Mönchengladbach Schöpfungsgarten wird für Besucher geöffnet

Uwe Reindorf, Pastoralreferent der Pfarre St. Vitus, über Vorbilder, Anknüpfungspunkte und die Bewahrung der Schöpfung.

 Uwe Reindorf ist Pastoralreferent der Gemeinde St. Vitus.   Foto: Jana Bauch

Uwe Reindorf ist Pastoralreferent der Gemeinde St. Vitus. Foto: Jana Bauch

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Herr Reindorf, Sie sind Pastoralreferent für die große Innenstadtgemeinde St. Vitus. Seit wann sind Sie in Mönchengladbach?

Reindorf Ich bin gebürtiger Gladbacher und in Ohler in den Kindergarten gegangen. Aufgewachsen bin ich allerdings in Viersen. Ich habe dann in Düsseldorf Philosophie, Politik und Sozialwissenschaften studiert und später noch ein Theologiestudium in Bonn angeschlossen.

Wollten Sie Priester werden?

Reindorf Zunächst einmal habe ich ein Praktikum in Köln gemacht, wo damals noch Heiner Koch, der heutige Erzbischof von Berlin, tätig war. Er hat mich sehr beeindruckt, auch weil er ein großartiger Priester ist. Das Amt wäre eine Option gewesen, aber ich habe mich dann anders entschieden.

Hat Sie der Zölibat abgehalten?

Reindorf Das war nur ein Punkt und nicht der wichtigste. Ich habe während des Theologiestudiums im Albertinum gewohnt und mir wurde bei diesem Zusammenleben zu wenig deutlich, was gelebtes Christentum eigentlich bedeutet. Das Hausleben war mir auf Dauer zu lieblos. Der Zölibat ist eine menschengemachte Regel, die man auch verändern kann. Vielleicht geht das schneller als man denkt. Ich bin selbst verheiratet, aber ich kann die Regel als solche auch verstehen. Ansprüche der Gemeinde und der Familie verbinden zu müssen, kann sehr aufreibend sein. Der Zölibat macht es möglich, sich auf den Beruf zu konzentrieren, aber das sollte immer freiwillig geschehen.

Welche Aufgaben übernehmen Sie in der Pfarre St. Vitus, die als Zusammenschluss von drei Gemeinden mit ehemals fünf Kirchen sehr vielfältig aufgestellt ist?

Reindorf Als ich 2015 herkam, wurde mir spontan die Citykirchenarbeit übertragen. Für ein paar Wochen, hieß es, aber ich habe es dann gemacht, bis dieses Jahr Christoph Simonsen die Aufgabe übernahm. St. Vitus besteht heute aus drei Gemeinden, St. Albertus wird als Jugendkirche genutzt, St. Elisabeth als Grabeskirche. Das Gebiet der Pfarre umfasst tatsächlich sehr unterschiedliche Quartiere und Menschen. Ich betreue JUKOMM, die Jugendarbeit im Step. Dabei kooperieren wir als katholische Gemeinde mit der Stadt und der evangelischen Christuskirchengemeinde. Kooperation wird großgeschrieben bei unserer Arbeit. Wir versuchen uns überall zu vernetzen. Die ökumenische Zusammenarbeit in der Innenstadt ist besonders gut. Kooperation bedeutet aber auch immer viel Koordinierungsarbeit.

Das Pastoral-Team von St. Vitus umfasst 14 Mitarbeiter. Das klingt viel.

Reindorf Ja, es ist ein großes Team, aber es gibt eben auch viele Aufgaben. Wir können uns kaum gegenseitig vertreten. Wenn jemand krank wird, fällt er aus und die Arbeit wird nicht gemacht. Das ist besonders in der Seelsorge schwierig und kann zu Verletzungen führen.

Sie haben sich für die Umgestaltung des alten Propstei-Gartens eingesetzt und mit dem Projekt Schöpfungsgarten begonnen. Gab es irgendwelche Probleme, die Idee umzusetzen oder weiter auszugestalten?

