Redaktionsgespräch Hans Wilhelm Reiners, Rafael Lendzion & Peter Wang Mönchengladbach reist nach China

Mönchengladbach · Der Oberbürgermeister und die beiden Vertreter der Wirtschaftsförderung sprechen über die anstehende Reise einer Mönchengladbacher Delegation ins Reich der Mitte. Sie sagen, warum der Name der Stadt dabei hilfreich ist - und warum es wichtig ist, dass Borussia mit im Boot ist.

 Peter Wang (l.) betreut seit zwei Jahren den "China Desk" bei der Wirtschaftsförderung, bei der Rafael Lendzion (r.) Teamleiter ist. In der Mitte: Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, der die rund zwölfköpfige Delegation anführt.

Peter Wang (l.) betreut seit zwei Jahren den "China Desk" bei der Wirtschaftsförderung, bei der Rafael Lendzion (r.) Teamleiter ist. In der Mitte: Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, der die rund zwölfköpfige Delegation anführt.

Foto: Knappe

Vom 26. März bis 2. April fährt eine Delegation von Mönchengladbacher Unternehmern und Branchenvertretern unter der Leitung von Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners nach China. Das ist ein Signal, das von der Bedeutung des chinesischen Marktes zeugt. Hat es etwas Vergleichbares schon einmal gegeben?

Hans Wilhelm Reiners Ja, vor zehn Jahren ist schon einmal eine Delegation nach China gereist, und zwar in die gleiche Region, nach Jiangsu. In der Zwischenzeit hat sich aber viel bewegt. Deshalb ist es sinnvoll, die Reise jetzt zu wiederholen und die Kontakte zu intensivieren. Düsseldorf legt ja schon seit Jahren einen Schwerpunkt auf China.

Wie wichtig ist der chinesische Markt geworden, um als kommunale Wirtschaftsförderung eine solche Reise zu organisieren?

Reiners In Mönchengladbach haben sich inzwischen Unternehmen mit chinesischem Hintergrund angesiedelt. Die Chinesen sind auch als Investoren präsent: Schorch zum Beispiel hat einen chinesischen Eigentümer. In den zweieinhalb Jahren, in denen ich Oberbürgermeister bin, habe ich bestimmt schon vier bis fünfmal Gäste aus China begrüßt.

Rafael Lendzion Bei Monforts Textil ist eine chinesische Gruppe eingestiegen, auch Monforts Werkzeugmaschinen wurden von einem chinesischen Unternehmen übernommen. In unserer Region ist China unter den Top 10 bei Direktinvestitionen. Aber auch mittelständische und kleine Unternehmen aus unserer Stadt haben inzwischen viele Beziehungen nach China, nicht nur über den Einkauf, sondern auch über den Vertrieb. Der Niederrhein ist schließlich eine exportstarke Region. So werden Arbeitsplätze geschaffen und erhalten.

Reiners Außerdem arbeiten auch Gladbacher Unternehmen wie Aunde oder Trützschler in China. Ich bin gespannt zu sehen, wie diese Unternehmen dort aufgestellt sind.

Die Wirtschaftsförderung Düsseldorf pflegt schon länger die Beziehungen zu China. Gibt es Überschwapp-Effekte?

Peter Wang Die chinesische Community ist nicht nur auf Düsseldorf fokussiert, sondern hat die ganze Großregion im Auge. Es hat in den letzten sieben bis acht Jahren viele Ansiedlungen gegeben. Inzwischen sind fast 1000 chinesische Unternehmen in NRW, viele auch in unserer Region präsent. Dabei handelt es sich nicht nur um große, sondern auch um kleine und mittelständische Unternehmen. In Mönchengladbach leben 400 Einwohner mit chinesischem Hintergrund. Es sind überwiegend Akademiker, die hier studiert haben und geblieben sind. Und sie leben auch in Mönchengladbach, weil Mieten und Immobilienpreise günstiger sind als in Düsseldorf. Umgekehrt machen aber auch kleine und mittelständische Unternehmen mit China Geschäfte. Manche Geschäftsmodelle basieren auf der Kooperation mit China. Zum Beispiel beziehen Vertreiber von Werbemitteln oder auch für Büromarktbedarf ihre Waren komplett auch China.

Lendzion Ein gutes Beispiel ist auch ein Mönchengladbacher Unternehmen für Modeaccessoires, das in Asien einkauft. Der Eigentümer begleitet uns jetzt auch auf der Unternehmerreise.

Das heißt, die Wirtschaftsförderung Mönchengladbach legt viel Wert auf die Kontakte nach China. Das ist ungewöhnlich bei einer Stadt dieser Größe.

