Was macht eigentlich ... Rolf Dohmen Aus Lürrip in die zweite Fußball-Liga

Mönchengladbach · Rolf Dohmen? Man muss sich schon etwas auskennen in der niederrheinischen Fußball-Historie, um ihn einordnen zu können. In den 1960er Jahren spielte der junge Mann aus Lürrip in der Regionalliga, direkt unter der Bundesliga, eine hoffnungsvolle Rolle als Fußballprofi. Doch zwei Achillessehnenrisse und eine schwere Knieverletzung stoppten seine Laufbahn.

 Klassenkameraden in Lürrip: Rolf Dohmen (M.), Rolf Göttel (l.) und Herbert Laumen.

Klassenkameraden in Lürrip: Rolf Dohmen (M.), Rolf Göttel (l.) und Herbert Laumen.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Rolf Dohmen saß in der Zeppelinschule neben einem Jungen, der mit 57 Treffern später hinter Jupp Heynckes der bis heute erfolgreichste Bundesliga-Torschütze Borussias werden sollte: Herbert Laumen. Und da war auch Rolf Göttel. Er war als Spieler zwar längst nicht so talentiert wie seine beiden Schulfreunde, machte aber ebenfalls Karriere im Fußball: als Schiedsrichter-Funktionär bis zur höchsten DFB-Ebene und als Stadionsprecher Borussias. Seine Stimme war am Bökelberg Kult und verkündet noch heute bei Gladbachs Heimspielen: „Tor für die Borussia“. Rolf Göttels Ansage ist auf Tonträger erhalten und längst auch Kult im Borussia-Park. Auch die Freundschaft mit Rolf Dohmen und Herbert Laumen hat bis heute Bestand.

Längst nicht nur in Lürrip beim SV Mönchengladbach 1910 schätzte man Rolf Dohmen. Den Höhepunkt seiner sportlichen Laufbahn erlebte der Mittelstürmer beim VfR Neuss. Der stieg 1966 in die Regionalliga West auf. Das war damals die zweithöchste deutsche Spielklasse, aus der ein Jahr zuvor Borussia mit Herbert Laumen den Anlauf zu einer der erfolgreichsten Mannschaften Europas genommen hatte.

Der VfR Neuss verpflichtete nach seinem Aufstieg Rolf Dohmen. Er hatte als Torjäger entscheidend zum Lürriper Höhenflug Mitte der 60er Jahre beigetragen: mit drei Aufstiegen in Folge aus der Bezirksklasse bis in die Verbandsliga, die damals höchste Amateurklasse, „Einen solchen Sprung hatte noch kein anderer Verein am Niederrhein geschafft“, sagt Rolf Dohmen heute noch stolz.

Seine Laufbahn begann auf der Lürriper Falkenstraße, wo sein Vater einen Frisörladen hatte. „Im Krieg war hier nur ein einziges Haus zerstört worden, alle anderen standen noch“, erzählt Rolf. „Als ich das erste Mal von der Neusser Straße durch den Tunnel am damaligen E-Werk zur Hindenburgstraße kam, sah ich erschrocken, was die Bomben dort angerichtet hatten.“

Die Falkenstraße war damals auch Fußballplatz. Und der zog die Kinder magisch an. „Sobald die Schule aus war, bin ich raus auf die Straße. Wir spielten anfangs noch mit Lappenknäueln, bis einer den ersten Lederball mitbrachte.“ Rolf war sieben, als Dieter Clemens ihn mit zum richtigen Fußballplatz am heutigen Gierthmühlenweg nahm, direkt neben der Niers, wo der SV Lürrip spielte und sehr bald das Talent des kleinen Rolf als Torjäger entdeckte. Schnell, schuss- und kopfballstark war er. Statistiken, die seine Trefferzahl in den ersten Jahren zeigen, sind nicht bekannt. Eins aber weiß er: „In der Kreisklasse waren es so an die 50 pro Saison.1960 wurden wir mit nur einem Minuspunkt und 124:10 Toren Meister.“

