Anti-Gewalt-Projekt in Mönchengladbach Schulen befürworten „Boxenstopp“

Mönchengladbach · In 23 Grundschulen wird gewaltfreies Lernen trainiert. Dazu werden Schüler, Lehrer und Eltern geschult. Das Projekt, das der Rotary-Club initiiert hat, läuft 2020 aus. Die befragten Schulen wollen, dass es weitergeht.

 Schlagen, Treten und Ähnliches gehört in vielen Grundschulen der Stadt dazu. In einer Befragung berichteten fast 40 Prozent der Direktoren davon. Sie sind überzeugt, dass das Lern-Klima durch ein Anti-Gewalt-Projekt besser wird.

Schlagen, Treten und Ähnliches gehört in vielen Grundschulen der Stadt dazu. In einer Befragung berichteten fast 40 Prozent der Direktoren davon. Sie sind überzeugt, dass das Lern-Klima durch ein Anti-Gewalt-Projekt besser wird.

Foto: dpa/Oliver Berg

Boxenstopp nennt sich ein Sozialprojekt, das vor sechs Jahren der Rotary-Club in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Schulamt an 23 Grundschulen der Stadt initiiert hat. „Ein gutes Projekt“, sagt Oberbürgermeister Hans-Wilhelm Reiners, der Schirmherr dieses Anti-Gewalt-Projektes ist, und verwies beim Jahrestreffen am Dienstag von beteiligten Schulen, Sponsoren, Eltern und Mitgliedern des Rotary Clubs darauf, dass dieses professionelle Anti-Gewalt- und Konfliktlösungstraining eines der größten Sozialprojekte der Stadt ist. Etwa 6.600 Grundschüler nehmen daran teil.

„Boxenstopp“ soll dabei helfen, Gewalt an Grundschulen zu vermindern. Schüler der Klassen eins bis vier durchlaufen ein bewegungsorientiertes Förder- und Schulungsprogramm. Parallel dazu werden Lehrer fortgebildet und Eltern einbezogen. Noch bis 2020 wird den teilnehmenden Grundschulen dieses professionelle Anti-Gewalt- und Konfliktlösungstraining angeboten. Umgesetzt wird es durch die Organisation „Gewaltfrei Lernen“.

„Das Ziel ist es, den Lehrern und Schülern sowie deren Eltern spielerisch einen respektvollen Umgang beizubringen“, sagte Sibylle Wanders, pädagogische Leiterin des Vereins „Gewaltfrei Lernen“, am Dienstag. Mit einfachen Sätzen, wie „Lass mich los!“ oder „Fass mich nicht an!“, einer festen Körperhaltung und Augenkontakt signalisierten die Kinder ihrem Gegenüber, dass sie sich in dieser Situation unwohl fühlen. „Drei Schritte“, so Sibylle Wanders, „sind von den Kindern zu beachten, wenn sie geärgert werden.“ Beim ersten Mal sollten sie ruhig und selbstbewusst sagen: „Hör auf damit!“ Beim zweiten Mal heißt es: „Lass das, oder ich hole einen Erwachsenen.“ Und wenn dann immer noch geschubst und geärgert werde, erst dann sollen sich die Kinder an eine Aufsichtsperson wenden. Diese Übungen, so die Erfahrung, zeigen Wirkung laut Wanders: „Die Kinder befolgen die drei Schritte zur Konfliktlösung auf dem Pausenhof. Erst danach wenden sie sich an die Lehrer.“

Der Rotary Club Mönchengladbach hat zuletzt eine wissenschaftliche Befragung unter den Grundschulleitungen in Mönchengladbach vornehmen lassen. Das Ergebnis zeigt deutlich den großen Bedarf nach Anti-Gewalt-Maßnahmen: So kommen bei über 80 Prozent der Schulen körperliche Schikanen, Beleidigungen und Erniedrigungen „häufig“ bis „sehr häufig“ vor. Fast 40 Prozent der Schulleitungen berichten über Brutalitäten wie Schlagen, Treten und ähnliches. Die befragten Grundschulen sind überzeugt, dass durch ein Anti-Gewalt-Projekt das Lernklima verbessert werden kann.

 Sibylle Wanders, pädagogische Leiterin von „Gewaltfrei Lernen“., zeigt, wie Schüler sich richtig zur Wehr setzen.

Sibylle Wanders, pädagogische Leiterin von „Gewaltfrei Lernen“., zeigt, wie Schüler sich richtig zur Wehr setzen.

Foto: Markus Rick (rick)

Eigentlich sollte das Projekt bereits im vergangenen Jahr enden, doch durch die finanzielle Unterstützung durch die Rotarier, die Wilberz-Stiftung, die Sparkassen-Stiftung, die Elfriede Kürble-Stiftung, durch Unternehmen und Privatpersonen, wie zum Beispiel Eugen Viehof, kommen seit Start des Projekts bis Ende des Schuljahres 2020 zirka 500.000 Euro an Spendengeldern zusammen. 70.000 Euro spendeten die 70 Mitglieder des Rotary-Clubs Mönchengladbach, 90.000 Euro kamen von Rotary International hinzu, Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen spendeten 65.000 Euro.

Eine Fortsetzung wird seitens der Stadt und durch die starke Nachfrage der Grundschulen gewünscht. Dazu der Rotary Club: „Wir sind motiviert, ,Boxenstopp’ auch nach 2020 weiterzumachen.“ Und auch Eugen Viehof betonte: „Das ist doch eine gute Sache, und dafür spende ich gerne weiter.“

Eine weitere Befragung aller beteiligten Schulen im Juli zeigte eine Zufriedenheit mit Organisation und pädagogischer Arbeit. Die Schulen äußerten sich sehr zufrieden mit dem Programm und der Arbeit der Trainer. Sie bezeichneten das Projekt insgesamt als sehr wirkungsvoll, viele Schulen zeigten sich dankbar und sprachen sich für eine Fortsetzung aus. Das Lernklima im Unterricht habe sich bei mehr als der Hälfte der Schulen durch das „Boxenstopp“-Projekt verbessert.Ein Kritikpunkt aus den Schulen blieb jedoch: Übungen zum Umgang mit Beleidigungen seien nicht effektiv genug.

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