Mönchengladbach Polizei riet in Teilen von Blauer Route ab

Mönchengladbach · Auf Viktoriastraße, Buscherstraße und Teilen der Brucknerallee sei eine Fahrradstraße nicht möglich, teilte die Polizei vor zwei Jahren der Stadt mit. Das Rathaus wies diese Einschätzung am Freitag zurück. Gegner der Route sehen sich bestätigt.

 Blaue Route im Regen Fahrradstraße nass Symbol auf Asphalt Straße

Blaue Route im Regen Fahrradstraße nass Symbol auf Asphalt Straße

Foto: Andreas Gruhn

Die Fahrradstraße „Blaue Route“ zwischen den Innenstädten Rheydt und Mönchengladbach ist in Teilen gegen den Rat der Polizei entstanden. Das geht aus einer Einschätzung des Direktionsleiters Verkehr der Polizei, Dirk Hoff, an die Stadtverwaltung vom September 2016 hervor. Die Stellungnahme der Polizei ist auf Anweisung des Landesbeauftragten für Informationsfreiheit an Anwohner der Blauen Route herausgegeben worden, die gegen die Fahrradstraßen-Regelung vorgehen. Die Polizei leitete die Stellungnahme auch an unsere Redaktion weiter.

Darin heißt es: Fahrradstraßen kämen dann in Betracht, wenn der Radverkehr vorherrschende Verkehrsart oder dies künftig zu erwarten sei. „Das schließt eine Fahrradstraße auf der Viktoriastraße aus. Gleiches gilt in ähnlicher Form auch für die Buscherstraße.“ Die Polizei bemerkt in der Stellungnahme, dass beide Straßen aufgrund stark frequentierter Gebäude (Discounter, Jobcenter, Schulen, Hochhäuser) erheblich mit Autoverkehr belastet seien. Auch für den Bereich der Brucknerallee zwischen dem Fischerturm und dem Rheydter Marktplatz, wo es ein Schwimmbad, Arztpraxen, ein Amtsgericht und mehr gibt, hatte die Polizei bereits im September 2016 mitgeteilt, dass die „Einrichtung einer Fahrradstraße nicht möglich“ sei. Dennoch stehen dort seit September 2017 die entsprechenden Schilder. „Wir sind in unseren schlimmsten Befürchtungen bestätigt worden. Das stellt die Blaue Route völlig infrage“, sagt Anwohner Ulrich Pongs, der mit Nachbarn gegen die Fahrradstraße auf der Brucknerallee und der Richard-Wagner-Straße in der jetzigen Form vorgeht.

Vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf klagen die Anwohner gerade darauf, dass der Mittelstreifen für Radfahrer wieder freigegeben wird. Genau das hatte die Polizei in ihrer Stellungnahme vom September 2016 allerdings abgelehnt: „Der Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen sollte ausschließlich Fußgängern vorbehalten werden. Eine Freigabe für Radfahrer widerspräche dem Sinn der Fahrradstraße.“ Die Verkehrsexperten der Polizei befürchteten Probleme mit Radfahrern im Bereich der Kreisverkehre, wenn der Mittelstreifen befahrbar wäre. Die Stadt folgte diesem Einwand der Polizei.

Für die Richard-Wagner-Straße und die Brucknerallee zwischen der Breitestraße und dem Fischerturm kam die Polizei im September 2016 zu der Einschätzung, dass eine Fahrradstraße durchaus möglich sei, wenn dort keine Linienbusse fahren. Auf einem Teil der Strecke fährt aber noch die Linie 019. Genau die Abschnitte, die die Anwohner eigentlich bekämpfen, hält die Polizei demnach für eine Fahrradstraße geeignet. In einer weiteren Stellungnahme vom Mai 2017 betont Direktionsleiter Dirk Hoff: „Aus polizeilicher Sicht wird eine probeweise Einführung der Fahrradstraße unter Einhaltung der Richtlinien und Vorgaben mit anschließender Auswertung der erhobenen Daten begrüßt.“ Polizeipräsident Mathis Wiesselmann erneuerte diese Einschätzung am Freitag im Gespräch mit Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, wies aber erneut auf die kritischen Punkte hin.

Die Polizei ist nur Ratgeber, der vor einer solchen Entscheidung vorab angehört wird. Die Anordnung, eine Fahrradstraße einzurichten, kann das Ordnungsamt der Verwaltung allein treffen. Die Stadt hält an der Fahrradstraße „Blaue Route“ fest, wie das Rathaus am Freitag bekräftigte. „Der Einschätzung der Polizei, dass die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung die Einrichtung einer Fahrradstraße ausschließt, wenn Radverkehr nicht die vorherrschende Verkehrsart ist, konnte die Stadtverwaltung nicht folgen“, teilte Stadtsprecher Dirk Rütten mit. Fahrradstraßen dienten der Förderung des Radverkehrs, der im Zuge des Masterplans und der stetig steigenden Verkäufen von E-Fahrrädern weiter zunehmen werde. „Die Blaue Route ist in erster Linie eine Angebotsplanung an den Radverkehr in der Stadt, der jahrelang nicht in ausreichendem Maße gewürdigt worden ist“, teilte die Stadt mit.

Anders als die Polizei vertritt die Stadt die Auffassung, dass der Autoverkehr auch auf den kritisierten Abschnitten eine untergeordnete Bedeutung hat. Das Verkehrsaufkommen auf der Brucknerallee zwischen Rheydter Markt und Nordstraße habe in den vergangenen beiden Jahren bei täglich zwischen 5500 und 5900 Fahrzeugen gelegen, zwischen Nordstraße und Breitestraße bei rund 4500, nördlich der Breite Straße bei 3100 Fahrzeugen am Tag. Die Viktoriastraße nutzten knapp über 3000 Autos am Tag. Auf einer Hauptverkehrsstraße würden hingegen 10.000 bis 40.000 Fahrzeuge täglich gezählt. Eine zweispurige Straße würde gut 20.000 Fahrzeuge am Tag verkraften. „Das geringe Verkehrsaufkommen auf den betroffenen Straßenzügen sprach also nicht gegen die Einrichtung einer Fahrradstraße“, folgert die Stadt. Außerdem gebe es keine Vorschrift, dass Fahrradstraßen nur auf Straßen ohne Linienbusverkehr eingerichtet werden dürfen. Dennoch will die Stadt in Abstimmung mit der NEW die Linie 019 auf die Nordstraße und die Gartenstraße verlegen. Dies werde seit Beginn der Planungen diskutiert, brauche aber einen gewissen Vorlauf. „Bisher sind keine Probleme zwischen Busverkehr und Fahrradverkehr bekannt geworden“, teilte die Stadt mit.

Einig sind sich Polizei und Stadt darin: „Die Fahrradstraße ist völlig unauffällig, was die Verstöße angeht“, sagt Polizeisprecher Lützen. Dies hätten die regelmäßigen Tempo-Kontrollen ergeben. Die Stadt legte neue Zahlen der Kontrollen vor: Demnach seien bei 15 Kontrollen zwischen Anfang Februar und Ende Juli in insgesamt 20 Stunden Messzeit genau 1614 Fahrzeuge erfasst worden. Davon waren 103 schneller als die erlaubten Tempo 30 (nach Abzug der Toleranz). Allein 29 dieser Verstöße wurden bei einer einzigen abendlichen Kontrolle am 17. Juli erfasst, so die Stadt.

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