Lendzion Ja, China ist für uns einer der strategischen Leitmärkte. Deswegen arbeiten wir auch mit Peter Wang zusammen, der die chinesischen Gäste in ihrer Landessprache ansprechen kann.

Warum hat man sich entschlossen, die Reise allein zu unternehmen - und nicht in größerem Verbund auf Regions- oder Landesebene, etwa mit dem Rhein-Kreis Neuss oder mit Krefeld?

Reiners NRW Invest bietet uns schon Unterstützung, sie haben gute Kontakte und Repräsentanten vor Ort. Wir haben gute Hinweise von ihnen bekommen.

Lendzion Wir sprechen uns auch regional ab, aber in diesem Fall glauben wir, dass es gut ist, die Mönchengladbacher Interessen zu bündeln.

Was muss geschehen, damit man hinterher sagen kann: Es hat sich gelohnt?

Reiners Es ist schwer, so etwas in Zahlen auszudrücken. Wenn auch nur eine Investition daraus entspringt, hat es sich schon gelohnt. In erster Linie geht es darum, Vertrauen aufzubauen und zu vermitteln, dass wir ein Interesse am chinesischen Markt haben. Das ist für eine Stadt wie Mönchengladbach nicht selbstverständlich.

Lendzion Der Weg ist das Ziel. Die Wirkung einer solchen Reise ist nicht kurzfristig zu sehen. Düsseldorf arbeitet seit zehn Jahren auf diesem Feld.

Wie wichtig ist es, dass der Oberbürgermeister die Wirtschaftsdelegation anführt?

Wang Das ist sehr wichtig, denn so werden auch von chinesischer Seite ranghohe Vertreter teilnehmen. Je höher der Rang, desto größer die Werbekraft.

Wer nimmt von Mönchengladbacher Seite an der Reise teil? Und was erhoffen sich die Teilnehmer?

Lendzion Es ist ein breiter Branchenmix. Logistiker sind dabei, eine Marketingagentur, Unternehmen des Gesundheitswesens. Und auch eine Schule, die ihren China-Schwerpunkt ausbauen möchte. Im Gesundheitswesen geht es zum Beispiel um die Vermittlung medizinischer Dienstleistungen. Es sind Teilnehmer dabei, die bereits Kontakte nach China haben und andere, die ein Gefühl für den Markt entwickeln möchten. Und wir haben ein Zugpferd dabei: Borussia Mönchengladbach. Der Verein ist bekannt und wird in vielerlei Hinsicht auch ein Türöffner sein.

Reiners Wir wollen außerdem auch Netzwerke schaffen. Wir stehen da nicht bei Null, aber es gilt, das Vorhandene zu intensivieren.

Welche Aktivitäten vor Ort sind geplant?

Wang Unsere kommunalen Partner in China werden chinesische Partnerunternehmen einladen. In lockerer Atmosphäre wird man sich kennenlernen. Es wird auch ein Matchmaking geben. Und natürlich werden wir auch Mönchengladbach vorstellen.

Sie haben sich etwas Besonderes einfallen lassen, um den sperrigen Namen Mönchengladbach chinesischen Ohren näher zu bringen.

Wang Normalerweise werden Namen im Chinesischen phonetisch wiedergegeben. Dann klingt die erste Silbe wie das chinesische Wort für Tür oder Tor, die zweite Silbe hat die Bedeutung "aufstrebend" oder "prosperierend". So wird Mönchengladbach zum Tor zu einer Boomregion.

Was sind die Highlights der Reise?

Reiners Ich freue mich besonders auf Shanghai. Schon die Skyline ist extrem beeindruckend. Aber auch auf eine Stadt wie SuQian, die noch gar nicht so lange existiert und doch schon zehn Millionen Einwohner hat und sehr grün sein soll, bin ich gespannt.

Wie wichtig ist der Aspekt der Digitalisierung bei dieser Reise?

Wang China gehört in manchen Bereichen zu den technologisch führenden Märkten. Die Delegation kann sicherlich Anregungen und Inspirationen mitnehmen.

Reiners Ich möchte mich auf jeden Fall darüber informieren, wie die Verwaltung dort im Hinblick auf die Digitalisierung aufgestellt ist.

Gibt es andere Märkte, die die gleiche Bedeutung für Mönchengladbach haben wie China?

Reiners Auf lange Sicht wird Afrika sicher interessant sein. Heute steht Afrika dort, wo China vor 20 Jahren war.

Lendzion Neben China gehören noch die Türkei und die Niederlande zu unseren strategischen Leitmärkten.

ANGELA RIETDORF UND JAN SCHNETTLER FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

* DIE CHINESISCHEN SCHRIFTZEICHEN BEDEUTEN "MÖNCHENGLADBACH".

(RP)
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