Denkanstoß O komm du Geist der Wahrheit

Mönchengladbach · Zunächst eine Beobachtung: Wir sind in dem Teil des Kirchenjahres angekommen, in dem es vielen schwerfällt, die Bedeutung der christlichen Feste mal eben schnell zu erklären. Wer kann schon unfallfrei sagen, was an Christi Himmelfahrt (vielleicht noch am einfachsten), Pfingsten, Trinitatis oder Fronleichnam gefeiert wird?

 Abendmahl

Abendmahl

Foto: dpa/Bernd Thissen

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch:  Es ist kein Vorwurf und kaum ein Klagelied, aber die Unsicherheit in unserer Gesellschaft über das, was uns verbindet, rührt meines Erachtens auch daher, dass wir uns unserer christlichen Grundlagen immer weniger bewusst sind. Man muss sie nicht gut finden, man muss nicht gläubig sein – und doch erklären sie vieles von dem, was unausgesprochen den Boden unseres Zusammenlebens noch immer begründet. Und deshalb müssen wir uns zuerst an die eigene, auch kirchliche, Nase fassen, wenn es landläufig heißt:  Die Muslime kennen ihren Koran und ihre Bräuche viel besser (was ich übrigens in der Absolutheit bestreite, weil auch viele Muslime, die in unserem Land leben, areligiös sind).

Augenscheinlich gelingt es uns nicht, „das Geheimnis des Glaubens“ für unsere heutigen Zeitgenossen über den kleinen Zirkel der regelmäßigen Gottesdienstbesucher hinaus bekannt zu machen. Ob mehr Online-Angebote da Abhilfe schaffen (können)?

Nun also Pfingsten. Der Name lehnt sich an das griechische Wort für „50“ an, denn seit Ostern sind 50 Tage vergangen. Nachdem Gott seinen Sohn Jesus Christus auferweckt und dadurch den Tod besiegt hat, hat ebendieser Jesus an Christi Himmelfahrt die Erde und die Menschen verlassen, um seinen Platz „zur rechten Gottes, des Vaters“, gemeinhin der Ehrenplatz, einzunehmen.

Damit die Jüngerschar und seine Anhänger fortan hier auf der Erde nicht ohne Hilfe dastanden, hat er ihnen einen Helfer und Tröster, den „Geist“ versprochen. 50 Tage nach Ostern, so erzählt es die Apostelgeschichte zu Beginn, erlebten die Menschen in Jerusalem, wie dieser Geist in Form von Feuerflammen auf die Apostel niederging und sie dazu befähigte, kraftvoll und verständlich zu predigen. Dieser Tag wird als Geburtstag der Kirche bezeichnet, weil, durch den Geist gestärkt, die gute Botschaft von diesem Tage mutig und fröhlich weitererzählt wurde.

Wie kann man den Geist erklären? Gar nicht, denn er ist ein „Teil“, eine Erscheinungsform unseres dreieinigen Gottes: Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Wie kann man etwas von ihm erfahren? Ich spüre diesen Geist Gottes z.B. immer sehr deutlich, wenn wir uns gemeinsam um den Tisch des Herrn versammeln, um im Abendmahl seiner zu gedenken. Wenn wir uns im Schlusskreis die Hände reichen, durchströmt unsere Gemeinschaft dieser Geist; um so misslicher, dass wir auf dieses Erlebnis zurzeit verzichten müssen. Da der Geist aber weht, wo er will (sinngemäß nach Joh 3), tröstet er uns gerade an diesem Pfingstfest (auch ohne Feier des Heiligen Abendmahles), stärkt uns und gibt uns Orientierung in unübersichtlichen Zeiten. Diese Zuversicht drückt das Pfingstlied von Philipp Spitta wunderbar aus (Ev. Gesangbuch Nr. 136): „O komm du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein. Verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein.“

Einen besseren Wunsch kann ich zum Pfingstfest 2020 nicht formulieren. In diesem Sinne hoffe ich auf Klarheit und wünsche „Be-Geisterung“ für Sie alle.

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