Pilotprojekt in Mönchengladbach Zwei Abschlüsse in vier Jahren

Mönchengladbach · Ein Pilotprojekt verbindet die kaufmännische Ausbildung mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium. Mönchengladbach ist einer von elf Orten in NRW, an denen es angeboten wird.

 Im Berufskolleg am Volsgarten ist die neue „Studienintegrierte Ausbildung“ (Sia) avorgestellt worden.

Im Berufskolleg am Volsgarten ist die neue „Studienintegrierte Ausbildung“ (Sia) avorgestellt worden.

Foto: Iris Wiesmann

Noch nicht ganz in trockenen Tüchern ist das neue Projekt „Studienintergrierende Ausbildung NRW“ (Sia-NRW) für junge Menschen, die eine kaufmännische Ausbildung mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium kombinieren wollen. Aber es befinde sich auf einem guten Weg, wie die Leiterin des Berufskollegs Volksgartenstraße, Danièle Hamdan, bei der Präsentation vor Vertretern von Ausbildungsbetrieben und IHK meinte.

Das geringste Problem ist dabei der Abschluss eines Kooperationsvertrags zwischen dem Berufskolleg und der Hochschule Niederrhein. Wie von Seiten der Ausbildungsbetriebe moniert wurde, sei das Auswahlverfahren für neue Auszubildende längst im Gange. Berufskolleg und Hochschule hätten gut daran getan, früher über dieses Projekt, das bereits zum Beginn des Ausbildungsjahres im September 2022 an den Start gehen soll, zu informieren. Dann hätte man gezielter interessierte Bewerber auswählen können.

Das sei nicht möglich gewesen, bedauerte Hamdan. Der Zuschlag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sei erst jetzt erteilt worden. Dennoch hoffe sie, eine kleine Klasse mit rund 20 Auszubildenden einrichten zu können. „Die Schmerzgrenze sind sechs“, sagte sie. Diese Grenze dürfte erreicht werden, zumal schon bei der Präsentation zwei Auszubildende für dieses Projekt zugesagt wurden.

Mit Sia wird Neuland bei der Berufsausbildung beschritten. Die Auszubildenden zum Industriekaufmann betreiben in vier Jahren parallel zur Arbeit im Betrieb und zum Unterricht im Berufskolleg ein Studium an der Hochschule mit Bachelor-Abschluss. Der Clou dabei: Berufskolleg und Hochschule arbeiten Hand in Hand. Stoff, der im Berufskolleg unterrichtet wird, wird für das Studium an der Hochschule angerechnet. Der Lehrstoff der Hochschule wird vom Berufskolleg übernommen. „Damit werden Überschneidungen und Doppelungen vermieden“, erläuterte Ralph Bellartz, Projektkoordinator am Berufskolleg. „Der Vorteil für die Auszubildende, die zugleich Studierende sind, liegt auf der Hand: Nach vier Jahren haben sie neben der Berufsausbildung auch einen Bachelor-Abschluss.“ So müssten sich junge Menschen nach dem Schulabschluss nicht zwischen Ausbildung und Studium entscheiden: „Sie können es verbinden und herausfinden, was ihnen liegt“, so Bellartz. „Hier findet keine Entscheidung für den einen oder gegen den anderen Bildungsweg statt. Es gilt die Maxime: Studium trifft Berufsausbildung.“

Auch die Ausbildungsbetriebe hätten durch dieses Projekt einen Mehrwert. Sie würden nach zweieinhalb Jahren „fertige“ Mitarbeiter mit einem Lehrabschluss erhalten, die dann neben ihrer Tätigkeit im Unternehmen in weiteren eineinhalb Jahren an Wochenenden ihr Studium fortsetzen würden. Bellartz brachte das Projekt, für das es bisher nur die Idee und die Begeisterung dafür gibt, auf den Punkt: Auszubildende erwerben mit einem Bildungsgang zwei Abschlüsse an drei Lernorten in vier Jahren.

Auf vier Jahre ist das Projekt zunächst ausgerichtet. Mönchengladbach gehört zu den elf Pilotstandorten, an denen es in NRW umgesetzt werden soll. Professor Siegfried Kirsch, Dekan des Fachbereichs Wirtschaft an der Hochschule, sieht in Sia ein weiteres Projekt, das die Region fördert. Das Berufskolleg und die Hochschule Niederrhein würden die Ausbildung der Industriekaufleute auf innovative Weise verzahnen mit dem Studium der Wirtschaftswissenschaften. „Hohe Anrechnungen der Ausbildung auf das Studium, eine erfahrungsbasierte Entscheidung für das Studium und ein individuelles Laufbahncoaching sind die zentralen Argumente für die studienintegrierte Ausbildung, die sie gleichzeitig vom dualen Studium abgrenzen.“

Ob das Politprojekt auch ein Erfolgsprojekt wird, hängt jetzt von den Unternehmen ab. Sie müssen bis zum Start nach den Sommerferien die geeigneten Auszubildenden finden und sich gemeinsam mit ihnen auf das Neue einlassen.

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