren Vorstellungen sind nicht mit denen unserer Mitarbeiter in Einklang zu bringen.“

Also schaute er sich im  Unternehmen nach geeigneten Nachfolgekandidaten um, indem er frühzeitig Verantwortung delegierte und Führungskräfte „heranwachsen“ ließ. Es gibt Chefs, die sich damit durchaus schwer tun. Nicht so Kreuder.

Oliver Schilden trat vor 21 Jahren als Bauleiter ins Unternehmen ein. Mit der Zeit wurde er Projektleiter und absolvierte auf den Rat Kreuders hin neben der Arbeit noch ein Management-Studium an der Hochschule Niederrhein, dass er 2011 abschloss. „Das ging sehr gut und hat sogar Spaß gemacht“, sagt Schilden, der damit die Voraussetzungen hatte, Kreuders Nachfolge antreten zu können. Dieser Prozess soll jetzt drei bis fünf Jahre laufen, bis Kreuder sich irgendwann ganz zurückzieht – das Unternehmen aber weiter läuft.

Solch eine Lösung ist für die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein der Idealfall. „Dieses Modell klappt in den meisten Fällen sehr gut“, sagt IHK-Experte und Gründungsberater Bert Mangels. Er kennt das Problem, dass sich viele Unternehmer zu spät oder gar nicht um die Nachfolge an der Spitze kümmern. „Sie fühlen sich fit bis zu einem bestimmten Tag, an dem sie sich relativ plötzlich rausziehen wollen.“ Das aber brauche einen Vorlauf von drei bis vier Jahren.

In den meisten Fällen wird ein Unternehmen verkauft, wenn der Chef nicht mehr weitermachen will. Nur ist die Zahl derjenigen, die einen Betrieb kaufen wollen, zu gering für die vielen Unternehmen, die in den kommenden Jahren dringend einen Nachfolger an der Spitze brauchen. Schätzungen, wie viele das in Mönchengladbach sind, liegen nicht vor. Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer aus dem Jahr 2017 legt aber nahe, dass von 23.000 Befragten rund 6.600 Senior-Unternehmer sich wegen des Themas Übergabe an ihre IHK gewandt haben, also mehr als ein Viertel. Rund die Hälfte hatte da noch keinen Nachfolger in Sicht. Und das kann problematisch werden.

Denn wer sich zu spät um die Übergabe kümmert, der riskiert, dass das Unternehmen immer schwerer zu verkaufen wird, so Mangels: „Häufig tritt dann ein Investitionsstau auf, und Kunden gehen verloren.“ Das gefährdet dann die Arbeitsplätze der Beschäftigten. Nach Schätzungen der IHK ist es allein in NRW eine sechsstellige Zahl an Arbeitsplätzen, die an einer gelungenen Betriebsübergabe hängen.

All das ist bei der Ernst Kreuder Bauunternehmung GmbH & Co. KG nicht eingetreten. Der Chef hat sich eben rechtzeitig gekümmert. „Es war wichtig, frühzeitig ein Zeichen zu setzen, wie es hier weitergeht“, sagt Kreuder. „Darauf haben auch die Mitarbeiter gewartet.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort