Suppe & Singen in Mönchengladbach Geneickens kulinarische Singparty

Mönchengladbach · Seit 2011 gibt es das Projekt, bei dem bisher rund 1600 Leute mitgemacht haben. Und trotzdem ist es ein Blümchen, das eher im Verborgenen blüht. Elke Kamper und Anders Orth laden seit sieben Jahren zu „Suppe & Singen“ ein.

 Sie singen, sie machen Musik: Bei Elke Kamper und Anders Orth heißt es regelmäßig „Suppe & Singen“.

Sie singen, sie machen Musik: Bei Elke Kamper und Anders Orth heißt es regelmäßig „Suppe & Singen“.

Foto: Jürgen Körting

Susi ist eine Sau. Und steht auf dem Küchentisch. Bunte Aufschrift: „Suppengeld, Suppe & Singen“. Im Verlauf des Abends landet Einiges in ihrem Bauch aus Steingut. Das ist das Prinzip von SuSi – „Suppe & Singen“: Die Gastgeber sorgen für das üppige Buffet, die Gäste für den üppigen Klang von Stimme oder Instrument. Mehr ist nicht. Und mehr soll auch nicht sein. Am Ende können Elke Kamper und Anders Orth vom Inhalt der kleinen Sau die Lebensmittel bezahlen.

Unten im Haus ist ein Frisörladen, oben leben die beiden Künstler. Und dieses Leben ist ein sehr lebensoffenes, im besten Sinn. An diesem Freitagabend klingelt es nahezu unablässig. Am Ende sind 30 Gäste da. Und wie bei jeder guten Party trifft sich alles in der Küche oder auf der Terrasse. Viele sind nicht das erste Mal bei dieser ganz besonderen Singparty, die sich regelmäßig in diesem, pardon, äußerlich nicht besonderen Haus in Geneicken trifft. In diesem Viertel, in dem Elke Kamper gerne lebt und arbeitet.

Bevor das Wohnzimmer zur Bühne wird, gibt es an diesem Abend reichlich Maronensuppe, aber auch Brot, Dips, Nachtisch. Die Getränke sind wahlweise Wasser, Wein, oder Bier. Das Licht verbreitet Wärme. Das Miteinander auch. Die Gespräche drehen sich um Alltägliches: Was macht das Studium? Wie machst du diesen Dip? Macht Silke noch Yoga? Eine ganz normale Fete des Rheydter Bürgertums. Stimmt so nicht ganz, denn die Gäste kommen zum Teil aus Düsseldorf, aus Willich, auch eine Hamburger Studentin ist mit dabei.

Die Stimmung ist aufgekratzt. Manche sind das erste Mal dabei, andere schon mehr als ein Dutzend mal, so wie Klaus. Er ist irgendwann von seiner Tochter mitgebracht worden. Und die sei „sicher schon 45-mal bei SuSi - „Suppe & Singen“ gewesen.“ Katja Hardt aus Willich kennt Elke Kamper schon seit Jahren über die Kinder: „Heute Abend habe ich es endlich geschafft zu kommen. Es sind Herbstferien, und meine beiden können heute Abend gut alleine bleiben.“ Sie singe gerne, aber nicht gut: „Ich finde es toll, dass so etwas in einem Wohnzimmer stattfindet.“ Dort werden die Gitarren gestimmt. Vier sind es diesmal, und ein Bass. Dazu die Ukulele von Klaus. Später packt Anders Orth noch eine Zwölfseitige aus. Das ist diesmal die Band. Sie sei an jedem dieser Abende anders. So wie auch die Zusammensetzung des Singparty-Chors. „Jeder kann nicht immer. Aber das ist ja das Schöne, dass sich alle so bunt mischen“, so der Liedermacher.

Zum traditionellen Einsingen stehen alle von ihren Sitzgelegenheiten, Hocker, Stuhl, Sofa, aber auch Cajón auf. Dann geht es mit dem ersten von drei Songs weiter, die stets in dieser Reihenfolge gesungen werden: „Tears In Heaven“. Elke Kamper, sie trägt mittlerweile ein Headset und ist für den Rest des Abends der Bezugspunkt für die Singenden, fragt sich laut: „Warum fangen wir mit so einem traurigen Lied an?“ „Weil es so schön ist“, kommt es zurück. Vermutlich von Wiebke. Die Musiklehrerin kommt eigens aus der Landeshauptstadt.

Die Auswahl der Songs ist so bunt und überraschend wie das Publikum. Susi´s Songbook, mal mit deutschem, mal internationalem Songmaterial bestückt, ist über die Jahre gewachsen. Es ist Zeit für ein wenig Statistik: Seit November 2011 existiert das Projekt von Elke Kamper und ihrem Mann. In dieser Zeit haben sie für 112 Suppen gesorgt, 1200 Lieder gesungen, 1600 Leute zu Besuch gehabt, die jüngste Besucherin war 15, die älteste nahezu 80. 20 verschiedene Instrumente wurden eingesetzt. Darunter Querflöte, Geige und Digeridoo. „56-mal kamen immer wieder neue Leute zu unserer kulinarischen Singparty“, erzählt die Natur-Erlebnispädagogin und angehende Kulturpädagogin.

Die Mimik in den Gesichtern der Singenden schwankt zwischen Konzentration, seligem Blick nach innen, aber auch lachendem Eingeständnis des eigenen singenden Unvermögens. „Diese Mischung aus Perfektion und Unperfektem macht den Reiz aus. Ich will die Leute hier haben, die behaupten, ich kann nicht singen. Denn die haben an solch einem Abend den größten Spaß“, sagt Elke Kamper.

Im Chor singen vier Männer. Daher ist der Sopran deutlich zu hören. Bis auf Wiebke spielen an diesem Abend nur Männer. Bei einigen Stücken klingt das Ergebnis nach „Gänsehaut“ (Elke K.). Bei anderen Songs ist das Ergebnis eher „na ja“. „Halleluja“ von Leonard Cohen ist so ein Stück: Der Chor schleicht sich in das Lied. Mehrfach setzen alle an, denn die Tonart passt nicht. Aber auch das stört niemanden. Es ist ein fröhliches und fürsorgliches Miteinander.

Beatles werden gesungen, aber auch „These Boots Are Made For Walking“, „Down Town“, „Dat Du Min Leevsten Büst“, „Nur Ein Wort“, „Julimond“, „Weil Ich ein Mädchen bin“. Die Liste ist lang. Dazu gehört auch: „Du hast den Farbfilm vergessen“. Nina Hagen hätte ihren anarchischen Spaß an der Version der Geneickener Truppe. Der fast vierstündige Abend klingt aus mit „Gute Nacht Freunde“. Der Text passt perfekt zur Stimmung des Abends.

Der nächste Abend ist am 11. Januar 2019. Karten kann man nicht kaufen. Aber man kann jemanden fragen, der jemanden kennt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort