Serie Was macht eigentlich? Stadtführer mit Bildern und Kampfgeist

Sammlung Hoeveler: Dies ist keine teure Kunst, sondern ein „Schatz“ alter Ansichtskarten und neuerer Fotos aus Mönchengladbach. Peter Hoeveler, 72 Jahre, Drucker, Hobbyfotograf und streitbarer Bürger, hat sie zusammengetragen und arbeitet immer noch weiter an ihr.

 Historische Postkarten sammeln, selbst mit der Kamera auf „Jagd“ gehen, archivieren: Dies ist für Peter Hoeveler nicht Arbeit. sondern Hobby.

Historische Postkarten sammeln, selbst mit der Kamera auf „Jagd“ gehen, archivieren: Dies ist für Peter Hoeveler nicht Arbeit. sondern Hobby.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Man kann nicht immer gewinnen, aber man kann alles tun, um nicht zu verlieren: Dies ist eine positive Eigenschaft, die Peter Hoeveler von seinem Vater geerbt hat. So hat er zwei Jahre für den Erhalt des alten Stadtkassen-Portals auf dem Marktplatz neben dem Rheydter Rathaus gekämpft – mit hohem Zeiteinsatz und einer in dieser Stadt bis dahin beispiellosen Postkarten-Aktion, bei der rund 1500 Bürger mitmachten. „Wenn ich das nicht machen würde, bekäme ich Herzklabaster“, hat er 2012 gesagt, als die Aktion startete.

Herzklabaster hat der heute 72-Jährige trotzdem bekommen, aber ebenso überlebt wie das Spadtkassenportal den Abbruch am Rathaus, den zweimaligen Umzug mit Lagerung im Depot und anschließendem Wiederaufbau. „Optimal ist der neue Standort am Theaterpark aber keineswegs, sondern funktionslos wie die Arche auf dem Berg Ararat“, sagt Peter Hoeveler. Doch sein Kampf ist beendet, immerhin mit einem Teilerfolg.

 Handarbeit: Peter Hoeveler und Günter Krall haben einen rostigen Tankwagen umlackiert.

Handarbeit: Peter Hoeveler und Günter Krall haben einen rostigen Tankwagen umlackiert.

Foto: PH

Der Ur-Rheydter, gelernter Schriftsetzer und Industriekaufmann; wohnt und arbeitet seit 2012 in Hardt. „Ich werde aber im Herzen immer Rheydter bleiben. Ich bin zu spät umgezogen, um jetzt noch Hardter zu werden.“ Die Hoevelers aus Rheydt heißen seit mehr als einem Jahrhundert alle Peter und Werner, wobei die Reihenfolge der Vornamen variierte. Großvater Peter Hoeveler gründete 1932 die Buchdruckerei und Buchbinderei Peter Hoeveler an der Nordstraße, die aber in der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre nicht ins Laufen kam. Als er nach dem Krieg aus französischer Gefangenschaft zurückkehrte, kaufte Hoeveler an der Hugo-Preuß-Straße 45/47 ein Trümmergrundstück, das er Schritt für Schritt wieder aufbaute und auf dem er 1949 seine neue Druckerei bezog. 1953 wurde das Vorderhaus mit Fachgeschäft für Büro- und Schulbedarf bezugsfertig, in dem Mutter Erika bis 1996 hinter der Theke stand.

Sohn Werner, geboren 1925, hatte bei den Schorch-Werken Kaufmann gelernt. 1960 übernahm er den Betrieb nach dem frühen Tod des Vaters und sollte der vielleicht bekannteste der Hoevelers werden – allerdings wegen seiner sportlichen Erfolge: als Tischtennis-Spieler (Westdeutscher Meister 1954 mit Hans-Werner Schippers) und schließlich auch noch im Tennis bei einigen Vereinen. Und all das jahrzehntelang mit einer halben Lunge: Werner Hoeveler hatte im Krieg mit 19 Jahren in Russland einen Granatsplitter in die Lunge bekommen, der erst Mitte der 70er Jahre entfernt werden konnte. Vom Sport aber hat ihn diese Verletzung nicht abhalten können. Werner Hoevelers unbändiger Kampfgeist war ebenso bekannt wie seine Erfolge als Club- und Stadtmeister seiner Altersklasse.