Reindorf Die Stadt Mönchengladbach und auch die Pfarre St. Vitus sind nicht reich. Um ein solches Projekt umzusetzen, muss man Anknüpfungspunkte schaffen, damit Menschen sich einbringen können. Die Bewahrung der Schöpfung ist eine Idee, die viele Menschen anspricht. Deshalb kann der Schöpfungsgarten ein Anknüpfungspunkt sein. Die Beziehungen, die sich so aufbauen, sind vielfältig und oft überraschend. Als zum Beispiel bekannt wurde, dass wir im Garten die Reste einer Grotte freigelegt haben, haben sich Angehörige der Legion Mariens gemeldet, die sich in diesem Zusammenhang einbringen wollen.

Soll der Schöpfungsgarten für die Öffentlichkeit geöffnet werden? Er liegt ja wunderbar in der Mitte der Stadt zwischen Abteigarten und Museum.

Reindorf Wir werden den Eingangsbereich an der Propstei noch umgestalten. Aber ja, es wird Öffnungszeiten geben. Den Garten ganz offen zu lassen, geht leider aufgrund des immer wieder auftretenden Vandalismuses nicht. Der Garten soll für Veranstaltungen genutzt werden. Wir suchen noch nach Ideen.

Sie sprechen von Anknüpfungspunkten. Ist das Ihr Ansatz, um das Leben der Gemeinden lebendig zu halten? Um Menschen anzusprechen?

Reindorf Ja, genau. Es wird immer davon gesprochen, Menschen dort abzuholen, wo sie sind. Das ist auch richtig, aber wir dürfen sie hinterher nicht wieder dorthin zurückbringen, wo sie waren. Für mich ist Kirche ein Ort, wo Menschen etwas tun und verändern können. Aber nicht, um sich selbst zu verwirklichen, sondern um auf ein Ziel hin arbeiten zu können, das Ziel, Gottes Schöpfung zum Leuchten zu bringen. Oder anders gesagt: die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wir sind Gottes Schöpfung und müssen für ihn nichts tun, aber in jeden ist etwas Gutes gelegt. Als Christen setzen wir Hoffnung gegen Angst.

Wie empfinden Sie Mönchengladbach? Wo liegen die besonderen Schwierigkeiten der Stadt?

Reindorf Mönchengladbach hat natürlich Probleme. Man darf sich bei der Arbeit deshalb nicht zu schnell frustrieren lassen. Wenn von 20 Jugendlichen zum Schluss drei etwas mitnehmen, dann ist das ein Erfolg. Wir versuchen, Halt zu bieten und Kommunikation anzubieten. Aber manchmal können wir auch ganz konkret helfen. Der Wohnraum für sozial Schwächere ist knapp, aber die Pfarre hat einige Wohnungen, für die der Kirchenvorstand  niedrige Mieten nimmt, um sozial Schwächeren konkret zu helfen.

Die Glaubwürdigkeit der Kirche wurde durch den Missbrauchsskandal nachhaltig erschüttert. Wie gehen Sie damit um?

Reindorf Das Bistum hat ein umfangreiches Präventionsprogramm aufgelegt, das wir hier vor Ort mit Leben füllen wollen, Das ist mit entsprechenden Verhaltensregeln für alle Mitarbeiter verbunden. Kirche in Mönchengladbach muss ein guter Ort für Kinder und Schutzbedürftige sein. Glaubwürdigkeit können wir nur mit Authentizität wieder herstellen.

Viele hauptamtliche Kirchenmitarbeiter klagen über einen sich ständig steigenden Verwaltungsaufwand.

Reindorf Ja, der Verwaltungsaufwand wächst. Das ist die Kehrseite der Transparenz, die wir alle wollen. Früher konnte man Geld aus der Handkasse nehmen, um Kleinigkeiten zu besorgen, heute muss alles belegt werden. Das ist übrigens auch in der pädagogischen Arbeit so. Die Sicherheitsvorschriften wurden so verschärft, dass zum Beispiel ein Paddelausflug auf der Niers kaum noch möglich ist.

Zum Schluss eine persönliche Frage: wann haben Sie das letzte Mal jemanden geärgert oder falsch behandelt?

Reindorf Ich erinnere mich an das Gespräch mit einer Kollegin vor einigen Wochen. Sie wollte mir etwas Wichtiges sagen und ich war gedanklich schon mit etwas ganz anderem beschäftigt und habe nicht richtig hingehört. Das geht gar nicht. Ich habe mich über mich selbst geärgert. Aus solchen Fehlern versuche ich zu lernen.

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