Kolumne Denkanstoß Ein neues Virus

Mönchengladbach · Unser Autor schreibt über Gewalt – auch in Stadien.

 Mäzen Dietmar Hopp ist Opfer von Beleidigungen.

Mäzen Dietmar Hopp ist Opfer von Beleidigungen.

Foto: dpa/Michael Probst

Alle reden davon. Das Coronavirus hat Mönchengladbach längst erreicht. Desinfektionsmittel und Mundschutz sind ausverkauft. In den Regalen der Supermärkte scheinen besonders Nudeln und Toilettenpapier gefragt zu sein, obwohl ich den Zusammenhang nicht verstehe. Wenn der Papst einmal kräftig hustet, ist auch der Heilige Stuhl betroffen. Die Warnung vor der Panik macht erst Panik. Dennoch ist es richtig, sich lieber einmal mehr die Hände zu waschen als einmal zu wenig. Und Quarantäne macht manchmal Sinn.

Ich gerate in Panik vor einem anderen Virus, dessen Ansteckungsgefahr immer noch nicht richtig erkannt ist. In Deutschland grassiert das Virus „Gewalt“. Ein Regierungspräsident wird Mordopfer, in Hanau werden Menschen erschossen, Profifußballer Jordan Torunarigha von Hertha BSC wird mit Affenlauten geschmäht und ein Fußballmäzen zum Abschuss freigegeben. Nichts anderes bedeutet das Fadenkreuz. Die Zahl der hässlichen Szenen in den Stadien hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Das neue Virus zeigt seine Wirkung. Ich vermute, dass ein gesamtgesellschaftlicher Zusammenhang besteht, seit bestimmte Politiker in ihrer Wortwahl dem Virus „Gewalt“ einen Nährboden bereiten. Eine Aussage wie „alimentierte Messermänner“ im Bundestag lässt doch Verwandtschaft zu „Hurensohn“ in den Stadien erkennen. Sprache verrät Gewalt. Nicht umsonst sprechen wir von Rufmord.

 Albert Damblon ist Seelsorger an St. Benedikt.

Albert Damblon ist Seelsorger an St. Benedikt.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)/Ilgner,Detlef (ilg)

Wahrscheinlich reichen in den Stadien keine Beruhigungsgesten der Verantwortlichen mehr. Unter Umständen ist Quarantäne gegen die Virusträger der Gewalt sinnvoll, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Jugendliche müssen besonders geschützt werden. Stadien können abgeriegelt werden. In Italien sind ganze Orte wegen Corona gesperrt. Wichtig wäre auch ein Mundschutz für die Schreihälse, damit sie ihren Mund halten müssen und keine Gewaltparolen von sich geben, gerade jetzt, wenn eine neue Flüchtlingswelle bevorsteht. Weil alles zusammenhängt, gilt die Maßnahme nicht nur für die Stadien. Als Kirchenmann habe ich mehr Angst vor dem Virus „Gewalt“ als vor Corona.

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