Bengalos in Eicken Polizei räumt Fehler nach Feier von Borussia-Ultras ein

Mönchengladbach · In der Nacht zum Samstag war eine Feier zum 120. Geburtstag von Borussia Mönchengladbach eskaliert. Im Stadtteil Eicken wurden unter anderem Bengalos und Flaschen geworfen. Der Fall wird nun polizeiintern nachbereitet.

 In Eicken flogen in der Nacht zum Samstag Bengalos und Flaschen, berichten Anwohner.

In Eicken flogen in der Nacht zum Samstag Bengalos und Flaschen, berichten Anwohner.

Foto: Theo Titz

Es war das erste Mal, dass sich Stefan Winkels* (Name geändert) und seine Familie in ihrer Wohnung nicht sicher gefühlt haben. Überall flogen Bengalos. Grölende Menschenmassen schoben sich durch die Eickener Fußgängerzone. Flaschen flogen. „Und nirgendwo konnten wir einen Streifenwagen sehen“, sagt der Anwohner. Die Corona-Schutzvorschriften seien in der Nacht von Freitag auf Samstag ausgesetzt gewesen. „Die Leute standen dicht gedrängt und niemand hatte eine Mund-Nasen-Maske an“, berichtet Stefan Winkels. Und er sagt auch: „Da waren nicht 300 auf der Straße, das waren 3000.“ Auf Instagram und Facebook verbreitete Filme zeigen tatsächlich: Es waren weit mehr als 300 Menschen.

Viele Anwohner hatten sich am Montag über die eskalierte Feier der Ultra-Fans von Borussia zum 120. Geburtstag des Klubs beschwert. „Polizei und Ordnungsdienst seien völlig überfordert gewesen“, sagen sie. Bis nach 3 Uhr sei laut gefeiert worden. Einige Fans hätten versucht, Metallpfosten aus dem Boden zu ziehen. Aus Angst, sie könnten in Schaufenster landen, seien Geschäftsleute zur Nachtwache in ihren Ladenlokalen geblieben. Obwohl die Polizei wiederholt angerufen worden sei, habe sich die Menschenansammlung nicht aufgelöst.

 Obwohl die Polizei mehrfach gerufen wurde, konnte die Feier nicht unter Kontrolle gebracht werden.

Obwohl die Polizei mehrfach gerufen wurde, konnte die Feier nicht unter Kontrolle gebracht werden.

Foto: Theo Titz

Tatsächlich waren Polizei und KOS-Mitarbeiter im Einsatz. Die Polizei hatte sogar Unterstützungskräfte aus anderen Behörden angefordert. Doch nach bisherigen Erkenntnissen wurde kein einziges Bußgeld wegen Verstoßes gegen das Corona-Schutzgesetz ausgestellt.

Die Stadt erklärt dazu, dass zwar KOS-Mitarbeiter im Einsatz gewesen seien, „aber bei der großen Gruppe von Leuten, die sich in Eicken versammelt und dann auch noch verteilt haben, die alkoholisiert waren und mit Feuerwerkskörpern hantiert haben, war ein Einschreiten des Ordnungsamtes nicht möglich – und wegen des hohen Risikos einer weiteren Eskalation auch gefährlich und deshalb nicht vertretbar.“

Auch bei der Polizei werden Fehler eingeräumt. Sie war nicht überrascht davon, dass Fans und Angehörige der Ultraszene den 120. Geburtstag der Borussia feierlich begleiteten.

Der Aufruf aus der Szene, Fenster und Häuser zu schmücken sowie gemeinsam in den Gaststätten zu feiern, sei öffentlich gewesen. Vonseiten der Initiatoren sei jedoch auch dazu aufgerufen worden, friedlich zu feiern und sich regelkonform zu verhalten, um den Einsatzkräften von Polizei und Stadt keinen Grund zu geben, einschreiten zu müssen. „In unserer Bewertung der Informationen als Behörde haben wir uns dazu entschieden, dieser Aufforderung Gewicht zu geben und den Teilnehmenden zuzutrauen, dass sie sich entsprechend verhalten“, sagt Polizeisprecherin Cornelia Weber. Dies sei auch vor dem Hintergrund geschehen, dass derzeit öffentlich diskutiert wird, ob und inwieweit Fußballspiele künftig unter gewissen Auflagen wieder mit Zuschauern möglich sind. „Es wäre unserem Gedanken nach gerade in dieser Situation im Sinne der Fans gewesen, keine Angriffsfläche in Bezug auf die Umsetzbarkeit der Abstandsregeln zu bieten“, sagt sie.

 Im Nachhinein habe sich gezeigt, dass die Lageeinschätzung unzutreffend war. Sowohl die Bewertung als auch der Einsatz selber seien bei der Polizei Mönchengladbach derzeit Gegenstand interner Nachbereitungen. Polizeipräsident Mathis Wiesselmann versichert: „Wir werden aus diesen Vorkommnissen unsere Schlüsse ziehen. Ankündigungen durch Ultragruppierungen werden zukünftig noch kritischer hinterfragt.“

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