Kolumne Der Verbraucherschützer Die digitale Herausforderung

Mönchengladbach · Zu langsame Datenübertragung, zu wenig Wissen und Übung im Umgang mit neuen Technologien: Die Corona-Krise hat Schwächen in Mönchengladbach offengelegt. Die Digitalisierung hat die Spaltung der Gesellschaft verschärft, sagt unsere Kolumnist.

 Unterricht ist in den letzten Wochen digital geworden.

Unterricht ist in den letzten Wochen digital geworden.

Foto: dpa/Uli Deck

Sie surfen mit Ihrem digitalen Glasfaseranschluss auf der Überholspur. In den letzten Wochen der Corona-Krise haben Sie den Job von zu Hause aus erledigt, sich mit Kollegen beim Zoom-Meeting ausgetauscht und Ihre Lebensmittel online bestellt. Ihr Geld legen Sie kostengünstig und erfolgreich bei Ihrem Online-Broker an. Probleme mit Handyanbietern, Versicherungen oder Reklamationen kennen Sie nicht. Und wenn doch mal etwas schief geht, lässt sich die Lösung schnell ergoogeln. Sie nutzen Vergleichsportale und würden dabei nie auf Lockvogelangebote hereinfallen. Ihre Kinder sind mit Laptops und iPads bestens ausgestattet und da die Zeit knapp ist, haben Sie für sie auch gleich noch ein digitales Nachhilfeangebot gebucht. Die Einrichtung der Software war ganz einfach, die Plattform kannten Sie noch aus dem Studium.

Haben Sie sich wiedergefunden? Dann gehören Sie zu den Gewinnern der Digitalisierung. Die Corona-Krise hat aber auch gezeigt, dass viele Mönchengladbacher eben nicht auf der Überholspur surfen. Nicht überall ist schnelles Internet vorhanden. Statt eines PCs besitzen viele nur noch ein Handy und mancher scheitert schon daran, aus einem Foto eine PDF-Datei zu konvertieren. Die digitalen Hilfsangebote in der Stadt sind nicht für jeden nutzbar. Das Internet ist voller Kostenfallen und Falschinformationen. Bei großen Online-Anbietern ist man oft hilflos und Probleme lassen sich an der Kunden-Hotline nur schwer artikulieren.

Das hat viele Ursachen. Bei funktionalem Analphabetismus (laut Studien bei ca. 14 Prozent der erwerbsfähigen Deutschen vorhanden) oder schlechten Deutschkenntnissen gestaltet sich nicht nur eine Konversation per E-Mail schwierig. Ein weiterer Grund ist die fehlende Technik. Diese lässt sich in einkommensarmen Familien nur schwer beschaffen. Aber auch die Bildung in der digitalen Welt fehlt häufig. Medienkompetenz hatten die meisten von uns nicht als Schulfach.

So offenbart die Corona-Krise, dass die Digitalisierung in den letzten Jahren die Spaltung der Gesellschaft eher noch verschärft hat als ihre Verheißungen einzulösen: Chancengerechtigkeit und barrierefreier und unbeschränkter Zugang zu Wissen und Bildung. Was nutzen all die schicken Online-Tools, wenn man sie nicht bedienen kann? Was bringt kontaktloses Zahlen, wenn man bereits bei der Einrichtung scheitert?

Wir haben in den vergangenen Wochen viel über die Digitalisierung der Schüler diskutiert. Die Beschaffung von iPads für Schulen war Thema im Stadtrat. Doch wie steht es mit der Digitalkompetenz der Erwachsenen? Es wäre naiv zu glauben, dass alleine die Schulen die Familien in die digitale Unabhängigkeit führen könnten. Wir müssen auch die Erwachsenen mitnehmen.

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