Ehrenamtlich engagiert So helfen Onkolotsen Krebspatienten

Windberg · Sie kennen die Sorgen und Nöte von Krebspatienten, denn sie haben die Krankheit am eigenen Leib erlebt: Acht „Onkolotsen“ helfen Patienten in den Kliniken Maria Hilf, die Folgen der Diagnose Krebs zu bewältigen.

 Drei Onkolotsen aus dem Team (von links): Paul Prus, Gertrud Reibel und Helmut Keiper.   Foto: Angela Rietdorf

Drei Onkolotsen aus dem Team (von links): Paul Prus, Gertrud Reibel und Helmut Keiper. Foto: Angela Rietdorf

Foto: Angela Rietdorf

Die Diagnose Krebs ist wie ein Donnerschlag, die den Betroffenen und seine Angehörigen in ein Gefühlschaos stürzt. „Man fühlt sich ohnmächtig und geschockt, wenn man doch eigentlich hellwach sein müsste, um Entscheidungen zu treffen“, beschreibt Gertrud Reibel die Empfindungen eines Krebspatienten. Sie kann das nachvollziehen, denn sie war selbst an Krebs erkrankt. Heute hilft sie als ehrenamtliche „Onkolotsin“ anderen dabei, mit der Diagnose zurechtzukommen. Sie versorgt sie mit notwendigen Informationen, lacht und weint mit ihnen.

Onkolotsen gibt es seit März dieses Jahres im Onkologischen Zentrum der Kliniken Maria Hilf. Ihre Etablierung ist Teil des isPO-Programms, das momentan noch im Rahmen einer Studie die psychoonkologische Versorgung der Krebspatienten verbessern soll. Vier Kliniken arbeiten bei dieser Studie zusammen, federführend ist das Universitätsklinikum Köln.

Acht ehrenamtliche Onkolotsen sind seit dem Frühjahr in Mönchengladbach im Einsatz. Eine entscheidende Voraussetzung: Sie müssen selbst über Erfahrungen mit einer Krebserkrankung verfügen. Es sei wichtig, dass den Patienten jemand gegenübersitze, der das alles selbst mitgemacht hat, sagt Uta Gareis, als Case-Managerin für die Vermittlung der Onkolotsen zuständig. „Die Diagnose Krebs kann dazu führen, dass die Gefühle entgleisen“, weiß Paul Prus. „Wir können helfen, das wieder in den Griff zu bekommen, weil wir wissen, wie das ist.“ Er selbst ist nicht nur Onkolotse, sondern auch Leiter einer Heinsberger Selbsthilfegruppe für an Prostata-Krebs Erkrankte.

Die Ehrenamtler wurden im Haus der Krebsselbsthilfe in Bonn in Gesprächsführung geschult. Sie stehen als Gesprächspartner direkt nach der Erstdiagnose bereit. „Es mag komisch klingen, aber die Gespräche stärken mich auch selbst“, sagt Reibel. „Wir lachen zusammen und manchmal weinen wir auch zusammen.“ Aber die Onkolotsen haben auch einen Informationsauftrag. „Wir haben eine Tasche mit Infomaterial dabei“, erklärt Helmut Keiper, ebenfalls ehrenamtlich im Onkolotsen-Team aktiv. Das Material wird nach Postleitzahlen zusammengestellt, damit die Patienten über Listen mit hilfreichen Adressen in der Nähe ihres Wohnortes verfügen. „Wir können auch Ratschläge geben, was als nächstes zu tun ist“, sagt Keiper. Zum Beispiel erklären die Onkolotsen, welche Anträge gestellt werden müssen oder welche Reha-Angebote es gibt. „So etwas hätte ich mir bei meiner Erkrankung auch gewünscht“, sagt Gertrud Reibel. „Ich musste mir alles mühsam zusammensuchen.“

Nur eines dürfen die Onkolotsen nicht: über Therapien reden oder medizinische Ratschläge geben. Es geht nur um psychische, finanzielle oder praktische Probleme. Aber was heißt hier „nur“ – das sind die Dinge, die die Patienten, aber auch ihre Familien zusätzlich belasten. Denn auch die Angehörigen können nicht immer unterstützen, sie sind ebenfalls betroffen. „Meine Frau war von der Diagnose Krebs noch geschockter als ich“, sagt Paul Prus. Umso wichtiger, dass möglichst schnell Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die wissen, wovon sie reden, informieren und beraten können.

40 Patienten wurden bisher im Rahmen der isPo-Studie begleitet. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv, bestätigt Case-Managerin Uta Gareis. „Die Informationen sollen die Patienten möglichst früh erreichen“, erklärt sie. Die isPO-Studie wurde gerade mit einem Gesundheitspreis ausgezeichnet. Sie wird von den gesetzlichen Krankenkassen unterstützt und läuft noch bis März 2020. Ob ein Projekt wie die Onkolotsen danach zur Regelleistung wird, ist noch offen. „Wir wären sehr dafür“, sagt Gareis, die sich noch mehr ehrenamtliche Onkolotsen wünscht.

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