Mönchengladbach. Das Leben des Rolf Dohmen
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Der Lürriper Fußballprofi Rolf Dohmen

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Foto: Ehrenfried Schrey

Rolfs Trefferquote sprach sich bald über Gladbach hinaus herum, Berufungen in die Niederrhein-Auswahl folgten, es kamen Angebote anderer Klubs. Zum Bespiel vom Rheydter Spielverein, neben Borussia damals der „Platzhirsch“ in der Stadt. „30.000 Mark sollte ich bekommen.“ Aber dann erfuhr er, dass er als Spieler der Niederrheinauswahl bei einem Vereinswechsel ohne Freigabe eine ganze Saison gesperrt wäre. „Ein Jahr nicht spielen – das halte ich nicht aus“, sagte er, blieb in Lürrip, schoss weiter Tore am Fließband. Und bekam schließlich doch ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte: vom VfR Neuss, der 1966 gerade in die Regionalliga aufgestiegen war.

Neuss zahlte eine Ablösesumme (Ausbildungs-Entschädigung, sagt man heute) für den Torjäger, Lürrip erteilte ihm die sofortige Freigabe für den VfR. Rolf Dohmen: „Ich bekam 800 Mark im Monat, plus 150 Mark Siegprämie. Als Erstes kaufte ich mir einen gebrauchten Opel Admiral.“ Am 6. August 1966, einen Tag vor seinem 23. Geburtstag, machte er sein erstes Pflichtspiel für den VfR: im DFB-Pokal gegen den Wuppertaler SV. 3:2 gewannen die Neusser. Zwei Wochen später erlebte Rolf Dohmen seine Regionalliga-Premiere, gegen Arminia Bielefeld. 2:2 endete das Spiel – mit nur zehn Mann und ohne Rolf Dohmen. „Ich hatte das 1:0 geschossen, vor lauter Begeisterung einen gewaltigen Freudensprung gemacht und war total unglücklich auf dem Boden aufgekommen – meine linke Achillessehne riss beim Aufprall.“

Es war seine erste schwere Verletzung. Zwei Jahre später riss die rechte Achillessehne. Aber er kam erneut zurück, schoss weiter Tore, bekam wieder Anfragen, von Fortuna Düsseldorf und MSV Duisburg zum Beispiel. Preußen Münster machte ihm ein sehr attraktives Angebot. „Doch das Autobahnnetz war damals noch lückenhaft. Ich wollte nicht jeden Tag lange im Auto sitzen oder gar umziehen.“ Also blieb er beim VfR Neuss, schnitt täglich bis 14 Uhr in seinem mittlerweile eigenen Salon Haare und fuhr danach zum Training nach Neuss.

1970 aber erwischte es ihn erneut, diesmal am Knie, und zwar allzu heftig: Das vordere und das hintere Kreuzband waren kaputt – eine Verletzung, die damals nicht erfolgreich operiert werden konnte. Sein Vertrag mit dem VfR Neuss lief noch zwei Jahre, doch das half nicht: Er war nun Sportinvalide, seine Fußball-Laufbahn mit 26 Jahren beendet. Da war die Unfallrente, die er bis zum Lebensende erhält, kein Trost.

Er widmete sich fortan voll und ganz seinem Beruf als Friseur, in dem er ebenfalls gut war: „Mit 21 Jahren war ich der jüngste Friseurmeister im Bezirk.“ Dieses Handwerk hat ja auch Tradition bei den Dohmens. Rolfs Vater war, siehe oben, Friseurmeister, Ursula Koch aus Hermges, die Rolf 1969 heiratete, führte den Salon in Lürrip. Rolf eröffnete noch ein Geschäft in Korschenbroich-Herrenshoff, führte es bis 2007. Nur Sohn Sascha hat sich von der Tradition nicht beeinflussen lassen: Der 47-Jährige ist stellvertretender Filialleiter eines großen Bekleidungshauses.

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