 Tischtennis-Asse: Reinhard Schöler (links) und Werner Hoeveler.

Tischtennis-Asse: Reinhard Schöler (links) und Werner Hoeveler.

Foto: PH

Peter hat vom sportlichen Engagement des 2010 verstorbenen Vaters nicht so sehr viel mitbekommen. Gartenarbeit ist sein körperlich anstrengendstes „Hobby“. Schon früh war er von Eisenbahnen fasziniert, baute mit sehr viel Geduld Eisenbahn- und Automodelle nebst allem möglichen Zubehör. Seit 35 Jahren ist er in seiner Freizeit beim 1972 in Rheydt gegründeten Feldbahnmuseum Oekoven im Rhein-Kreis Neuss aktiv: „Da kann man sich handwerklich austoben und vieles lernen.“ Zum Beispiel, wie man mit einem Freund einen rostigen Tankwagen entrostet und innerhalb drei Tagen zum Löschwassertank umlackiert, weil die Feuerwehr eine Löschübung abhalten will. Dazu kommt seine „Schwäche“ für Oldtimer, die er bei den Classic Days auf Schloss Dyck zum 13. Mal begeistert bewundert hat.

 Peter und Ingrid Hoeveler spielen 1954 mit dem Tretroller.

Peter und Ingrid Hoeveler spielen 1954 mit dem Tretroller.

Foto: PH

Peter Hoeveler ist so ziemlich das Gegenteil seines umtriebigen Vaters. Er braucht keinen Trubel, sondern liebt den „himmlischen Frieden in Oekoven. Keiner meckert, alle freuen sich, wenn man was macht“. Aber wenn ihn etwas richtig ärgert, dann kann er auch auf die Barrikaden gehen. Dann kämpft er sehr beredt, öffentlichkeitswirksam und bissig. Etwa gegen den Abriss alter Eisenbahnbrücken, die zur Ortsgeschichte gehören, wie aktuell die der Bettrather Straße über die Hermann-Piecq-Anlage, die ursprüngliche Strecke der Rheinischen Bahn von Speick zum Bökel Bahnhof. In den 1870er-Jahren erbaut, ist sie für ihn ein Beispiel erhaltenswerter Architektur, aber auch ganz simpel fußgänger- und radfahrerfreundlicher Verkehrsführung.

 Gesund spielen: Peter und Ingrid 1954 auf der Odenkirchener Straße.

Gesund spielen: Peter und Ingrid 1954 auf der Odenkirchener Straße.

Foto: PH

Oder eben das oben genannte und prominenteste Beispiel: Dagegen, dass die Planer das über 100 Jahre alte Rheydter Stadtkassenportal so einfach abreißen, bestenfalls irgendwo lagern wollen und es womöglich gar als Schotter endet – „weil es die Sichtachse in die Marktstraße stört“.

 Schule Wilhelm-­Strauß-Straße, 1954, Peter ­Hoeveler ist Dritter von rechts in den zweiten Reihe.

Schule Wilhelm-­Strauß-Straße, 1954, Peter ­Hoeveler ist Dritter von rechts in den zweiten Reihe.

Foto: PH

Peter Hoeveler hat damals mehr als 1500 Postkarten gedruckt und verteilt, auf denen die Bürger ihre Meinung für den Erhalt des Portals kundtun und in den Briefkasten des Rathauses werfen konnten. Mehr als 1000 Bürger machten mit – „ich war selbst überrascht“. Es wurde eine Art kleiner Volksentscheid, dem man sich im Rathaus schließlich auch beugte. Nicht ganz so, wie Hoeveler es sich gewünscht hatte („Meine Idee war, das Portal als Eingang G zum Rathaus weiter zu nutzen“), aber immerhin.

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