Kolumne Denkanstoß Passt schon – oder doch nicht?

Mönchengladbach · Bei seiner Tour durch das Bistum wollte Bischof Helmut Dieser erfahren, wie es seinen hauptamtlichen Mitgliedern geht. Er fragte aber auch, welche Haltung sie zu den Flüchtlingen in Moria haben.

 Wie geht es uns? Und wie geht es den Flüchtlingen in Moria? Wie sehen die Antworten auf beide Fragen aus?

Wie geht es uns? Und wie geht es den Flüchtlingen in Moria? Wie sehen die Antworten auf beide Fragen aus?

Foto: AP/Petros Giannakouris

Wir saßen mit Kollegen zusammen. Der Bischof von Aachen, Helmut Dieser, war zu Besuch. Er macht eine Tour durch sein Bistum und besucht alle hauptberuflichen Mitarbeiter, die in der Pastoral arbeiten,  alle Priester und Diakone in den Pfarreien, alle Gemeinde- und Pastoralreferenten und -referentinnen, die in Kommunionvorbereitung, Taufgesprächen, in der Begleitung von kranken und sterbenden Menschen tätig sind, die coronagemäße Gottesdienste feiern, die Essensausgaben und Sozialberatung organisieren, die mit Jugendlichen unterwegs sind, die offene Ohren und helfende Hände anbieten, die neue Ideen entwickeln, die wegen der bekannten Mängel der Kirche verbal angegriffen werden, die sich mit tiefgreifenden Anfragen einer säkularisierten und individualisierten Gesellschaft auseinandersetzen. Mit uns allen also wollte der Bischof persönlich ins Gespräch kommen. Er fragte, wie es uns denn so gehe. Einer der Kollegen antwortete so, wie es sein jugendlicher Sohn sagen würde: Passt schon. Also nicht super, aber auch nicht ganz schlecht, irgendwo im Mittelfeld.

Das Interesse des Bischofs ging weiter,  er wollte wissen, wo wir in unserem Handeln  missionarisch-diakonisches Potenzial sehen. Missionarisch nicht in dem Sinne, alle ins katholische Boot zu holen, sondern Zeugnis zu geben von der Nächstenliebe. Ob wir wach sind für die Nöte der Zeit, für die Nöte der Menschen in Mönchengladbach und anderswo. Welche Haltung haben wir zur Frage nach der Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria? Wir spüren das Dilemma zu entscheiden, ob wir Menschen aufnehmen sollen, die gegen eine Lebenssituation aufbegehren, die schon viele Jahre schlecht ist und wo keine wirkliche Besserung in Sicht ist. Das könnte andere zu ähnlichem Verhalten verleiten. Man hört schon den Begriff „Moriahandlungen“. Und dann sind auf einmal alle Flüchtlinge bei uns.

Da gilt es, gut abzuwägen und sich in verschiedenen Richtungen miteinander auszutauschen und zu beraten. Christliche Nächstenliebe ist wohl nur ein Motiv. Aber ein deutliches für ein Europa, dass sich vielfach als christliches Abendland bezeichnet. Die Migranten  würden auf die Frage, wie es ihnen geht, wohl nicht sagen: Passt schon. Ihr Leben ist nicht irgendwo im Mittelfeld.

 Ulrike Wellen ist Pastoralreferentin im Regionalteam der katholischen Region Mönchengladbach

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