Kolumne Denkanstoß Laschets Denk-Anstoß

Mönchengladbach · Der NRW-Ministerpräsident hat nach seinem Vorschlag eines Brückenlockdowns viel Häme einstecken müssen. Aber das Nachdenken ins Lächerliche zu ziehen, sagt für unseren Autor mehr über die aus, die das tun als über den, der nachdenkt.

 NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Wie oft schon über den Titel dieser Kolumne geschrieben wurde, weiß ich nicht. Vielleicht ist es noch nicht mal originär oder originell, was mir durch den Kopf geht. Aber das Nachdenken ist ja in aller Munde, seit unser Ministerpräsident und CDU-Vorsitzender Armin Laschet die Ostertage dafür benutzen wollte. Der Denkanstoß in der Rheinischen Post möchte auch nicht einfach nur gelesen sein, sondern soll im besten Falle zum Nachdenken anregen, nein anstoßen.

Das ist mehr als ein Schubsen. Während Schubsen eher zart und neckig ist, ist ein Stoß stark bis heftig. Gelingt mir und meinen Mit-Autoren und Mit-Autorinnen das immer?

Vor Ihrem Nach-Denken steht unser Vor-Denken. Was soll angestoßen werden, was bewegt die Menschen – oder auch nicht? Worauf möchte ich Sie hinweisen, worüber könnte es sich lohnen, einmal nachzudenken?

„Ich denke, also bin ich.“ Diese berühmten Worte des Philosophen, Mathematikers und Naturwissenschaftlers René Descartes (1596-1650) kommen mir in den Sinn. Die Herleitung Descartes’ ist kompliziert, vielleicht könnte man verkürzt sagen: Wie kann ich mir sicher sein, dass mein Leben keine Täuschung ist, dass ich vielleicht alles nur träume? Unsere Sinneswahrnehmungen können uns täuschen, sicher hingegen ist der Zweifel (Descartes spricht vom Dämon des radikalen Zweifelns). Zweifeln ist ein Denkvorgang. Für den Vorgang des Denkens muss es etwas geben, dass ihn ausführt. Dieses etwas ist laut Descartes das Ich. „Da es ja immer noch ich bin, der zweifelt, kann ich an diesem Ich, selbst wenn es träumt oder fantasiert, selber nicht mehr zweifeln.“

Nehmen wir uns alle genug Zeit zum Denken, zum Vor und/oder Nachdenken? Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, da scheinen schnelle Entscheidungen gefragt. Ich bin auch einer, dem so manches Mal die Geduld fehlt und ich bewundere Menschen, denen analytisches Denken so leicht von der Hand geht, dass sie schnell und durch-dacht handeln können.

Ich behaupte einmal, der Mehrzahl von uns ist diese Gabe nicht gegeben. Und es täte uns gut, sich ab und zu oder sogar öfter ganz bewusst Zeit zum Nach- oder Vordenken zu nehmen. Was ist schlecht daran, wenn ein so wichtiger Politiker wie Herr Laschet das für sich reklamiert? Er wurde dafür durch den Kakao gezogen.

Warum? Wer von uns möchte mit ihm tauschen und die Verantwortung tragen, die er und seine Kollegen und Kolleginnen für uns tragen? Muss ich da nicht sogar ein Nachdenken erwarten und Zeit dafür einräumen? Natürlich war vermeintlich auch schon vorher (genug) Zeit, natürlich muss und kann man nicht immer einer Meinung sein und muss nicht alles gut finden, was entschieden wird. Aber das Nachdenken ins Lächerliche zu ziehen, sagt für mich mehr über die aus, die das tun als über den, der nachdenkt.

Ja, mich hat das angekündigte Nachdenken von Herrn Laschet selbst nachdenklich gemacht. Und ich nehme mir vor, selbst (wieder) ganz bewusst nachdenklicher zu werden und Zeit dafür einzuplanen und zu nehmen.

Nicht, um mich nach Descartes zu vergewissern, dass ich bin, sondern zum Wohle meiner Umwelt und mir selbst. In diesem Sinne verbleibt ein nachdenklicher Burkhard M. Kuban

Der Autor ist ist Pfarrer Evangelischen Friedenskirchengemeinde Mönchengladbach Bezirk Hardt/Seelsorge Herzpark Mönchengladbach.

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