Mönchengladbach Diskurs zur Bausubstanz des europäischen Hauses

Mönchengladbach · Die Theologen Hurtz und Denker diskutierten mit den Politikern Berger und Heinrichs über Europa. Die Philippus Akademie hatte eingeladen.

 Podiumsdiskussion mit Stefan Berger, Dietrich Denker, Martina Wasserloos-Strunk. Klaus Hurtz und Holger Hintzen (v.l.)

Podiumsdiskussion mit Stefan Berger, Dietrich Denker, Martina Wasserloos-Strunk. Klaus Hurtz und Holger Hintzen (v.l.)

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Zu Beginn wählte Ute Dornbach-Nensel das anschauliche Bild eines Mehrfamilienhauses: Von 28 Wohnungen im europäischen Haus wird bald eine frei, während weitere Bewohner über einen Auszug nachdenken oder sich nicht mehr zuhause fühlen. „Europa – ein Haus mit vielen Wohnungen. Gemeinsam bauen, statt einreißen“ überschrieb die Philippus-Akademie des evangelischen Kirchenkreises Gladbach-Neuss die Podiumsdiskussion zur Europawahl.

In der evangelischen Hauptkirche Rheydt debattierten die Theologen Superintendent Dietrich Denker und Regionalvikar Klaus Hurtz mit den Politikern Stefan Berger, Europakandidat der CDU, und Felix Heinrichs, Vorsitzender der SPD-Fraktion Mönchengladbach, über Gestaltungsmöglichkeiten der europäischen Union.

Martina Wasserloos-Strunk betonte in ihrer fundierten Einführung, dass Europa Thema des kirchlichen Handelns sein muss. Die Leiterin der Philippus-Akademie gestand ein, dass das Friedensprojekt an Glanz verloren habe. Das läge vermutlich auch an der Tatsache, dass der Krieg vielen nicht mehr aus eigenem Erleben bekannt und andere Bilder in den Vordergrund gerückt seien. Dabei würden Europa-Nörgler die Schwierigkeiten in den Vordergrund stellen. „Dass Europa einfach zu wuppen sei, hat keiner behauptet. Wenn viele Meinungen aufeinandertreffen, muss man sich zusammenraufen, sonst gibt es Chaos“, sagte Martina Wasserloos-Strunk.

In Anlehnung an den gewählten Titel befragte Moderator Holger Hintzen, Redakteur der Rheinischen Post, die Diskussionsteilnehmer zur Bausubstanz des europäischen Hauses. Im Vergleich zu großen Kirchenbauten hob Dietrich Denker den Prozesscharakter einer Architektur hervor, die niemals abgeschlossen sein werde. Stefan Berger stimmte dem zu und betonte die Notwendigkeit eines Umbaus, um angesichts eines rasanten technischen Wandels zukunftsfähig zu sein. Felix Heinrichs warb für ein Gefühl der selbstverständlichen Zugehörigkeit. Als wichtige Faktoren auf diesem Weg hob er die Bedeutung von Bildung und Schüleraustausch hervor. Parlamente sollten nicht aus Kostengründen aufgelöst werden. Stattdessen müsste es mehr Möglichkeiten zur politischen Mitbestimmung außerhalb medialer Netzwerke geben.

Pfarrer Klaus Hurtz warb für ein Handeln, das den Menschen guttue. „Dazu gehört, dass Ethik gelebt werden kann. Wenn wir nur auf Technik und Urbanität setzen, werden wir den Menschen nicht gerecht“, so der Regionalvikar. In einer Zeit, in der das ethische Fundament brüchig werde, gäbe es Egomanen und Einzelinteressen.

Im divergierenden Meinungsaustausch wurde gefragt, wie weit Europa wehrhaft sein muss, wie sehr die Behandlung der Flüchtlingsfrage die Krise der Europäischen Union spiegelt, wie sehr Europa durch den Brexit Schaden nimmt. Denker betonte, dass für ein besseres Miteinander innerhalb der europäischen Union und über ihre Grenze hinaus Haltung und Bewusstsein verändert werden müssten. Das könne kein Gesetz leisten, das sei zum Beispiel auch Aufgabe der Kirchen. „Europa kann nur gelingen, wenn wir Veränderungen zulassen, Bewährtes erhalten und Grundregeln in einer sich verändernden Welt beachten. Wenn wir uns hinter Mauern verstecken, werden wir scheitern“, so Denker

Einvernehmen herrschte, dass es keine Alternative zum vereinten Europa gibt.

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